Der Hamburger Reeder Erck Rickmers gibt Amt in seiner Gruppe E.R. Capital Holding ab. Der bisherige Commerzbank-Manager Jochen Klösges leitet künftig den Vorstand der Rickmers-Dachgesellschaft.
Stühlerücken in der Hamburger Firmengruppe des Reeders und Schiffsfinanzierers Erck Rickmers: Der bisherige Commerzbank-Vorstand Jochen Klösges (49) tritt im April 2014 in den Vorstand der Rickmers-Dachgesellschaft E.R. Capital Holding ein und übernimmt dort am 1. Juli den Chefposten von Nicholas Teller (54). Der wiederum löst dann Erck Rickmers (49) als Chairman – Aufsichtsratsvorsitzenden – der E.R. Capital Holding ab.
Vor allem diese Personalie beflügelt erneut die Spekulationen darüber, welche Rolle Rickmers in der von ihm gegründeten Firmengruppe in den kommenden Jahren einzunehmen gedenkt – und ob dies von Hamburg aus geschieht. „Mein unternehmerisches Ziel ist, die Firmengruppe gestärkt aus der derzeitigen Schifffahrtskrise hervorgehen zu lassen. Deshalb investiere ich konsequent in die weitere Verstärkung des Top-Managements, mit dem ich, als Alleingesellschafter, wie bisher eng zusammenarbeiten werde“, sagte Rickmers dem Abendblatt. „Parallel entwickeln wir den Zugang zu Eigenkapitalquellen für neue Schifffahrtsprojekte, derzeit hauptsächlich in den USA.“
Klösges wechselt zu Rickmers vor dem Hintergrund eines Machtkampfes im Vorstand der Commerzbank. Deren Chef Martin Blessing (50) will den Vorstand verkleinern. Klösges scheidet nach seinen Angaben zu Ende Dezember auf eigenen Wunsch bei der Bank aus. Dort hatte er zuletzt intensiv am Abbau des Schifffahrtsgeschäfts in einer sogenannten Bad Bank gearbeitet. Die Commerzbank ist neben der HSH Nordbank in Hamburg und der NordLB in Hannover eines der drei wichtigsten Institute für die Finanzierung von Schiffen in Deutschland und noch immer einer der wichtigsten Akteure weltweit. Die Bank will aber komplett aus dem Schifffahrtsgeschäft aussteigen.
Erck Rickmers und sein Bruder Bertram, die aus einer traditionsreichen Schifffahrtsfamilie stammen, gründeten 1992 in Hamburg das Emissionshaus Nordcapital. Später trennten sich die unternehmerischen Wege der beiden. Nordcapital wurde der Nukleus für die Firmengruppe von Erck Rickmers, die schnell wuchs. Unter dem Dach von E.R. Capital Holding arbeiten derzeit rund 4600 Menschen, die meisten davon als Seeleute bei E.R. Schifffahrt, einer Reederei mit 96 Container-, 22 Massengut- und zwei Mehrzweckfrachtern. Angesichts der schweren Schifffahrtskrise seit 2009 hatte E.R. Schifffahrt Ende 2011 die Hamburger Komrowski Gruppe übernommen. Die Unternehmen bündeln ihre Aktivitäten in der Blue Star Holding.
Bei der Bürgerschaftswahl 2011 hatte sich Rickmers für die SPD in das Hamburger Parlament wählen lassen. Eineinhalb Jahre später legte er sein Mandat nieder und begründete das damit, dass er sich verstärkt um sein Unternehmen kümmern müsse. Mit den operativen Geschäften seiner Gruppe hat er in den vergangenen Jahren erfahrene Manager aus Schiffsfinanzierung und Schifffahrt betraut wie Nicholas Teller oder Hermann Klein, den früheren Co-Chef des Germanischen Lloyd. Nun legt er auch die Kontrollfunktion bei E.R. Capital Holding nieder, bleibt aber Eigentümer des Unternehmens.
Immer wieder gab es in den vergangenen Monaten Gerüchte, Rickmers habe Hamburg den Rücken gekehrt und sich als Unternehmer in den USA niedergelassen. Auf Anfrag des Abendblatts dementierte die Sprecherin von E.R. Capital Holding, Stefanie Rother, das gestern: Seine Arbeit in den USA in Begleitung seiner Familie „wird ein zeitlich befristetes Engagement sein und kein wie auch immer gearteter Wegzug. Hamburg ist und bleibt sein Lebensmittelpunkt.“