Einige Maschinen können derzeit nicht an Kunden in den USA ausgeliefert werden, weil eine Behörde geschlossen ist
Hamburg Den für dieses Jahr angepeilten Auslieferungsrekord von Airbus wird sie wohl nicht gefährden, aber ärgerlich für den Flugzeughersteller und seine amerikanischen Kunden ist sie allemal: Die Schließung großer Teile der US-Luftfahrtbehörde FAA infolge des Haushaltsstreits zwischen Präsident Barack Obama und der Opposition hat zur Folge, dass in diesen Wochen mehrere Jets nicht an die Fluggesellschaften US Airways und American Airlines übergeben werden können, weil die Behörde die dafür nötigen Unterlagen nicht ausstellt. „Bisher sind nur einige wenige US-amerikanische Kunden betroffen“, sagte Airbus-Sprecher Heiko Stolzke. Berichten zufolge geht es um Maschinen im Wert von umgerechnet knapp 400 Millionen Euro.
Ansonsten aber läuft es für den Flugzeugbauer aktuell blendend. Niemand hätte das zu Beginn des Jahres erwartet: Seit Anfang Januar konnte Airbus Aufträge über rund 1100 Jets verbuchen. Damit ist 2013 schon jetzt mindestens das drittbeste Verkaufsjahr des europäischen Herstellers. Ursprünglich hatte das Ziel angesichts der zunächst noch ungewissen Aussichten für die Weltwirtschaft bei 700 Bestellungen gelegen.
Allein 900 der georderten Maschinen sind Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge der A320-Familie. Das ist besonders für Hamburg eine gute Nachricht, denn mehr als jeder zweite dieser Jets wird auf Finkenwerder produziert. Jeden Monat entstehen in Hamburg 23 dieser Flieger. Auf Basis der aktuellen Listenpreise bedeutet dies ein monatliches Umsatzvolumen von 1,7 Milliarden Euro, was ungefähr dem Wert von elf der weltgrößten Containerschiffe entspricht.
Doch die Airbus-Beschäftigten in Hamburg arbeiten nicht nur an den Flugzeugen der A320-Reihe. Auch die mittleren und hinteren Rumpfsektionen des doppelstöckigen Megajets A380 sowie der mittelgroßen Langstreckenmaschinen A330 und A350 werden in dem Werk an der Elbe gefertigt.
Der Airbus A350, der im Juni erstmals abhob, ist der neue Hoffnungsträger des Konzerns: Der Jet, der zu mehr als 50 Prozent aus leichtem Kohlefaserwerkstoff besteht, soll rund ein Viertel weniger Treibstoff verbrauchen als herkömmliche Maschinen vergleichbarer Größe. Für die zweite Jahreshälfte 2014 ist die erste Auslieferung an einen Kunden vorgesehen. Damit bleibt es für Airbus spannend, denn in den zurückliegenden Jahren hatten neu entwickelte Flugzeuge wie der A380 oder der Boeing 787 Dreamliner zu Beginn gravierende Probleme.
„Die Entwicklung des A350 ist ein superkomplexes Projekt, und solche Vorhaben sind immer mit erheblichen Risiken verbunden“, sagte Wolfgang Donie, Analyst bei der Nord/LB. Aber bisher verlaufe offenbar alles erstaunlich glatt. „Airbus hat aus den eigenen Fehlern beim A380 gelernt – und aus den Fehlern, die Boeing bei der 787 gemacht hat“, so Donie.
Großaufträge der Lufthansa und Japan Airlines
Aktuell stehen bereits mehr als 750 Flugzeuge des Typs A350 im Airbus-Orderbuch. Gerade in den zurückliegenden Wochen hat das Unternehmen zwei wichtige Aufträge für den A350 erhalten: Die Lufthansa bestellte 25 Maschinen und Japan Airlines orderte 31 Exemplare. Der letztere Auftrag gilt als besonders bedeutsam, denn bislang hat der Rivale Boeing in Japan nahezu eine Monopolstellung.
Um diesen „Coup“ zu landen und die Vorherrschaft des US-Konkurrenten zu brechen, habe Airbus aber wahrscheinlich überdurchschnittlich hohe Rabatte gewährt, kommentierte die Rating-Agentur Moody's.
Allerdings sind die Verkaufserfolge des A350 schon deshalb so wichtig für den europäischen Flugzeugbauer, weil der Absatz des Topmodells A380 zuletzt nur noch sehr schleppend verläuft – seit Anfang 2012 wurden nur 24 Stück bestellt. „Der Markt für den A380 ist begrenzt“, sagte Branchenexperte Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe. „Ich bin zwar überzeugt davon, dass es Folgeaufträge durch bestehende Kunden wie etwa Emirates oder Singapore Airlines geben wird. Aber andere tun sich offenbar schwer, mit diesem sehr großen Flugzeug Geld zu verdienen.“
Wolfgang Donie geht jedoch davon aus, dass es sich um eine vorübergehende Flaute handelt: „Es gibt generell einen Trend hin zu größeren Flugzeugen. Ich denke, dies wird sich irgendwann auch wieder positiv auf das A380-Programm auswirken.“
Mit insgesamt 445 Auslieferungen aller Typen per Ende September ist Airbus auf dem besten Weg, 2013 wie geplant einen neuen Produktionsrekord von mehr als 600 Jets zu erreichen. Wegen der Verkaufserfolge ist der Auftragsbestand dennoch weiter auf knapp 5300 Maschinen gestiegen. „Das ist ein neuer Rekord für die gesamte Industrie und entspricht rein rechnerisch einer Auslastung für die nächsten rund acht Jahre“, erklärte Firmensprecher Stolzke – Ende 2012 waren es sieben Jahre.
Mit der künftigen Bundesregierung hat Airbus aber ein Problem zu lösen, aus dem sich langfristig negative Auswirkungen auf die deutschen Werke ergeben könnten: Von dem für den A350 zugesagten Entwicklungsdarlehen über 1,1 Milliarden Euro wurden erst 500 Millionen Euro ausgezahlt, weil der Bund weitgehende Zusicherungen für Entwicklungs- und Produktionsanteile in Deutschland fordert. Den Airbus-Managern geht in dem Streit offenbar allmählich die Geduld mit der starren Haltung des Bundes aus – und das wäre nicht gut für das Hamburger Werk.