Als größter Einzelaktionär ist die Stadt Hamburg von der Reederei-Krise direkt betroffen. Börsengang für 2013 wird immer unwahrscheinlicher.

Hamburg. Die Krise in der Schifffahrt trifft auch Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd schwer. Die stark gestiegenen Ölpreise haben die Containerlinie trotz eines Wachstums bei Transportmenge und Umsatz bereits im ersten Halbjahr mit 140 Millionen Euro Verlust tief in die roten Zahlen gedrückt. Und das für die Schifffahrt so wichtige drittel Quartal verspricht keine Besserung.

Michael Behrendt, Chef von Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd, schließt für dieses Jahr ein negatives Ergebnis nicht mehr aus, schreibt „Die Welt“. Davon wäre auch die Stadt Hamburg massiv betroffen – sie hält seit der Aufstockung 36,9 Prozent an der Reederei und ist damit größter Einzelaktionär. Die bislang erhoffte Dividendenzahlung dürfte damit ausfallen.

Die schwachen Wachstumsraten in China verhindern den sonst üblichen Nachfrageboom im Herbst, sagte Behrendt der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (”FAZ”). „Das haben wir in dieser Form noch nicht erlebt.“

Als „ dramatisch“ bezeichnet der Behrendt laut „FAZ” die zusätzlichen Energiekosten in Höhe von mehreren Millionen Euro. Auch die in diesem Jahr erhöhten Frachtraten können die hohen Ölpreise nicht auffangen.

Die Hamburger CDU, die gegen die Aufstockung der Hamburger Anteile gestimmt hatte, sieht sich in ihrer Kritik bestätigt. Roland Heintze, haushaltspolitischer Sprecher der CDU, spricht laut der „Welt“ von einer Täuschung durch den Hapag-Lloyd-Chef: „ Bei allen Beratungen in den Ausschüssen der Bürgerschaft wurde die Risiken von ihm systematisch heruntergespielt.“ Die Aufstockung der Anteile für 420 Millionen Euro beinhalte auch den teuren Zukauf zahlreicher Risiken, so Heintze.

„Die Hoffnung auf eine Dividende rückt in weite Ferne, und Hamburg bleibt auf den Zinsen für die Finanzierung der Beteiligung sitzen“, sagt auch der FDP-Politiker Thomas-Sönke Kluth.

Die derzeitige Lage der weltweit viertgrößten Containerlinie lässt auch einen baldigen Börsengang in weite Ferne rücken, somit kann auch die Stadt Hamburg nicht so bald ihren Anteil wieder reduzieren.

Großaktionär Klaus-Michael Kühne hält einen Börsengang vor 2014 für unwahrscheinlich. „Die Aktien zu platzieren wäre vermutlich nicht so schwierig, aber wir wollen schließlich einen guten Kurs erzielen“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Die desolate Lage der Reeder wirft aber auch die HSH Nordbank auf ihrem Sanierungsweg weit zurück. Bankchef Paul Lerbinger macht auf der Halbjahrespressekonferenz gar nicht erst den Versuch, das Marktumfeld zu beschönigen: „Für die Seeschifffahrt kommt es knüppeldick. Die Stimmung in der Branche ist so schlecht wie lange nicht.”

In den HSH-Zahlen hat die Krise der Reeder tiefe Spuren hinterlassen. Im zweiten Quartal stand ein Minus von 58 Millionen Euro, so dass der Konzerngewinn nach dem ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast 80 Prozent auf 70 Millionen Euro einbrach.

Die schwierige Lage der HSH wird auch bei den Hauptanteilseignern, den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, mit Sorge gesehen. Die Bank sei immer noch das größte finanzielle Risiko für die Stadt, hatte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) vor Kurzem ausdrücklich betont. Das wurde nun bestätigt. Denn die rechnerische Wahrscheinlichkeit, dass die Bank die Milliarden-Garantie der Länder in Anspruch nehmen werde, ist von 38,8 auf 41,4 Prozent gestiegen.

Aus Sicht der FDP-Bürgerschaftsfraktion wird eine Inanspruchnahme der Länder „immer wahrscheinlicher”, so FDP-Politiker Kluth. Er sieht auch einen Zusammenhang zum Einstieg der Stadt bei der Reederei Hapag-Lloyd: „Der Staatsreeder Olaf Scholz hat den Staatsbanker Olaf Scholz offensichtlich nicht zur Schifffahrtskrise befragt.”

Der Senat scheint immun zu sein gegen die Kritik: „Wir haben nicht deswegen aufgestockt, weil wir auf Dividenden spekulieren, sondern um eine unsichere Vertragslage konsequent zu bereinigen“, sagte ein Sprecher der Finanzbehörde.