Hamburg. Bahn legt ein Investitionsprogramm von zwölf Milliarden Euro auf. Grund ist die starke Fernbus-Konkurrenz. 2030 soll alles fertig sein.

Die Bahn macht eine Kehrtwende. Nicht länger sollen Städte vom Fernverkehr abgekoppelt werden, sondern künftig plant das Unternehmen 25 neue Intercity-Haltepunkte. Die Bahn revolutioniert damit den Fernverkehr. Es ist ein großer Plan, mit dem schnelle Züge auch in kleinere Städte gebracht werden sollen - und mit dem die Bahn im Kampf gegen Fernbusse und Schnäppchenflüge besser dastehen will. Doch die Konkurrenz rennt. Und die Bahn braucht Zeit.

Einen Tag bevor Bahnchef Rüdiger Grube die wohl wenig erfreuliche Bilanz für das Jahr 2014 vorlegen wird, gerät sein Personenverkehr-Vorstand ins Schwärmen. „Eine Chance, sowas zu präsentieren, kriegt man in seiner beruflichen Laufbahn nur selten“, sagt Ulrich Homburg. Es soll die größte Kundenoffensive in der Geschichte der Bahn sein. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lobt, so könne die Bahn zum Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts werden.

Eines vorab: „Die BahnCard bleibt, wie sie ist“, sagt Homburg. Im Vorfeld wurde über die Abschaffung der beliebten Karte spekuliert. Zusätzlich zum aktuellen Angebot sollen in diesem Jahr nun sogar BahnCards mit dreimonatiger Laufzeit eingeführt werden. Zudem krempelt die Bahn den Fernverkehr um. Künftig werde es keine weißen Flecken auf der Deutschlandkarte mehr geben, verspricht der Bahn-Manager. Gut 20 neue Intercity-Halte, in 40 weiteren Städten bessere Verbindungen. Reisen ohne Umsteigen von Hannover nach Potsdam oder Chemnitz nach Düsseldorf. Homburg weiß: „Sie werden immer irgendeinen Oberbürgermeister finden, der sich beschwert, dass ausgerechnet seine Stadt in diesem Konzept nicht vorkommt.“ Ziel sei aber, dass in nahezu jeder Großstadt mindestens alle zwei Stunden ein Fernzug hält.

Zwölf Milliarden Euro lässt sich die Bahn ihre Revolution kosten – allerdings über 15 Jahre gerechnet. Denn erst 2030 soll alles fertig sein. Das meiste Geld fließt in deutlich modernere Züge. Neue Doppelstock-Intercitys, endlich auch die neuen ICEs und ICx. Kostenloses Drahtlos-Internet zum Streamen von Filmen und Musik im ICE. Stabile Telefonverbindungen auch im Intercity. Kostenlose Sitzplatz-Reservierungen. Alles prima, meint der Fahrgastverband Pro Bahn – wenn die neuen Fernzüge auch genügend Platz für sperriges Gepäck sowie Speisen und Getränke anbieten. Doch Fernbusse und Billigflieger bieten das alles so ähnlich schon jetzt. Da gleicht die Bahn nur ein Service-Defizit aus. Vor allem die günstigen Preise aber sind der Grund, dass immer mehr Bahn-Reisende auf die Straße umsteigen. Im vergangenen Jahr, so schätzt die Branche, dürften sich die Passagierzahlen bei Fernbussen auf gut 16 Millionen verdoppelt haben. Bahnchef Grube sagt, die Konkurrenz habe das Ergebnis seines Konzerns 2014 mit 120 Millionen Euro belastet.

Am heutigen Donnerstag dürfte er noch mehr schlechte Zahlen in petto haben: Nach Medienberichten ging der Umsatz der Bahn trotz einer Preiserhöhung um 1,3 Prozent auf 4 Milliarden Euro zurück. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern fiel demnach mit 212 Millionen Euro ein Drittel kleiner aus als im Vorjahr. Bisher hat die Bahn diese Zahlen nicht kommentiert. Doch das Unternehmen ist unter Druck. Bei den Preisen der Fernbusse will die Bahn trotzdem auch künftig nicht mithalten. Wer nur aufs Geld schaue, werde immer den Fernbus wählen, räumt Homburg ein. Immerhin soll es für Fahrten mit dem Intercity ab dem nächsten Jahr aber Sparpreise für 19 Euro geben – zehn Euro billiger als jetzt. Insgesamt 50 Millionen zusätzliche Fahrgäste pro Jahr wünscht sich die Bahn.

So weit, so gut. Doch warum lässt sie sich mit ihrer Revolution so lange Zeit? 15 Jahre soll es dauern, bis alle neuen IC-Halte am Netz sind. Derzeit fehlen wohl schlicht die nötigen Züge. Die Bahn wartet noch immer auf die ICE-3. Auch die ersten Doppelstock-Intercitys hätten schon 2013 da sein sollen. Die ICE-Nachfolger ICx werden erst 2017 auf die Schiene kommen. „Wir gewinnen langsam mehr Vertrauen, dass geplante Liefertermine und die tatsächliche Auslieferung sich annähern“, sagt Homburg. Dass die versprochenen Intercitys einige Städte erst in vielen Jahren anfahren werden, liegt auch am Regionalverkehr. Die Trassen seien heute mit Regionalexpressen ausgelastet, so Homburg. Deshalb müssen einige Städte bis 2030 warten. Erst dann hält dort der Fernzug.