Nachfolger wird der Niederländer Peter Vullinghs. Er tritt seinen Dienst in der Hamburger Zentrale am 1. Februar an. Bisherige Chefin geht für Philips in die USA.
Zum zweiten Mal in dieser Woche überraschen Hamburger Unternehmen mit unerwarteten und folgenschweren Nachrichten. Nachdem bereits am Montag dieser Woche bekannt wurde, dass Herbert Aly, der langjährige Chef der Werft Blohm + Voss, gehen muss, folgte nur zwei Tage später der nächste Paukenschlag. Der niederländische Konzern Philips löst überraschend seine Deutschland-Chefin Carla Kriwet nach noch nicht einmal zwei Jahren an der Spitze der Deutschland-Zentrale ab. Ihr Nachfolger als Chef für Deutschland, Österreich und der Schweiz, (der im Konzern so genannten Region DACH) wird der Niederländer Peter Vullinghs. Er soll in Hamburg zum 1. Februar Vorsitzender der Geschäftsführung von Philips in Hamburg werden.
Philips, in den 1980 er-Jahren noch ein Gemischtladen mit einfacher Elektronik, Fernsehgeräten, Chips, Monitore bis hin zu Glühbirnen, ist in den vergangenen Jahren massiv geschrumpft. Das Unternehmen verkaufte viele Bereiche seines früheren Geschäfts, wie etwa das mit Fernsehern, weil die asiatische Konkurrenz die Geräte günstiger produzieren kann. Zahlreiche Arbeitsplätze fielen wegen der Verkäufe in Europa und damit auch in Hamburg weg.
Nun will Philips-Vorstandschef Frans van Houten das Unternehmen zerlegen und seine traditionsreiche Beleuchtungssparte vom übrigen Geschäft trennen. Die restlichen beiden Bereiche Gesundheit und elektronische Kleingeräte sollen zusammengelegt werden. In diesen beiden Sparten lag der Umsatz 2013 bei 15 Milliarden Euro und damit mehr als doppelt so hoch wie bei der Beleuchtung mit sieben Milliarden Euro. Den Wegfall von Arbeitsplätzen schloss der Philips-Chef nicht aus. Den Bereich Beleuchtung will Philips in diesem Jahr angehen. Spätestens 2016 soll die Sparte verkauft werden.
Im Gegenzug fokussiert sich der Konzern auf neue Produkte wie etwa die Medizintechnik. Doch auch dieser Markt ist international hart umkämpft. Und Philips musste jüngst in diesem Bereich schwache Zahlen vorlegen. Der Gewinn in der Medizintechnik sank um immerhin 17 Prozent, vor allem weil die US-Gesundheitsbehörde die Philips-Fabrik in Cleveland (Ohio) nach einer Inspektion für längere Zeit gesperrt hatte. Philips musste Gewinnwarnungen herausgeben und trennte sich daraufhin von Deborah DiSanzo, der weltweiten Chefin der Sparte.
Viel Lob für Kriwet
Laut Philips-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Kamp soll Kriwet, die Tochter des ehemaligen Thyssen-Chefs Heinz Kriwet, nicht von ihrem Posten weggelobt worden sein. „Frau Kriwet steht für das exzellente Ergebnis der Dach-Organisation innerhalb des Philips-Konzerns und konnte darüber hinaus so bedeutende Aufträge gewinnen wie die Beleuchtung der Allianz-Arena in München und LED-Island Sylt, ein Projekt, das einen signifikanten Beitrag zur Energieeffizienz leistet“, so der Aufsichtsratsvorsitzende.
Die beiden verbleibenden Bereiche Medizintechnik und Konsumelektronik, also elektrische Kleingeräte wie Bügeleisen, sollen zügig zu einem Bereich werden, auf den sich Philips in Zukunft stark fokussieren will. Auch Zukäufe von branchengleichen Unternehmen sind geplant.
In dieser, bald noch einzigen Sparte des Unternehmens soll Carla Kriwet eine international bedeutende Rolle übernehmen. Sie wird für das weltweite Geschäft von Philips mit Lösungen, also Geräten und Systemen für die Patientenpflege und das Patienten-Monitoring verantwortlich sein und in dieser Rolle direkt an Konzernchef van Houten berichten.
Beim Patienten-Monitoring geht es konkret darum, dass Patientendaten, etwa wenn ein Schwerverletzter in ein Krankenhaus eingeliefert wird, schnell verfügbar sind. Geräte zur Patientenüberwachung ermöglichen zum Beispiel einen zeitnahen Einblick in die Patientendaten und geben etwa Alarm, wenn an Monitoren im Krankenhaus etwas nicht stimmt. Die Patientenüberwachung zählt zu den am besten laufenden besten Geschäften des weltweit agierenden Konzerns.
Mit dem Niederländer Peter Vullinghs übernimmt nun ein Manager mit internationalem Hintergrund und langjähriger Konzernerfahrung bei Philips die Verantwortung für die Philips-Organisation in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der 43-Jährige startete seine Karriere bei Philips bereits 1996 – zunächst in der Innenrevision. 2013 wurde der Niederländer zum Chef von Philips in Russland, der Ukraine, Weißrussland, Kasachstan und Zentralasien ernannt. Carla Kriwet dagegen hat ihre Karriere bei Philips erst 2013 begonnen. Zuvor war die promovierte Betriebswirtin in verschiedenen Führungspositionen unter anderem beim Lübecker Drägerwerk, beim Technologiekonzern Linde und der Beratungsgesellschaft Boston Consulting tätig.