Während es in Asien und Amerika brummt, kriselt es in Europa. Nur wer breit aufgestellt ist, kann die Absatzkrise kompensieren.

Wolfsburg/Brüssel. Gekappte Produktionsziele und sinkende Neuzulassungen hier, ungebremste Wachstumsfantasien dort: Deutsche Autobauer müssen den Schwung der Automärkte außerhalb Europas weiter nutzen, um daheim nicht unter die Räder zu kommen.

Die rasante Entwicklung vor allem in China und Nordamerika verspricht den Herstellern immer noch gute Chancen. Unterdessen bleibt das Geschäft in den krisengeschüttelten Ländern Süd- und Westeuropas auf Talfahrt.

So kann Volkswagen als drittgrößter Autokonzern der Welt besonders dank des anhaltenden Autobooms in Fernost sein Tempo hoch halten. Die Pkw-Marken und leichten Nutzfahrzeuge fuhren auch im Oktober insgesamt deutliche Zuwächse ein, wie das Unternehmen am Freitag berichtete. Der VW-Gruppe gelang mit plus 14,6 Prozent eine starke Steigerung auf 788 700 Fahrzeuge. Seit Jahresbeginn legten die globalen Auslieferungen um 10,2 Prozent auf 7,5 Millionen Modelle zu.

In vielen EU-Staaten liegen die Automärkte danieder. Nach Angaben des europäischen Verbands Acea plagen die Pkw-Branche seit mehr als einem Jahr schrumpfende Neuzulassungen. Sie sanken im Oktober um 4,8 Prozent – und damit den 13. Monat in Folge, wie die Experten in Brüssel mitteilten. Speziell im Süden bleibt die Lage brenzlig: Spanien (-21,7 Prozent) und Italien (-12,4) verbuchten zweistellige Rückgänge. In Frankreich betrug das Minus 7,8 Prozent. Lichtblick: In Großbritannien sprangen die Neuzulassungen um 12,1 Prozent nach oben.

Wie viele seiner Rivalen bekommt VW die Zurückhaltung der Kunden in der Staatsschuldenkrise zu spüren. Ein leichtes Plus von 0,9 Prozent in Gesamteuropa war nur möglich, weil der Einbruch im Westen (-5,8 Prozent) durch Deutschland (+3,5) und Osteuropa (+21,1) abgefedert wurde. „Vor allem die Märkte in Westeuropa bleiben von Unsicherheiten geprägt“, sagte Vertriebsvorstand Christian Klingler.

Im Gegensatz zu eher auf Europa fixierten Konkurrenten wie PSA oder der General-Motors-Tochter Opel profitiert VW besonders in China und den USA von der Kauflust der Kunden.

In den ersten zehn Monaten setzten die VW-Marken auf dem wichtigsten Markt China 2,26 Millionen Autos ab – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein satter Zuwachs um fast ein Fünftel. Auch in Nordamerika trat Volkswagen aufs Gas: Über ein Viertel Autos mehr wurden verkauft, in den USA sogar ein Drittel.

Alle Töchter schnitten durch die Bank gut ab – mit Ausnahme des Sorgenkinds Seat, das auf den Traditionsmarkt Südeuropa angewiesen ist. In der Oberklasse konnte Audi 12,9 Prozent mehr Autos absetzen, in China übertrafen die Ingolstädter das Niveau des ganzen Vorjahres.

Die Kernmarke VW-Pkw hatte bereits am Dienstag glänzende Zahlen vorgelegt. Global betrachtet betrug das Plus 11,2 Prozent, Westeuropa stand aber mit minus 6,0 Prozent weitaus schlechter da. Porsche - seit August vollständige VW-Tochter – lieferte von Januar bis Oktober weltweit 15,6 Prozent mehr Neuwagen aus. Beim tschechischen Ableger ?koda waren es plus 7,2, bei der Nutzfahrzeug-Tochter plus 5 Prozent.

Spurlos geht die Angst vor einer längeren Auto-Rezession in Europa aber auch nicht an Deutschlands größtem Industriekonzern vorbei. Im September war VW im Vergleich zum Vorjahresmonat auf ein Fünftel weniger deutsche Neuzulassungen gekommen. Ziele wurden korrigiert, im Betriebsergebnis des dritten Quartals zeigten sich erste Dellen.

Konkurrenten wie BMW setzen ebenfalls auf das boomende Geschäft in Übersee. Autos der Bayern fanden im Oktober reißenden Absatz – in aller Welt lieferte der Konzern im vorigen Monat gut 13 Prozent mehr aus als vor einem Jahr. Einer Stagnation in Europa standen auch hier klare Zuwächse in Amerika (+20 Prozent) und Asien (+36) gegenüber.

Bei Daimler landete die Pkw-Sparte im Monatsvergleich bei plus 6,2 Prozent, seit Jahresbeginn waren es 4,9 Prozent. Doch in China kommen Mercedes, AMG, Smart und Maybach nicht so schnell voran wie erhofft.