Sylt statt Schwarzwald: Nord- und Ostseeküste sind bei deutschen Urlaubern immer mehr gefragt. Von diesem Trend profitiert auch Hamburg. Die Zahl der reisefreudigen Senioren steigt.
Hamburg. Timmendorfer Strand statt Allgäu, Sylt statt Schwarzwald: Der Norden Deutschlands wird als Reiseziel bei den Bundesbürgern immer beliebter. Während süddeutsche Urlaubsziele in Bayern oder Baden-Württemberg im vergangenen Jahr an Bedeutung verloren haben, strömten deutlich mehr Touristen an Nord- und Ostsee. Dies geht aus der Tourismusanalyse der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen hervor, für die mehr als 4000 Deutsche zu ihrem Reiseverhalten befragt wurden.
„Den Wettkampf Meer gegen Berge haben im vergangenen Jahr eindeutig die norddeutschen Urlaubsorte gewonnen“, sagte der Leiter der Stiftung, Ulrich Reinhardt, bei der Vorstellung der Studie anlässlich des Beginns der Messe Reisen Hamburg. „Dies lag zum einen an dem etwas günstigeren Preisniveau im Norden, aber auch an den zahlreichen Investitionen, die die Seebäder in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern deutlich attraktiver gemacht haben.“
8,1 Prozent der Bundesbürger verbrachten laut der BAT-Analyse ihren Haupturlaub im vergangenen Jahr an der Ostsee, lediglich 7,1 Prozent zog es ins Allgäu oder in die Alpen. 2013 war dieses Verhältnis noch umgekehrt. An der Nordsee verbrachten 6,2 Prozent der deutschen Urlauber ihre Ferien, im Schwarzwald oder am Bodensee waren hingegen nur drei Prozent zu Gast. Auch in diesem Jahr ist laut Reinhardt damit zu rechnen, dass insbesondere die Urlaubsorte an der Ostsee weiter zulegen können.
Von dem Trend zu Ferien im Norden kann auch Hamburg als beliebtes Ziel für Städtereisen profitieren. Entweder die Touristen an Nord- und Ostsee statten der Hansestadt im Rahmen ihres Sommerurlaubs einen Kurzbesuch ab oder sie entscheiden sich für einen zusätzlichen Trip in einer anderen Jahreszeit – gern auch in Verbindung mit einem Musicalbesuch.
Grundsätzlich verbringen die Deutschen ihren Urlaub nach wie vor am liebsten im eigenen Land, 37 Prozent der Reisenden blieben im vergangenen Jahr in der Bundesrepublik. Unter den ausländischen Destinationen führt Spanien mit weitem Abstand die Liste der beliebtesten Ziele an, gefolgt von Italien, der Türkei, Österreich, Kroatien, Griechenland und Skandinavien. Fernreiseziele, zu denen die BAT-Studie auch nordafrikanische Länder wie Ägypten oder Tunesien zählt, verloren leicht an Bedeutung. Großes Potenzial sehen die Tourismusforscher hingegen für die ohnehin schon boomende Kreuzfahrtbranche. So gab fast ein Drittel der Befragten an, Interesse an einer ausgedehnten Schiffstour zu haben.
Durchschnittlich gaben die Bundesbürger im vergangenen Jahr 1071 Euro für ihren zwölftägigen Haupturlaub aus, das entspricht 89 Euro pro Tag. Wer in Deutschland ausspannte, investierte täglich 75 Euro, wobei die Ferien an Nord- und Ostsee im Schnitt etwa zehn Euro billiger als in Bayern waren.
Deutliche Verschiebungen gibt es in der Altersstruktur der Touristen. So ist die Generation „65 plus“ in Deutschland so reisefreudig wie nie zuvor. Verreisten vor zehn Jahren 44 Prozent aller Ruheständler, sei gegenwärtig fast jeder Zweite (49 Prozent) wenigstens fünf Tage unterwegs, ergab die Tourismusanalyse. „Ohne diese Zielgruppe haben Hotels, Restaurants und Cafés, Flug-, Bahn- und Busgesellschaften, Reisebüros und -veranstalter es bereits gegenwärtig schwer, erfolgreich zu sein“, sagte Reinhardt. Daher schnitten Reiseveranstalter verstärkt ihre Angebote auf Senioren zu.
Erstmals ermittelten die Urlaubsforscher, was die Deutschen in ihren Ferien am meisten vermissen. Fast jeder zweite (46 Prozent) würde demnach am liebsten auch im Urlaub in seinem eigenen Bett schlafen, das gemütliche Zuhause generell vermissen immerhin noch 18 Prozent, ihr Haustier hätten 16 Prozent der Befragten gern am Pool oder bei der Bergtour dabei. Auf klassische deutsche Lebensmittel wie Schwarzbrot oder Currywurst legen die Bundesbürger im Ausland hingegen nur wenig wert. Auch gutes Wetter wird erstaunlicherweise nur von einem Zehntel der Befragten in den Ferien vermisst.