Bei der Lufthansa könnten in der Vorweihnachtszeit Flugzeuge am Boden bleiben: Verhandlungen zwischen Pilotengewerkschaft und Airline sind gescheitert. Auch bei der Bahn besteht weiter Streikgefahr.

Frankfurt/Main. Lufthansa-Passagiere müssen in der Vorweihnachtszeit mit Verspätungen und Flugausfällen durch neue Pilotenstreiks rechnen. Tarifverhandlungen der Vereinigung Cockpit (VC) mit der Fluglinie sind in der Nacht zu Samstag erneut gescheitert. „Ab sofort muss jederzeit wieder mit Streikmaßnahmen bei Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings gerechnet werden“, teilte die Piloten-Gewerkschaft mit. Diese hatte ihre Mitglieder in diesem Jahr bereits achtmal zum Ausstand aufgerufen. Auch bei der Bahn drohen neue Arbeitsniederlegungen der Lokführer.

Lufthansa und Cockpit streiten vor allem um die Übergangsversorgung für rund 5400 Piloten im Konzern. Die Fluggesellschaft will, dass ihre Piloten künftig frühestens mit 60 statt wie bisher mit 55 Jahren in den bezahlten Vorruhestand gehen können. Die Piloten wehren sich dagegen.

Die Lufthansa betonte, das Management sei weiter gesprächsbereit. „Wir sind davon überzeugt, dass zukunftsfähige Lösungen nur gemeinsam und am Verhandlungstisch gefunden werden können und setzen deshalb weiterhin auf konstruktive Gespräche“, sagte Sprecher Christoph Meier.

Die Piloten-Gewerkschaft kritisierte jedoch, in mehreren Verhandlungsrunden seit dem letzten Streik im Oktober seien keine echten Fortschritte erzielt worden. Leider habe das Management der Lufthansa die Kompromissvorschläge der Piloten nicht aufgegriffen und beharre auf Maximalforderungen, hieß es in der VC-Erklärung weiter. „Es wurde deutlich, dass es dem Management nicht um Lösungen geht, sondern darum, ein autokratisches Führungsmodell wie bei den Airlines der Golf-Staaten durchzusetzen“, sagte VC-Sprecher Jörg Handwerg. „In einem solchen haben Ansprüche wie Mitbestimmung und gemeinsame Gestaltung von Tarifbedingungen mit dem Personal keinen Raum.“

Strittig sind zusätzlich die Gehälter der Piloten und die künftige Billig-Strategie des neuen Konzernchefs Carsten Spohr, die von den Piloten nicht mitgetragen wird. Beim Billigableger Eurowings und einer geplanten Billigtochter für die Langstrecke gilt der Konzerntarifvertrag nicht. Piloten und Flugbegleiter verdienen deutlich weniger als ihre Kollegen in den Maschinen mit dem Kranichlogo. Auch die komfortable Übergangsversorgung vor dem Renteneintritt kommt ihnen nicht zugute.

Auch bei der Deutschen Bahn sind Streiks möglich

In der Tarifauseinandersetzung hatten Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings seit April knapp 6000 Flüge wegen Arbeitsniederlegungen der Flugkapitäne streichen müssen. Davon waren nach Angaben der Fluggesellschaft von Ende Oktober etwa 660.000 Passagiere betroffen. Die Kosten für alle Streiks seit Jahresbeginn – darunter auch Ausstände von Beschäftigten an den Flughäfen – bezifferte das Unternehmen auf bislang rund 170 Millionen Euro.

Auch bei der Bahn könnte der Tarifkonflikt erneut ins Stocken geraten. Die Lokführer-Gewerkschaft GDL will in der kommenden Woche beraten, ob sie die Tarifverhandlungen mit dem Unternehmen fortsetzt oder erneut zu Streiks – möglicherweise auch an den Adventswochenenden – aufruft. Das Unternehmen hatte bei der sechsten Verhandlungsrunde am Freitag in Berlin zwar ihr Angebot erweitert. GDL-Chef Claus Weselsky kritisierte aber, der Vorschlag bringe die Gespräche nicht weiter.

Über Streiks wolle er nicht mutmaßen, sagte Weselsky. Der GDL-Chef bekräftigte, über die Weihnachtstage bis Neujahr werde es keine Arbeitskämpfe geben. In einer GDL-Mitteilung hieß es, Arbeitskämpfe würden vom 19. Dezember 2014 bis zum 11. Januar 2015 ausgeschlossen.

Die GDL will neben mehr Geld und einer reduzierten Wochenarbeitszeit vor allem erreichen, dass sie für ihre Mitglieder beim gesamten Zugpersonal verhandeln darf, nicht nur für die Lokführer unter ihnen. Bisher hat die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für das Zugpersonal alleine die Tarifverträge ausgehandelt. Auch die EVG hatte in der Adventszeit mit Streiks gedroht.