Hamburgs Softwarespezialist Jimdo hilft beim Erstellen von individuellen Websites. Dabei setzt der Sieger in der Kategorie Aufsteiger auf gute Laune während der Arbeit
Hamburg. In ihren Büros gibt es bunte, bemalte Wände und einen Aquariumraum zum Ausspannen. Morgens können die Mitarbeiter ihre Kinder in der firmeneigenen Kita abgeben, mittags zaubert der Koch von der Elfenbeinküste für alle Exotisches wie Kochbananen oder Merguez-Würstchen. Und bis zum Feierabend hat die betriebseigene Fahrradwerkstatt dafür gesorgt, dass das Rad wieder fahrtüchtig ist. Bei Jimdo ist alles ein wenig anders als bei anderen Firmen. Und vieles besser. Denn die Wünsche der Mitarbeiter nach einer gesunden Balance zwischen Privat- und Arbeitsleben, nach flexiblen Bürozeiten oder Betreuung der Kinder haben die Chefs hier nicht nur in die Unternehmensphilosophie geschrieben, sondern leben sie auch.
Die Gründer Matthias Henze, Fridtjof Detzner und Christian Springub, die jetzt in der Kategorie Aufsteiger beim Gründerpreis ausgezeichnet werden, haben eine Idee umgesetzt, die zwar schon viele hatten. Ihre Firma Jimdo bietet ein Baukastensystem für Internetseiten an. „Jeder kann mit unserem System seinen eigenen Internetauftritt erstellen“, sagt Detzner. Und „jeder“ ist hier ernst gemeint, anders als es genervte Menschen beim Programmieren von Videorekordern oder dem Anschluss eines neuen Telefonanbieters gewohnt sind.
Mit der Tatsache, dass ihr Paket kinderleicht zu bedienen ist, haben die Hamburger bis heute unzählige Kunden überzeugt: Mehr als zwölf Millionen Webseiten haben kleine Firmen und viele Selbstständige wie Ärzte oder Anwälte schon mit der Jimdo-Software erstellt, auch jede Menge individuelle Seiten von Hochzeiten oder Sportvereinen sind online. Das Basispaket bei Jimdo ist gratis, für aufwendigere Selbstdarstellungen im Netz fallen als Gebühr fünf Euro im Monat an.
180 Beschäftigte arbeiten inzwischen bei dem Unternehmen, es ist seit Jahren profitabel und erzielt, wenn die Gründer darüber auch nicht gerne reden wollen, einen Millionenumsatz. Angesichts des drastischen Fachkräftemangels unter Softwarespezialisten, die auch schnell mal nach Berlin oder Barcelona wechseln, wenn sich ein attraktives Angebot ergibt, kämpft die gesamte Branche um die besten Köpfe. Aus diesem Grund legen die Jimdo-Gründer so großen Wert auf die Arbeitsatmosphäre und beschäftigen sogar eine FeelgoodManagerin, die sich um die Belange der Beschäftigten kümmert.
Dabei waren die Anfänge Ende der 1990er-Jahre eher bescheiden. In einem Bauernhof bei Cuxhaven tüftelten Detzner und Springub an Internetseiten für Handwerker oder den Freundeskreis. Ihre Mutter kam mit Kuchen vorbei, wenn sie über der Arbeit das Essen vergessen hatten. Und wenn die grauen Zellen mal nicht mehr konnten, gingen die Jungen raus zum Holz hacken.
An dem Wechselspiel zwischen konzentriertem Arbeiten und Ausspannen an der frischen Luft halten die Unternehmer bis heute fest. Es hat sich auch bei den Mitarbeitern bewährt: Soll eine Technologie auf das iPad übertragen oder eine Strategie zur Personalgewinnung erarbeitet werden, übernehmen Teams mit einer Handvoll Spezialisten diese Aufgabe und fahren an die Nordsee. Der Bauernhof aus der Gründerzeit ist bis heute die zweite „Heimat“ der Beschäftigten, hier leben und arbeiten sie einige Tage, bis sie ihr Ziel erreicht haben. „Ich komme dann vorbei und koche für alle“, sagt Detzner lachend.