Die Piloten wollen kurzfristig über einen Ausstand entscheiden. Die Bahn-Gewerkschaften fordern sechs Prozent mehr. Lufthansa-Passagiere und Zugfahrer müssen sich rechtzeitig informieren.

Hamburg/Frankfurt/Main. Hunderttausende Passagiere in Deutschland müssen sich in den kommenden Tagen auf Streiks bei der Lufthansa und der Deutschen Bahn einstellen. Während in zehn Bundesländern noch Sommerferien sind, kann es für Urlaubsreisende und Businesskunden im Zug- und Luftverkehr zu massiven Einschränkungen kommen. Allerdings: Lufthansa- und Bahn-Beschäftigte wollen offenbar nicht zeitgleich streiken. Dadurch wird das ganz große Chaos womöglich abgewendet.

Die Tarifkonflikte bei der Lufthansa und der Deutschen Bahn drohen allerdings zu eskalieren. Am Montag blieb offen, wann und wie lange die Flugkapitäne streiken werden. Nähere Informationen zu einem möglichen Arbeitskampf dürfte es wohl frühestens an diesem Dienstag geben.

Die Lufthansa wollte Arbeitsniederlegungen in letzter Minute abwenden. Auch im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn ist bislang keine Lösung in Sicht. Anders als bei der Lufthansa gibt es von Gewerkschaftsseite noch keine konkrete Streikdrohung.

Die deutsche Reisebranche appellierte an die Piloten, im Tarifstreit um die Frühverrentung wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. „Die Verhandlungspartner sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und nicht Arbeitsplätze anderer gefährden“, sagte der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig, der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“.

Von einem Streik seien nicht nur Tausende Lufthansa-Passagiere betroffen, sondern auch Zehntausende Unternehmen und ihre Beschäftigten. Ein Streik bedeute zudem erheblich Mehrkosten für Reisebüros, die sich um Umbuchungen oder Stornierungen für Reisende kümmern müssten.

Die Gewerkschaften GDL und Cockpit wollen indes bei ihren Tarifkonflikten die Reisenden nicht mit einem zeitgleichen Streik belasten. „Es gibt Gespräche“, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). „Wir wollen verantwortungsvoll mit dem Mittel Arbeitskampf umgehen.“ Die Gewerkschaften würden sich abstimmen, damit nicht zeitgleich Bahn- und Flugreisende von einem Streik betroffen sind.

Drei Tage Streik kosten Lufthansa 60 Millionen Euro

In der Auseinandersetzung mit den Piloten forderte die Lufthansa eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. „Wir sind konsensbereit und suchen einen Kompromiss“, sagte Lufthansa-Personalvorstand Bettina Volkens. Sie forderte die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit auf, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Hintergrund der Streiks ist ein Streit über die Übergangsrente für die Piloten. Deshalb hatte es bereits im April massive Flugausfälle gegeben. Cockpit hatte die Verhandlungen in der vergangenen Woche für gescheitert erklärt. Im April hatten die Piloten ihre Arbeit für drei Tage niedergelegt – insgesamt 425.000 Lufthansa-Passagiere waren betroffen. Wegen des größten Streiks in ihrer Geschichte strich die Kranich-Airline 3800 Flüge. Die Gewinneinbußen für den Frankfurter Konzern beliefen sich auf 60 Millionen Euro.

Sonderflugpläne sollen im Streikfall greifen

Die Lufthansa rechnet nach eigenen Angaben damit, dass Cockpit einen Ausstand 24 Stunden vorher ankündigen werde. Mehrtägige Streiks erwartet die Airline nicht. Die Lufthansa werde einen Sonderflugplan entwickeln, um wesentliche Strecken aufrechtzuerhalten. Auf einen Ausstand sei man vorbereitet, betonte Europas größte Fluggesellschaft.

Auch bei der Deutschen Bahn brodelt es: In dem festgefahrenen Konflikt geht es zum einen um Entgeltsteigerungen für Bahn-Beschäftigte, zum anderen um die künftige Form der Zusammenarbeit der beiden Gewerkschaften GDL und EVG. Zunächst rief die GDL ihre Mitglieder für Mittwoch zu einer Protestversammlung in Fulda auf.

Bei der Bahn streiken die Gewerkschafter wie die Kesselflicker

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) forderte unterdessen sechs Prozent mehr Lohn. Für die rund 100.000 Mitglieder, die bei der DB AG beschäftigt sind, sollten es aber mindestens 150 Euro mehr pro Monat sein. Zugleich will die EVG, dass die etwa 5000 bei ihr organisierten Lokführer wieder unter die Tarifregelungen der EVG fallen.

Die Lokführergewerkschaft GDL will ihrerseits auch für andere Bahn-Beschäftigte verhandeln und damit in die Domäne der EVG vordringen. GDL-Chef Claus Weselsky hatte am Wochenende einen neuen Vorschlag der Bahn zu einem Kooperationsabkommen mit GDL sowie EVG abgelehnt und von einer „Provokation“ gesprochen.