Hamburg. Der Fehmarnbelttunnel soll 2024 fertig sein. Planer werben jetzt schon mit schnellen Wegen zu den Olympischen Spielen in Hamburg.
Claus F. Baunkjær wusste genau, womit er seinen rund 100 Zuhörern im Hamburger Hotel Le Royal Meridien eine Freude machen konnte. Hamburgs Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2024 erwähnte er bei seinem Vortrag mehrfach.
Der Chef des staatlichen dänischen Unternehmens Femern A/S war auf Einladung des Wirtschaftsforums Hamburg an die Alster gekommen, um für Europas größtes Verkehrsprojekt zu werben, den 18 Kilometer langen Fehmarnbelttunnel, der zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf Lolland gebaut werden soll. „Hamburgs Olympia-Bewerbung ist in Kopenhagen genauso Tagesgespräch wie hier“, sagte er. „Dänemark will an diesem Ereignis teilnehmen und teilhaben, und der Fehmarnbelttunnel wird dazu beitragen, dass sehr viel mehr dänische Olympia-Begeisterte in Hamburg sein werden als ohne diese neue Verbindung. Wir setzen darauf, rechtzeitig vor den Spielen fertig zu sein.“
Wenn alles gut geht, wird der Fehmarnbelttunnel genau 2024 inklusive aller Anbindungen komplett zur Verfügung stehen. Dänemark finanziert und baut den Tunnel und bindet ihn mit neuen, schnellen Straßen- und Schienenwegen an die Hauptstadt Kopenhagen an. Der bislang drohende Engpass liegt auf deutscher Seite. Um den Fehmarnbelttunnel effektiv nutzen zu können, muss anstelle der alten Fehmarnsundbrücke zwischen der Insel Fehmarn und dem ostholsteinischen Festland eine neue Verbindung gebaut werden, sei es eine Brücke oder ein Tunnel. Obendrein wird eine neue Bahntrasse für den Güter- und Personenverkehr benötigt. Zudem muss die Straßenverbindung zwischen Fehmarn und Lübeck für den künftig erhöhten Verkehr teilweise ertüchtigt werden. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte im Februar zu, dass in Deutschland bis 2024 alles fertig sei. Das ist zwar später als ursprünglich vorgesehen. Für ein Olympia der kurzen Wege auch für die Fans aus Dänemark aber würde es noch reichen.
Widerstand gegen das Großprojekt gibt es vor allem in Ostholstein
In Hamburg hatte Baunkjær quasi ein Heimspiel. Politik und Wirtschaft in der Hansestadt unterstützen das Projekt seit Jahren. „Der Fehmarnbelttunnel schafft neben der klassischen Route über Fünen und Jütland eine neue feste Verbindung zwischen Dänemark und Deutschland, und beide Verbindungen laufen direkt auf Hamburg zu“, sagte Baunkjær, der als Ministerialdirektor im dänischen Verkehrsministerium maßgeblich am Staatsvertrag zwischen Deutschland und Dänemark mitgewirkt hatte. 2008 unterschrieben, 2009 ratifiziert, regelt dieser den Tunnelbau und die Hinterlandanbindungen in beiden Staaten.
Noch vor der Sommerpause soll das nötige dänische Baugesetz das Parlament in Kopenhagen passieren, das Folketing. Bis zum Ende des Jahres will Femern A/S überarbeitete Preisvorschläge jener Unternehmen einholen, die sich am Bau beteiligen möchten, darunter deutsche Mitbieter wie Hochtief, Bunte, Max Bögl oder Züblin. Der Baubeginn ist für 2016 geplant, die Fertigstellung des Tunnels für 2020. Zwischen sechs und sieben Milliarden Euro soll der weltweit größte Absenktunnel aktuell kosten, einen Teil davon bezahlt die EU. Wie üblich bei Großprojekten, steigen die Kosten mit jeder Schätzung: „Die aktuellen Preise sind zu hoch, die beteiligten Unternehmen werden deutlich überarbeitete Kalkulationen vorlegen müssen“, sagte Baunkjær. „Darüber werden wir im weiteren Verlauf der Ausschreibungen verhandeln.“
Insgesamt vier Hauptaufträge sollen vergeben werden: einer für die Ausschachtungsarbeiten am Meeresgrund, zwei für den eigentlichen Tunnelbau, einer für die Ausgänge und direkten Landanbindungen. Hinzu kommen zwei kleinere Aufträge für den Innenausbau und für die Elektrifizierung des Tunnels. Die Fabrik für den Guss der jeweils 217 Meter langen, 73.000 Tonnen schweren Tunnelemente wird neben dem Fährhafen von Rødby entstehen. Das Großprojekt dürfte den regionalen Arbeitsmarkt erheblich in Schwung bringen. Allein das direkte Arbeitsvolumen für den Tunnelbau umfasse 25.000 Menschenjahre, sagte Baunkjær, fünf Jahre Arbeit für 5000 Vollzeitbeschäftigte. Hinzu kämen 30.000 Menschenjahre an indirekter Beschäftigung für die Ingangsetzung, die Instandhaltung, die Anbindungen des Tunnels auf beiden Seiten.
Der kleinere Teil des Gesamtprojektes liegt auf deutscher Seite – dafür aber das Zentrum des Widerstands. Bürgerinitiativen in Ostholstein und Umweltorganisationen wie der Nabu bezweifeln die umweltrechtliche Zulässigkeit und den ökonomischen Sinn des Fehmarnbelttunnels. Baunkjær und alle anderen Befürworter müssen die Gegner des Projekts mit guten Argumenten einbinden und überzeugen, sonst drohen jahrelange Gerichtsverfahren. „Wir hatten in Dänemark eine Art Großer-Belt-Krieg, als die Brücke zwischen Fünen und Seeland Anfang der 90er-Jahre geplant wurde. Im Parlament gab es nur eine Stimme Mehrheit dafür. Heute ist die Brücke ein fester Bestandteil Dänemarks.“ Auch Gegner des Fehmarnbelttunnels seien in Dänemark rar geworden. „Dieses Projekt verbindet Skandinavien und Europa“ sagte Baunkjær. „Hoffentlich schon zu den Olympischen Spielen 2024.“