Erst im April hatte der schärfste Streik in der Unternehmensgeschichte die Lufthansa hart getroffen. Kein halbes Jahr später erklären die Piloten sich wieder bereit zum Arbeitskampf. Losgehen kann es „ab sofort“.
Frankfurt/Main. Lufthansa-Passagiere müssen erneut mit massiven Piloten-Streiks rechnen. Mitten in der Ferienzeit kündigte die Vereinigung Cockpit (VC) am Freitagabend einen Ausstand an, mit dessen Beginn „ab sofort“ gerechnet werden müsse. Hintergrund ist ein Streit über die Übergangsrente für die Piloten. Deshalb hatte es bereits im April massive Flugausfälle gegeben.
Cockpit erklärte die Verhandlungen für gescheitert. Die genauen Streiktermine will die Gewerkschaft vorab bekanntgeben – und zwar so rechtzeitig, dass kein Passagier ungewarnt am Flugsteig stehen müsse, wie Sprecher Jörg Handwerg sagte. Nähere Details wollte er aber nicht nennen.
Im Tarifkonflikt geht es um höhere Gehälter und die Übergangsrenten für die 5400 Piloten bei Lufthansa, Germanwings und Lufthansa Cargo. Im Schnitt gehen die Lufthansa-Kapitäne derzeit mit knapp 59 Jahren in den vom Unternehmen bezahlten Vorruhestand. Lufthansa will das Eintrittsalter wegen der hohen Kosten und der auf 65 Jahre hochgesetzten Altersgrenze für Verkehrspiloten merklich erhöhen. Die Vereinigung Cockpit verlangt zudem Verdienststeigerungen um zehn Prozent.
3800 Flugausfälle im April
Im April hatte der schärfste Streik in der Lufthansa-Geschichte zu rund 3800 Flugausfällen geführt, betroffen waren an den drei Tagen 425 000 Fluggäste.
Nach den Streiks hatten beide Seiten die Verhandlungen wieder aufgenommen – hinter verschlossenen Türen und mit Hilfe eines Moderators. Doch die Lufthansa habe ihre „weitreichenden Forderungen“ aufrechterhalten, die nicht akzeptable Einschnitte in die Versorgung der Piloten bedeuten würden, erklärte Cockpit nun.
Von der Lufthansa kam Kritik. „Wir bedauern die Entscheidung der Vereinigung Cockpit sehr, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären und Arbeitskampfmaßnahmen anzukündigen. Diese Entscheidung ist in keiner Art und Weise nachvollziehbar“, teilte das Unternehmen mit. Die Lufthansa sei jederzeit gesprächsbereit und wolle die Verhandlungen fortsetzen. Das Unternehmen erklärte, in dem Streit auch bereits verbesserte Vorschläge unterbreitet zu haben.
Die Lufthansa müsse „ein konkretes und verhandlungsfähiges Angebot“ vorlegen, um die Streiks noch abzuwenden, forderte Cockpit-Sprecher Handwerg. „Das muss endlich mal erfolgen. Das ist bisher nicht geschehen.“
VC-Präsident Ilja Schulz sagte, die Piloten hätten Kompromissbereitschaft signalisiert. „Um in Verhandlungen zu Lösungen zu kommen, müssen das aber beide Seiten wollen. Wir werden uns nun weiter gegen den Kahlschlag wehren, den das Unternehmen plant.“ Unannehmlichkeiten für die Kunden bedauere die VC.
Streiks sorgten für Einbußen in Millionenhöhe
Im April hatte die Airline mit rund 190 freiwilligen Piloten inklusive rund 100 Managern mit Pilotenschein rund zehn Prozent des üblichen Angebots aufrechterhalten. Der Konzern bezifferte damals den wirtschaftlichen Schaden durch den Streik auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Auch die Flughäfen München und Frankfurt sprachen von Einbußen in Millionenhöhe.
Die Streik-Ankündigung trifft die Lufthansa in einer schwierigen Zeit. Die größte deutsche Fluggesellschaft steht angesichts einer harten Konkurrenz und eines nahezu weltweiten Preiskampfes unter Kostendruck.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr, erst seit Mai im Amt, hatte im Juli ein ausgeweitetes Billigkonzept angekündigt. Damit soll Europas größter Luftverkehrskonzern wieder höhere Gewinne machen. Daneben soll die Qualität der Muttermarke sowie die Marktstellung der erfolgreichen Tochtergesellschaften etwa für Catering, IT und Flugzeugtechnik gestärkt werden.
Zuletzt war die Lufthansa mit schwachen Zahlen in das wichtige Sommerhalbjahr gestartet. Grund waren auch neben dem Preiskampf auch die Kosten für den Pilotenstreik im Frühjahr. Im zweiten Quartal sank das operative Ergebnis des Konzerns um 17 Prozent auf 359 Millionen Euro, wie die Lufthansa Ende Juli mitgeteilt hatte.