Berlin/Kiel. Der Bau der geplanten Fehmarnbelt-Querung droht immer teurer zu werden. Und vor allem Deutschland hinkt den Plänen hinterher.
Bisher haben die Dänen es eher gelassen hingenommen, wenn der Fehmarnbelttunnel noch ein bisschen teurer werden sollte als geplant. Wie im November, als die Projektfirma Femern verkündete, dass die Baukosten von 5,5 auf 6,2 Milliarden Euro geklettert seien. Durch die Brücken über Öresund und Großen Belt haben die Nachbarn im Norden Erfahrung mit festen Querungen.
Anders als in Deutschland gibt es kaum Gegenwind. Dass das Prestigeprojekt plötzlich mit 7,4 Milliarden Euro noch mehr kosten soll, stieß dem dänischen Verkehrsminister Magnus Heunicke vergangene Woche dann aber doch auf. Auch die Verzögerungen auf der anderen Seite der Grenze strapazieren seine Geduld. Den Belt-Gegnern spielt das in die Karten.
Heunicke sagte am Dienstag nach einem Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Alexander Dobrindt (CSU) in Berlin, es bestehe die Möglichkeit, mehr Zeit für den Bau des Tunnels zu gewinnen, um Preise nach unten verhandeln zu können. Fazit des Gesprächs: Beide Länder wollen angesichts von Verzögerungen und Kostensteigerungen den weiteren Zeitplan klären. Beide machten aber deutlich, dass sie trotz Forderungen nach einem Ausstieg klar zu dem Großprojekt stehen. Dobrindt betonte, die Fehmarnbelt-Querung habe höchste Priorität und beide Seiten unternähmen alles, sie zu realisieren. „Von daher ist ein Scheitern ausgeschlossen.“
Das Königreich bezahlt den geplanten etwa 18 Kilometer langen Tunnel zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn allein. Er soll - eigentlich - 2022 fertig sein. Deutschland muss die Hinterlandanbindung in Ostholstein finanzieren. Auch die wird mit geschätzten 2,1 bis 3 Milliarden Euro teurer als gedacht - und deutlich später fertig: Die Bahn will die durchgehend zweigleisige und elektrifizierte Strecke 2024 in Betrieb nehmen.
Beide Länder wollen nun unter anderem klären, wie sehr sich die Lücke zwischen der Fertigstellung des Tunnels zur Insel Fehmarn und dem für 2024 angepeilten Betriebsstart einer neuen Bahnanbindung auf deutscher Seite voraussichtlich noch verkleinert. „Wir gehen davon aus, dass sie sich verringert“, sagte Dobrindt. In sechs Monaten ist das nächste Treffen in Kopenhagen geplant. Bis dahin soll die Deutsche Bahn auch ein Konzept für den Güterverkehr über die bestehende nicht elektrifizierte Strecke entlang der Badeorte an der Lübecker Bucht erarbeiten.
Gegner des Projekts fordern die deutsche und dänische Seite auf, sich Gedanken über eine Exit-Strategie zu machen. So hatte die Grünen-Bundestagsfraktion Anfang Februar die Bundesregierung auffordert, Verhandlungen über den Ausstieg aus dem Staatsvertrag aufzunehmen. „Die Voraussetzungen, unter denen der Staatsvertrag zwischen den Vertragspartnern abgeschlossen wurde, haben sich hinsichtlich verschiedener Aspekte in der Vergangenheit mehrfach deutlich verändert“, heißt es in einem entsprechenden Antrag.
Auch die Naturschutzorganisation Nabu hatte der Bundesregierung vor dem Treffen der Minister nochmals nahegelegt, „sich ernsthaft über einen Ausstieg aus dem ökologisch wie ökonomisch fragwürdigen Projekt“ zu unterhalten. Artikel 22 des Staatsvertrages biete beiden Partnern bei erheblichen Kostensteigerungen die Möglichkeit, neu zu verhandeln. „Wenn die Verkehrsminister im Sinne ihrer Länder verantwortungsvoll mit dem Vorhaben umgehen wollen, dann müssen sie noch vor dem ersten Spatenstich aussteigen“, sagte Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Doch soweit wird es wohl nicht kommen. Beim längsten Absenktunnel der Welt könnten Probleme auftauchen, sagte Heunicke. Diese müssten gelöst werden. Wenn jetzt alles nach Plan läuft, soll das dänische Baugesetz vor dem Sommer verabschiedet werden - also vermutlich vor den Parlamentswahlen in Dänemark, die bis September abgehalten werden müssen. Im Herbst könnten die Verträge mit den Baukonsortien unterschrieben werden.