Die Trendsportart auf den coolen Boards wird immer vielseitiger. Auf Flüssen, Seen und in der Welle haben Stand-Up-Paddler viel Spaß. Auch an der Alster wächst die Zahl der Angebote.
Hamburg. Aus der Ferne sieht die Gruppe ein wenig aus, als würde sie über das Wasser laufen. Mit gleichmäßigen Paddelschlägen bewegt sich ein Dutzend Stand Up Paddler (SUP) über die Alster, Gänse fliegen schnatternd vorbei, die Wellen kräuseln sich hinter den Brettern. Noch ein paar Meter, dann verschwinden die Sportler unter den steinernen Bögen der Krugkoppelbrücke. Der Anblick der Surfer mit Paddel wird in Hamburg immer mehr zum Alltag. So schnell wie der neue Wassersport hat sich in den vergangenen Jahren wohl kaum ein Freizeitvergnügen durchgesetzt.
Der Trend schlägt nicht umsonst hohe Wellen: Immerhin ist das Stand Up Paddling eine der vielseitigsten Wassersportarten überhaupt, die logische Evolution aus Kanufahren und Wellenreiten. Freizeitpaddler genießen ruhige Seen, Surfer wagen sich in die Welle, am Alpenrand erobern Sportler reißende Bergflüsse. Es gibt Verleihe, Schulen für Anfänger, Yoga- und Pilates-Kurse auf dem Wasser. Dazu kommen Fachmagazine, Marathon- oder Fun-Wettbewerbe sowie Anbieter von Reisen. SUP hat den indischen Ganges genau so erobert wie die Brecher vor Hawaii und ist sogar als Disziplin für Olympia im Gespräch.
Der Verkauf der Bretter entwickelt sich zum Wirtschaftsfaktor im ohnehin wachsenden Outdoormarkt. „Einige Marken haben sogar schon Lieferschwierigkeiten, so groß ist die Nachfrage“, sagt Sven Eilers, Mitinhaber der Funsportwelt in Altona, die sich seit zwei Jahren auf den Vertrieb von SUP-Produkten konzentrieren. Besonders die aufblasbaren Boards, die zusammengelegt in eine Tasche von der Größe eines Golfbags passen, sind gefragt, trotz des Preises zwischen 800 und 1600 Euro. Der Vorteil: Sie haben nach der ersten Entwicklungsphase inzwischen die nötige Stabilität und gute Fahreigenschaften, so dass sie sich mit den festen Boards messen lassen können. Außerdem lassen sie sich im Kofferraum statt auf dem Autodach transportieren und können dann am Ufer innerhalb von wenigen Minuten mit einer Pumpe in Form gebracht werden.
Im lichtdurchfluteten Verkaufsraum der Funsportwelt lehnen in einer bunten Reihe Boards von Naish, Mistral und anderen Surfmarken an der Wand. Ein Kunde überlegt noch, ob er ein stabileres Brett oder die kleinere Variante bevorzugt. „Der Sport hat fast eine meditative Wirkung, wenn man auf den Kanälen unterwegs ist, und in der Welle geht es um Fun und Action“, sagt der Hamburger, der die gummiartige Außenhaut des Boards befühlt. Außerdem will er es nutzen, um damit von seinem Tourenboot aus an Land zu kommen, ohne auf ein Beiboot angewiesen zu sein. „Wir kennen viele Segler, die das Brett als Ersatz für ein Dingi kaufen“, bestätigt Eilers. Sein Hamburger Laden erzielte 2013 rund 80.000 Euro Umsatz allein mit den aufblasbaren SUP-Boards. In den ersten Monaten des laufenden Jahres kam die Firma bereits auf einen Erlös von 180.000 Euro.
Die Bretter sind erst seit rund zehn Jahren überhaupt auf dem Markt erhältlich und haben im Wassersportsegment schnell zu starken Verwerfungen geführt. Schon vor zwei Jahren hat Marktführer Naish in den USA mehr SUP-Bretter als Windsurf- und Kitesurfboards zusammen verkauft. Wettbewerber Fanatic kann mit der Produktion der Paddelbretter derzeit nicht mehr mit dem Andrang der Kunden mithalten und muss den Händlern lange Wartezeiten melden. Zugleich drängen immer mehr neue Anbieter auf den Markt, in Hamburg haben auch Sportscheck und Freerider am Dammtor SUPs im Sortiment. Kürzlich auf der Windsurfmesse in Pelzerhaken an der Ostsee nahmen die präsentierten Paddelbretter einen größeren Raum ein als herkömmliche Surfausstattungen. Der Fachjournalist Clay Feeter aus den USA schätzt, dass in fünf Jahren mehr als fünf Millionen Deutsche stand-up-paddeln dürften.
Auch die Verleiher und Anbieter von Kursen freuen sich über den Aufwind der Branche. „Schon letztes Jahr war der Boom deutlich zu merken“, sagt Philipp Heindl, Geschäftsführer von Freerider, die mit dem SUP-Club Gruppentouren und Renntraining anbieten. Gemeinsam mit dem Team vom SUP-Club starten Anfänger und Fortgeschrittene auch zu Sundowner-Trips oder Stadtparkrunden. „Nach wie vor steigt die Zahl der Neueinsteiger rapide“, ermutigt Philipp Heindl alle Hamburger zum „Reinschnuppern“ in den Sport. Wobei die Altersgrenze dort beginnt, wo Schwimmen kein Problem mehr ist: Viele Kinder und Schulklassen nutzten das Stehpaddeln mittlerweile für Gruppenevents. Neben dem SUP-Club am Noas, dem ehemaligen Restaurant Goldfisch am Isekai, können Neugierige auch bei SUPco im Stadtpark oder beim Bootshaus Barmeier Boards leihen. Wer lieber große Schiffe gucken will, kann sogar auf der Elbe in See stechen. Am Beachclub Wedel hat ebenfalls eine SUP-Station eröffnet.