Konzernvorstand Weber zeigt sich optimistisch. Wirtschaft warnt vor katastrophalen Folgen. Hamburger fürchten Ausstand zu Ferienbeginn.

Hamburg. Am Mittwoch sorgte die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) um ihren fragwürdigen Chef Claus Weselsky für einen erneuten Paukenschlag. Bis zu 109 Stunden am Stück wolle man streiken, teilte die GDL mit. Der genaue Zeitpunkt des Ausstands blieb aber im Verborgenen. Viele Hamburger befürchten nun, dass der Streik womöglich mit dem Start ihrer Frühjahrsferien Ende kommender Woche zusammenfallen könnte. Und nicht wenige Urlauber aus der Hansestadt haben dann vor, mit dem Zug in die weiter entfernten Skigebiete zu fahren. Am Donnerstag gab es nun zumindest ein wenig Hoffnung, dass der Streik möglicherweise doch noch gestoppt werden kann. „Ich gehe davon aus, dass es uns gelingen wird, die angekündigten Streiks zu verhindern“, sagte Bahn-Personalchef Ulrich Weber in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Es gebe trotz der abgebrochenen letzten Verhandlungsrunde weiter Kontakt zur GDL. „Wir sprechen.“

„Und wir werden uns bemühen, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen, bevor wir ein Ergebnis haben“, ergänzte Weber. Zu den Details der Gespräche sagte der Manager allerdings nichts. „Ich bleibe bei meiner Einschätzung: Wir sind nah an einer Verständigung. Das müsste uns gelingen, wenn wir uns beide anstrengen.“ Er wiederholte, dass die GDL aus seiner Sicht keinen Anlass habe, „die Republik lahmzulegen“. Es gebe darüber hinaus auch keine Veranlassung, jetzt einen Ersatzfahrplan in Kraft zu setzen.

Die GDL-Spitzengremien hatten am Mittwoch die Fortsetzung des Arbeitskampfes beschlossen, nachdem es seit November keinen Ausstand mehr gab. Die Lokführer hatten im Herbst sechsmal gestreikt und dabei die Dauer des Ausstands stets verlängert. Der Zugverkehr wurde bundesweit stark eingeschränkt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnte unterdessen vor großen Schäden für die deutsche Wirtschaft durch erneute Bahnstreiks. „Ein längerer Bahnstreik kann sich als Bremse für die Konjunktur erweisen“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben der „Bild“-Zeitung. Täglich würden eine Million Tonnen Güter per Bahn transportiert, mehr als sechs Millionen Berufspendler seien auf die Bahn angewiesen. „Transportausfälle, Lieferengpässe und Arbeitszeitverlust zusammengenommen steht nach mehreren Streiktagen schnell eine halbe Milliarde Euro auf der Schadensrechnung für die deutsche Wirtschaft“, rechnete Wansleben vor.

Auch die Politik mischte sich in den Konflikt ein. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt verlangte eine Rückkehr der Konfliktparteien an den Verhandlungstisch und kritisierte die Streikankündigung der GDL: „Es fällt schwer, für zeitlich und örtlich breite Streiks aus dieser Sicht Verständnis zu entwickeln“, sagte der CSU-Politiker und Parteifreund von Verkehrsminister Alexander Dobrindt.

Vor einer Woche hatte die GDL die Tarifverhandlungen abermals für gescheitert erklärt. Zur Begründung hieß es, die Bahn sei von der Zusage aus dem Dezember wieder abgerückt, dass die GDL eigenständig und unabhängig von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) verhandeln dürfe. Weil die Deutsche Bahn es ablehnte, ein Neunpunktepapier mit den GDL-Positionen zu unterzeichnen, fasste die GDL den Streikbeschluss. Die Bahn will anders als die GDL unterschiedliche Tarifregeln für ein und dieselbe Berufsgruppe vermeiden.

Ob der Optimismus von Bahnmanager Weber tatsächlich berechtigt ist, muss sich allerdings noch zeigen. Gewerkschaftschef Weselsky sagte am Donnerstag in einem Interview im ZDF lediglich, die GDL werde „rechtzeitig“ über Streiks informieren. „,Rechtzeitig‘ ist davon abhängig, wann man mit einem Streik beginnt und wie lange der Streik ist, damit sich die Menschen darauf einstellen können“, ergänzte Weselsky. Im Sender n-tv fügte er hinzu: „Was wir können, ist das eine, was wir tun werden, ist das andere.“

Der Fahrgastverband Pro Bahn zeigte derweil wenig Verständnis für einen möglichen siebten Ausstand. „Wir halten das nicht für angemessen“, sagte Sprecher Gerd Aschoff im Deutschlandfunk. Zwar sei durchaus eine gewisse Unzufriedenheit bei vielen Beschäftigten bei der Bahn mit angehäuften Überstunden, überfälligem Freizeitausgleich und nicht abgegoltenen Urlaubszeiten festzustellen, „aber wenn dann immer gleich gestreikt wird, ist es schwierig, zu einer Pro-?blemlösung zu kommen“.