Ausgleichszahlung von 600 Euro entfällt bei Streik, urteilte der BGH. Fluggäste haben dennoch Ansprüche – etwa auf Ersatztransport.

Potsdam. Am Dienstag hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden, dass Fluggäste bei einem Streik keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung haben . Ein Streik der eigenen Piloten sei für eine Fluggesellschaft in der Regel ein unabwendbares Ereignis, das keine Zahlungspflicht auslöse, so die Richter. Die unteren Instanzen urteilten bisher unterschiedlich, ob in solchen Fällen die Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro fällig wird.

Nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung bekommen Fluggäste bei der Annullierung ihres Fluges grundsätzlich pauschal 600 Euro. Geklagt hatten zwei Kunden der Deutschen Lufthansa. Sie konnten einen im Februar 2010 geplanten Flug von Miami nach Deutschland nicht antreten, da dieser wegen eines Streikaufrufs der Pilotenvereinigung Cockpit annulliert wurde.

+++ Bei Pilotenstreik keine Ausgleichszahlung für Fluggäste +++

+++ Bei deutlicher Flugverspätung Anspruch auf Ausgleich +++

Dennoch gehen die Passagiere nicht leer aus, wenn sie wegen eines Ausstands am Flughafen stranden. Diese Rechte haben sie:

Ersatzbeförderung:

Die Airline ist verpflichtet, die Fluggäste schnellstmöglich an ihr Ziel zu bringen. Ist dies auf dem ursprünglich vorgesehenen Weg nicht möglich, muss sie sich laut Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg um eine Ersatzbeförderung kümmern. „Innerhalb von Deutschland kann das zum Beispiel eine Umbuchung auf die Bahn oder ein Bustransfer sein“, so die Reiserechtsexpertin. Auf längeren Strecken gibt es eventuell die Möglichkeit, von einem benachbarten Flughafen zu starten.

Essen und Trinken:

Müssen Passagiere am Flughafen warten, stehen ihnen laut der Verbraucherschützerin Essen und Getränke zu. In der Regel verteilen die Fluggesellschaften Gutscheine. Keine genauen Vorschriften gibt es, wie hoch der Betrag sein muss. In der EU-Verordnung heißt es nur, dass Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit stehen müssen. „Bei einer Verspätung von drei Stunden, reicht durchaus ein Gutschein über 10 Euro pro Person“, so Fischer-Volk.

Telefonate:

Ebenso wie Speisen und Getränke muss gestrandeten Passagieren die Möglichkeit eingeräumt werden, zu telefonieren, Faxe zu versenden oder E-Mails zu schicken. Hier ist die Anzahl genau geregelt: Laut einer EU-Verordnung sind es zwei Telefonate oder zwei Faxe oder zwei E-Mails.

Unterkunft:

Gibt es erst am kommenden Tag oder noch später die Möglichkeit weiterzufliegen, müssen Airlines Passagieren eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stellen. „Eine Pritsche im Terminal reicht dazu in der Regel nicht aus“, erläutert Fischer-Volk, „aber es muss auch kein Fünf-Sterne-Haus sein.“ Lediglich in Ausnahmesituationen müssten Fluggäste mit einem Feldbett vorliebnehmen. Dies war zum Beispiel nach den Flugannullierungen wegen der Vulkan-Aschewolke über Island der Fall, als an manchen Flughäfen alle Hotelbetten belegt waren. Auch den Transport vom Flughafen zum Hotel muss die Fluggesellschaft zahlen. Eine Obergrenze, wie viele Nächte die Airline höchstens zahlen muss, gibt es nicht. Diese Regelungen ergeben sich laut Fischer-Volk aus der EU-Fluggastrechteverordnung. Sie gilt bei allen Abflügen aus der EU und bei Flügen von Airlines, die ihren Sitz in der EU haben und in die EU fliegen.

Mit Material von dpa/dapd