Von Freitag an gelten neue Versicherungstarife, die nicht mehr zwischen Frau und Mann unterscheiden. So sollen Einheitspreise gelten.

Berlin. Von Freitag (21. Dezember) an dürfen in der Europäischen Union keine Versicherungen mehr verkauft werden, bei denen Männer und Frauen wegen ihres Geschlechts unterschiedliche Preise zahlen müssen.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) verpflichtet Versicherer EU-weit zur Gleichbehandlung. Auch in Deutschland dürfen - trotz noch ausstehender Umsetzung – vom Stichtag 21. Dezember 2012 an für neue Policen nur noch sogenannte Unisex-Tarife angeboten werden:

Wie war es bisher?

Für die Kfz-Versicherung etwa haben Frauen oft weniger bezahlt als Männer, da sie weniger Unfälle verurschen. Anders bei der privaten Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie beim Schutz gegen Berufsunfähigkeit: Hier zahlten Männer bisher niedrigere Beiträge. So verlangten Krankenversicherer für Frauen mehr, unter anderem wegen der Schwangerschaftskosten. Der EuGH hatte im März 2011 mit Wirkung zum 21. Dezember 2012 die Regelung gekippt, die es EU-Staaten ermöglichte, geschlechterdifferenzierte Tarife anzubieten.

Bleiben alte Verträge gültig?

Ja. Vor dem Stichtag abgeschlossene Verträge sind von der Neuregelung nicht betroffen und gelten unverändert weiter. Mit „Unisex-Tarifen“ werden Männer und Frauen – je nach Versicherungsart – besser oder schlechter gestellt als bisher. Die Versicherungswirtschaft hatte - auch mit Blick auf die Erfahrung in anderen Ländern – ein im Schnitt höheres Prämienniveau für Neuverträge vorausgesagt.

Aber in Deutschland verzögert sich doch die Gesetzgebung?

Das spielt keine Rolle. Die Unisex-Tarife kommen auch ohne deutsches Umsetzungsgesetz pünktlich zum Stichtag. Zwar hatte der Bundesrat Mitte Dezember das entsprechende Gesetz an den Vermittlungsausschuss überwiesen. Doch sowohl der Verband der Versicherungswirtschaft GDV als auch die Finanzaufsicht BaFin stellten klar, dass unverändert vom 21. Dezember an nur noch Verträge mit den neuen Tarifen verkauft werden dürfen.

Denn das deutsche Gesetz, dass wegen des Bund-Länder-Streits nun erst im nächsten Jahr verändert wird, sei ab dem Stichtag europarechtswidrig. Die BaFin sieht sogar große Rechtsrisiken, sollten Versicherer nach dem 21. Dezember 2012 für neue Verträge noch alte, geschlechtsdifferenzierte Tarife anbieten.

Und wenn der Bund-Länder-Streit nicht beigelegt wird?

Auch das ist egal. Zumal im entsprechenden Umsetzungsgesetz nicht die „Unisex-Tarife“ strittig sind, sondern die Beteiligung der Kunden an Bewertungsreserven. Wann und ob der Vermittlungsausschuss sich einigt, ist offen. Die Länder können das Gesetz aber nicht dauerhaft stoppen. Es ist nicht zustimmungspflichtig. Der Bundestag kann mit Koalitionsmehrheit einen Bundesrats-Einspruch wieder überstimmen.

Der Bund der Versicherten (BdV) sieht dennoch Risiken: Der Verband vermisst trotz der Klarstellung von Branchenverband sowie BaFin klare Worte und fordert konkrete Maßnahmen der Aufsicht. Er verlangt ein ausdrückliches Verbot durch die BaFin, alte Tarife vorerst weiter anzubieten. Sonst bestehe weiter die Möglichkeit, in Angeboten nach Geschlecht zu differenzieren, ohne gegen deutsches Recht zu verstoßen. Der GDV bekräftigte am Donnerstag, dass die neuen Tarife ab dem Stichtag trotz der fehlenden gesetzlichen Grundlage gelten würden.