Wegen des guten Wetters brummt derzeit das Geschäft. Rund 40 Anbieter für Kanus, Tretboote und Segelschiffe in Hamburg. Viele Anbieter setzen zudem auf eigene Restaurants und Bars
Hamburg. 17 Uhr, die Sonne scheint. Die ersten Feierabendpaddler kommen zum Bootssteg Dornheim am Kaemmererufer in Winterhude. Inhaberin Albena Zagorcheva freut sich über das gute Wetter, das ihr selbst am Abend noch Umsatz und Gäste beschert. Rund 200 Boote – vom Kanu über Paddel-, Tret- und Mannschaftsboot – hat sie neben drei Gondeln für ihre Kunden im Angebot. Während diese erwartungsfroh an einem schönen Abend in Richtung Alster rudern oder paddeln und zahlreichen Villen entlang des Fleets in die Gärten und Fenster schauen können, hofft die Chefin, die jeden Tag vor Ort ist, auf gutes Wetter für die nächsten Tage.
Die Boote hat der frühere Eigner, der 2009 verstorbene Bernd Dornheim, in der familieneigenen Werft selbst gebaut. Die Formen des „Hamburger Kanus“ und des „Alsterkanus“ wurden von ihm entwickelt und in den 1980er-Jahren sogar deutschlandweit verkauft. Im Laufe der Jahre musste das 1979 gegründete Unternehmen allerdings seine Geschäftsbereiche immer wieder der Hamburger Marktentwicklung anpassen, sodass sich Dornheim immer mehr weg vom Handwerklichen hin zu Dienstleistungen für die Freizeit entwickelte. Neben dem Werftbetrieb, der aus wirtschaftlichen Gründen Anfang der 1990-er-Jahre geschlossen wurde, gibt es auch heute noch eine Bootslagerung für Kunden mit eigenem Kanu oder Paddelboot mit rund 300 Plätzen.
Erst Mitte der 1980er-Jahre kam die Vermietung von Kanus und Kajaks hinzu. Heute ist Dornheim der größte Anbieter in der Stadt. In diesem Jahr hatte die jetzige Inhaberin bislang Glück. An den zwei umsatzstärksten Events, dem Kirschblütenfest und dem Vatertag war sie komplett ausgebucht. Das erreicht sie ansonsten nur an Sonntagen bei schönem Wetter. 9,50 Euro kosten die meisten Boote für zwei Personen pro Stunde. Die Gäste bekommen zudem eine Wasserkarte. Für Behinderte, Schüler, Studenten und Vereine gibt es Rabatt. Nur bei der Gondel läuft das Geschäft über Reservierungen, damit ihre Gondoliere auch da ist. „Wir bieten vier verschiedene Touren an“, sagt Zagorcheva. „Einige frisch getraute Paare saßen auch schon im Hochzeitskleid und Smoking in unseren Gondeln.“ Die Preise beginnen ab 110 Euro für eine Stunde.
Zargocheva ist bereits seit mehr als zehn Jahren an Bord. Sie war am Anfang fast nur für die Gastronomie zuständig. Die heute 45-Jährige baute 2002 den damaligen Kutterimbiss des Bootsverleihers ab und das Restaurant Zur Gondel auf, das heute 35 Innen- und 110 Außenplätze hat. „Die Kombination aus Gastronomie und Bootsverleih wurde zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell“, sagt sie, ohne Zahlen zu nennen. Nur so viel gibt sie preis: Rund tausend Kunden stehen in ihrer Liste.
Nach dem Tod von Dornheim übernahm sie den Betrieb und baute ihn aus. Rund 30 Mitarbeiter arbeiten für sie im Sommer, 14 Festangestellte im Winter. Nur im Januar oder Februar schließen sie und ihr Sohn Ivan, der für den Bootsverleih zuständig ist, die Türen. „Da machen wir Betriebsferien.“ Am 1. März startet das Geschäft wieder. Den Winter über bleibt das Restaurant Zur Gondel geöffnet. „Zahlreiche Unternehmen buchen uns für Weihnachtsfeiern oder andere Betriebsfeste“, sagt sie. Auch Reservierungen für Geburtstagsfeiern hat sie im Terminbuch.
Ob in Eppendorf, Bergedorf, Allermöhe, Poppenbüttel, an der Alster oder Ochsenwerder, überall, wo sich in Hamburg ein Fleet befindet, ist der nächste Verleih nicht weit. Aber wie auch Dornheim kommen die meisten der im Hamburger Telefonbuch gelisteten 38 Anbieter wegen der Abhängigkeit vom Wetter ohne Gastronomie vermutlich kaum aus – obwohl das schöne Wetter derzeit viele an Alster und Elbe lockt. An einigen Wochenenden haben selbst die Schiffe der Alster-Touristik wegen des Andrangs von Wassersportlern ihre Probleme. Sie müssen hupen, um Segler oder Kanuten zu verscheuchen.
Der Verleiher Bobby Reich punktet gegenüber der Konkurrenz mit zwei 80 bis 90 Jahre alten selbst gebauten Segelbooten. „Die dürfen allerdings nur Gäste ausleihen, von denen wir wissen, dass sie segeln können“, sagt Anniele Säman-Reich, die das 1883 gegründete Unternehmen in fünfter Generation führt. Der Fortbestand ist mit Marc Sämann gesichert. Neben Annelie Sämann-Reich ist er derzeit für die Bootsvermietung zuständig. 20 Ruderboote und 14 Kanus für je 13 Euro sowie sechs Segelboote für 19 Euro für bis zu zwei Personen in der Stunde hat das Unternehmen am Steg liegen. Daneben betreibt die Firma ein Restaurant mit 210 Plätzen und eine Lagerei für Boote von Privatkunden.
Hamburgs 1874 gegründeter ältester Verleiher Silwar setzt wiederum neben Kaffee, Kuchen und Cocktails auch auf Partys in seiner Gastronomie. Auf Wunsch spielt Armin Silwar mit seiner Dreamband Jazz. Er vermietet rund 50 Boote, darunter auch ein Polizeiauto oder ein Wasserfahrrad. Zudem können sich Wassersportfans auch in seiner Halle einen Jahresplatz für ihr Boot mieten. Berühmtheit hat 2004 ein Schwanentretboot von ihm erlangt, das jahrelang während der Saison von einem echten Schwan begleitet wurde. Warum die Liebesaffäre ein Ende fand, bleibt nebulös. Die Preisliste beginnt bei zwölf Euro. Wer weitere Wege nicht scheut, kann zu Paddel-Meier an der Gose-Elbe fahren. Dort kostet ein Zweierkajak oder -Canadier neun Euro die Stunde.
Bei Dornheim hat Albena Zargocheva noch einiges zu tun. Nachdem das Restaurant samt Außendielen und die Bootsstege wie neu aussehen, soll nun ein Großteil der Boote mit blauer Farbe hübsch gemacht werden. „Man darf nicht nachlassen“, sagt die Frau, die sich bei Dornheim bis zur Inhaberin hochgearbeitet hat. Der Gewinn wird regelmäßig ins Unternehmen gesteckt.