Längster Ausstand der Geschichte beginnt Donnerstagfrüh. S-Bahnen in Hamburg sollen alle 20 bis 30 Minuten fahren. Metronom nicht betroffen. Es geht um die Forderung von fünf Prozent mehr Lohn bei kürzerer Arbeitszeit.

Hamburg. Die Lokführergewerkschaft GDL kündigte an, von Donnerstag (2Uhr) bis Montag (4 Uhr) den Personenverkehr zu bestreiken. Im Güterverkehr beginnt der Ausstand bereits am heutigen Mittwoch um 15 Uhr und dauert ebenfalls bis Montagfrüh. Damit steht der Deutschen Bahn der längste Streik ihrer Geschichte bevor.

Die Deutsche Bahn (DB) will in Hamburg und der Metropolregion den S-Bahn-Verkehr der Linien S 1, S3 und S21 alle 20 bis 30 Minuten während des Streiks anbieten. Züge zwischen Lübeck und Hamburg sowie Kiel und Hamburg sollen möglichst stündlich fahren. Über den weiteren Notfallplan werde noch beraten, hieß es.

„Wir wollen und müssen im Auftrag unserer Mitglieder verhandeln, egal ob diese als Lokführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten, Ausbilder, Instruktoren oder Lokrangierführer in den Eisenbahnverkehrsunternehmen der DB arbeiten“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstag.

Was derzeit bei der Bahn passiert, ist Gift

„Dieses Grundrecht ist in Gefahr und damit die Funktion von Gewerkschaften an sich.“ Vordergründig geht es um die Forderung von fünf Prozent mehr Lohn bei kürzerer Arbeitszeit. Kern des Konflikts ist aber, dass die GDL dies nicht mehr allein für die 20.000 Lokführer fordert, sondern auch für 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer. Die Vertretung dieser Gruppe beansprucht die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für sich. Konkurrierende Gehaltsabschlüsse lehnt die Bahn ab.

Was Bahnkunden aus Hamburg und Region jetzt wissen müssen

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) kritisierte die Entscheidung der GDL. „Was derzeit bei der Bahn passiert, ist Gift für den Standort Deutschland“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. „Neben dem Ärgernis für Urlauber führen Streiks im Güterverkehr bereits nach wenigen Tagen zu Produktionsstörungen, weil Bahntransporte oft nicht kurzfristig auf Straßen oder Schiffe verlagert werden können.“

Busanbieter rechnen mit boomenden Geschäften

In Schlüsselbranchen wie der Automobilindustrie sei die Produktionskette komplett auf Just-in-time-Produktion ausgerichtet, bei der Zuliefer- und Produktionstermine genau aufeinander abgestimmt seien. „Warenlager helfen nur die ersten Tage, dann stockt die Fertigung“, sagte Dercks.

Die deutschen Fernbusanbieter rechnen dagegen mit boomenden Geschäften. „Kommt es zu einem Streik in dieser Länge, wird es einen Umsatzzuwachs von mehreren Millionen Euro für die Branche geben“, sagte der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer, Matthias Schröter. „Wir sind für den Marathon-Streik gerüstet.“ Die vorangegangenen Streiks der GDL hätten auf manchen Strecken zu einer Verdoppelung des Fahrgastaufkommens bei den Fernbusunternehmen geführt.

Nord-Ostsee-Bahn und AKN

Die Nord-Ostsee-Bahn fährt von Hamburg-Altona über Husum nach Westerland. Außerdem bietet die NOB zahlreiche Busverbindungen an. Die Nordbahn fährt von Neumünster Richtung Büsum sowie Richtung Bald Oldesloe.

Die AKN fährt von Neumünster Süd bis Ulzburg Süd, von dort bis Hamburg-Eidelstedt. Zwei anderen Verbindungen führen von Ulzburg Süd nach Elmshorn beziehungsweise Norderstedt Mitte. In Nordfriesland bietet die NEG Züge von Niebüll nach Dagebüll Mole an, wo Schiffsfähren nach Amrum und Föhr ablegen.

Auch die Züge der Hamburg-Köln-Express GmbH (HKX) sind nach Unternehmensangaben vom Streik nicht betroffen. „Wir fahren wie gewohnt nach unserem normalen Fahrplan“, sagt HKX Geschäftsführer Carsten Carstensen.

Die Hauptverbindungen von Hamburg nach Kiel, Lübeck und Flensburg werden nur von der DB betrieben. Die DB wolle aber wie beim vorangegangenen Streik einen Notfahrplan mit etwa einem Drittel des normalen Fahrplans anbieten, sagte eine Sprecherin.

Metronom fährt wie gewohnt – fast

Der Metronom fährt weitestgehend fahrplangemäß. Doch Fahrgäste müssen sich auf Bitte stellen Sie sich dennoch auf „vereinzelte, leichte Verspätungen“ einstellen, wie das Unternehmen mitteilte. Alle gültigen Fahrkarten des DB Fernverkehrs und DB Nahverkehrs würden im Metronom anerkannt. Und: „Über eventuell zusätzliche Halte der Metronom-Züge an S-Bahnstationen südlich von Hannover und zwischen Hamburg-Harburg und Buxtehude informieren wir kurzfristig.“

Es ist der sechste Streik im laufenden Tarifkonflikt und der längste seit Gründung der Deutschen Bahn AG im Jahr 1994. „Dieser Streikaufruf macht nur noch sprachlos und ist reine Schikane“, kritisierte Personalchef Ulrich Weber.

Betroffen sind auch die Feiern zum 25. Jahrestag des Mauerfalls am Wochenende in Berlin, wo bislang Hunderttausende Gäste erwartet wurden. Die Tourismusbranche in der Hauptstadt sprach von einer „egoistischen Entscheidung von einigen Wenigen auf Kosten sehr Vieler“.