Opel gibt Bochumer Werk auf, Fiat rettet sich in Allianz mit Chrysler. VW, BMW und Daimler hingegen feiern das beste Jahr ihrer Geschichte.
Berlin. Willkommen in der Zweiklassen-Gesellschaft. Die Kluft in der Autowelt wird noch tiefer – die deutschen Autobauer aber bleiben ganz überwiegend auf der Gewinnerseite.
Die Asiaten greifen an, China ist nach wie vor der wichtigste Boom-Markt. Die Nachfrage in Westeuropa bricht weiter ein. Opel, Fiat und PSA Peugeot-Citroën, die von Europa abhängig sind, stecken in der Krise fest. Unter diesen Vorzeichen startet nach Einschätzung von Branchenexperten das Autojahr 2013.
Damit dürften sich im neuen Jahr die Trends des alten ungebrochen fortsetzen. Die Autowelt ist zweigeteilt – Starke und Schwache, Gewinner und Verlierer. Die Absatzkrise in Westeuropa, vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise, entzweit die Branche.
Europäische Massenhersteller wie Opel, Fiat und PSA haben teure Überkapazitäten, müssen ihre Kosten in den Griff bekommen und Fabriken dicht machen. Tausende Jobs gehen verloren, es wird wieder Kurzarbeit angemeldet. Nach einer Analyse der Beratungsgesellschaft PwC sind 15 Automobilwerke in Europa so schwach ausgelastet, dass sie auf den Prüfstand gestellt werden müssten.
Die Hiobsbotschaft des Jahres aus deutscher Sicht war das angekündigte Aus für das Opel-Werk in Bochum 2016 – ob Opel die Kurve bekommt, scheint fraglich. Viele Hoffnungen stecken die Rüsselsheimer in die Allianz mit PSA.
Dabei aber wird sich der westeuropäische Automarkt auch im neuen Jahr nicht erholen – im Gegenteil: Die Talfahrt dürfte zunächst weitergehen. Der Verband der Automobilindustrie rechnet 2013 nur noch mit 11,4 Millionen Neuzulassungen in Westeuropa – nach voraussichtlich 11,7 Millionen in diesem Jahr. Zum Vergleich: 2007 waren es 14,8 Millionen Autos – also fast drei Millionen mehr. Dies sorgt für die teuren Überkapazitäten, die Deutsche Bank sieht sie in der EU bei derzeit mindestens 30 Prozent.
Immerhin gibt es Licht am Ende des Tunnels. Im Jahresverlauf 2013 bereits könne sich der Abwärtstrend verlangsamen, 2014 sei sogar wieder ein Neuzulassungsplus möglich, wie die Analysten der Deutschen Bank erwarten.
Angesichts der Absatz-Talfahrt wird der Verdrängungskampf in Europa noch härter. Die Renditen geraten weiter unter Druck. Auch das Rabattniveau bleibe hoch, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen. Dazu kommen steigende Rohstoffpreise, wie Analyst Frank Schwope von der Nord/LB sagt.
Allerdings: eine schwere, weltweite Branchenkrise wie vor vier Jahren wird nicht erwartet. „Im Winter 2008/2009 standen wir vor einem tiefen Absturz. Ein solcher Absturz ist derzeit nicht in Sicht“, sagt VDA-Präsident Matthias Wissmann.
Damals, 2009, herrschte in Detroit – wo Mitte Januar wieder das Autojahr eingeläutet wird – Depression. Die Wirtschaftskrise infolge der Turbulenzen auf den Finanzmärkten ließ die Auto-Nachfrage in den USA und Europa in den Keller rauschen. Fast alle Autobauer waren betroffen. Nicht nur in Deutschland nahm der Staat Milliarden in die Hand für Kurzarbeit und Abwrackprämie.
Heute aber ist die Lage anders. Denn weltweit ist die Autokonjunktur im Aufwärtstrend, die Verkaufszahlen werden laut Prognosen 2013 global steigen – getragen von den Märkten in den Schwellenländern in Asien und Südamerika, aber auch in den USA.
An den Kräfteverhältnissen in der Autobranche dürfte sich daher nicht viel ändern. „Die Gewinner 2012 werden auch die Gewinner 2013 sein, die Verlierer die Verlierer“, sagt Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Gewinner sind diejenigen, die eine breite internationale Aufstellung haben, vor allem in China und den USA stark sind und das schwache Europa-Geschäft damit abfedern können.
Dies sind neben dem VW-Konzern auch BMW und Daimler, denn deutsche Oberklasse-Autos sind gefragt. Auch asiatische Hersteller wie Hyundai und Kia, die in Europa massiv angreifen, stehen gut da – und Toyota feiert ein Comeback, wie auch die US-Autoriesen.