Bahn startet größtes Investitionsprogramm der Geschichte. Allein im Norden 1,1 Milliarden an Ausgaben. Vor Reisen Hotline anrufen.

Hamburg. Wer in den nächsten Wochen von Flensburg oder Kiel mit der Bahn nach Hamburg fährt, landet möglicherweise nicht wie gewohnt in der Innenstadt. Insbesondere Züge, die in den Nachtstunden zwischen 22 Uhr und fünf Uhr morgens fahren, steuern nicht den Dammtor- oder Hauptbahnhof an, sondern werden zum Bahnhof Altona umgeleitet. Die weitere Strecke Richtung City muss der Fahrgast dann mit den S-Bahnen überbrücken.

Auch zahlreiche Fernzüge aus dem Süden steuern nicht wie üblich den Hauptbahnhof oder den Bahnhof Altona an. Insbesondere Verbindungen aus Hannover oder Frankfurt enden teilweise bereits in Hamburg-Harburg. IC Züge aus oder nach Rostock und Stralsund bekommen wiederum einen Ersatzhalt in Bergedorf.

Grund für die Streckenänderungen ist ein umfangreiches Investitionsprogramm der Deutschen Bahn, das jetzt in Hamburg am Hauptbahnhof mit Gleisarbeiten startet. Bundesweit werden in den nächsten fünf Jahren insgesamt 28 Milliarden Euro in die Erneuerung der Eisenbahn-Infrastruktur gesteckt. Ersetzt oder ausgebaut werden unter anderem Tunnel und Stellwerke, aber auch 875 Brücken, 17.000 Kilometer Schienen sowie 8700 Weichen.

Ganz ohne Einschränkungen geht es nicht

„Es ist das größte Investitionsprogramm, das es bei der Bahn jemals gegeben hat“, sagte Manuela Herbort, Konzernbevollmächtigte für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein am Freitag. „Wir versuchen die Einschränkungen für die Kunden durch die Bauarbeiten möglichst gering zu halten. Doch ganz ohne diese wird es leider nicht gehen, da wir alle Bauarbeiten unter ,rollendem Rad‘ - also bei laufendem Betrieb erledigen.“

In Hamburg und Schleswig-Holstein umfasst das Investitionsprogramm 1,1 Milliarden Euro – wovon der Großteil mit 600 Millionen Euro in die Infrastruktur der Bahn in der Hansestadt fließen. 500 Millionen Euro werden in Schleswig-Holstein investiert. Die ersten Bauarbeiten beginnen bereits an diesem Wochenende in Hamburg. Zwischen dem Hauptbahnhof und Altona sollen bis Juli 28 Weichen und mehr als 4000 Meter Gleise erneuert werden. Allein in diesem Jahr sollen im Norden 200 Millionen Euro für die Erneuerung von 200 Kilometer Schienen, 76 Weichen sowie einer Brücke ausgegeben werden. Die S-Bahn-Strecken sind nicht betroffen.

Der Erhalt und die Modernisierung der Infrastruktur sei für die Deutsche Bahn enorm wichtig. „Ein funktionierendes Schienennetz ist das Rückgrat der Eisenbahn. Es ist existenziell für unser Kerngeschäft, aber auch für die 380 Eisenbahnunternehmen, die auf den Schienen fahren“, sagte Herbort. Das Schienennetz ist im Eigentum des Bundes, der entsprechend die Hauptlast der Kosten trägt.

Bauarbeiten möglichst in nachfrageschwachen Zeiten

So steuert der Staat zwischen 2015 und 2019 jährlich vier Milliarden Euro bei und damit acht Milliarden mehr als beim letzten Investitionsprogramm, sagte Herbort. Die Bahn wiederum beteiligt sich mit jährlich 1,6 Milliarden Euro. Im Rahmen der vorangegangenen sogenannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zur Modernisierung der Infrastruktur hatten Bund und Bahn nur 20 Milliarden Euro investiert. Diese Summe reichte aber nicht aus und wurde nun entsprechend aufgestockt, sagte Herbort.

Die Bahn versucht, durch die zeitliche und örtliche Koordination ihrer Baustellen, die Unannehmlichkeiten für die Fahrgäste gering zu halten. So werden die Bauarbeiten an Gleisen möglichst in nachfrageschwachen Zeiten gelegt. „Wir versuchen möglichst in den Nachtstunden und an den Wochenenden zu arbeiten“, sagte Herbort. Klar sei aber, dass Bauarbeiten nicht ohne Baustellen und entsprechenden Verzögerungen auskämen und die verschiedenen Bevölkerungsgruppen ganz unterschiedlich treffen. „So freut es Pendler, wenn wir nachts bauen, während sich Anwohner in der Nacht vom Lärm und Scheinwerferlicht der Baustellen im Schlaf gestört fühlen.“

Zu Beeinträchtigungen im Fernverkehr wird es in diesem Jahr auch durch Bauarbeiten an der ICE-Schnellstrecke zwischen Hannover und Göttingen kommen. Die Züge müssen dort zwischen dem 9. und 18 Mai über die frühere Leinetal-Strecke umgeleitet werden. Dies führt zu Fahrzeitverlängerungen bei Fernzügen von und nach Hamburg Richtung Süden von fünf bis 35 Minuten. Zahlreiche Züge werden in diesem Zeitraum bereits 30 Minuten früher in der Hansestadt starten.

Auch S-Bahn-Verkehr eingeschränkt

Einschränkungen wird es auch im S-Bahn-Verkehr geben: Durch die Erneuerung an der Güterumgehungsbahn zwischen Barmbek und Alte Wöhr wird es an Wochenenden im März und April zu Vollsperrungen zwischen Barmbek und Ohlsdorf kommen. Busse übernehmen dann den Ersatzverkehr für die S 11. Am Berliner Tor werden wiederum für rund 70 Millionen Euro die Eisenbahnbrücken bis 2020 erneuert. Dies führe erstmals im September und Oktober zu Behinderungen.

Generell empfiehlt Manuela Herbort Bahnkunden, sich vor der Reise im Internet, an den DB-Verkaufsstellen oder unter der kostenlosen Bahn-Bau-Telefonnummer 08005996655 über die konkreten Fahrplanänderungen zu informieren. Dort seien alle Abweichungen in die Fahrpläne eingearbeitet. „Es ist ein großes Projekt, das die Kunden merken werden: Erst durch die Baustellen, später profitieren sie von den Vorzügen. Aktuell befinden wir uns aber in einer Durststrecke.“