Das Defizit muss von 12,7 auf unter drei Prozent sinken - und das bis zum Jahr 2012. Vor allem im öffentlichen Dienst stehen massive Einschnitte bevor.
Brüssel. Die EU-Kommission wird von Griechenland vorerst keine härteren Schritte zum Schuldenabbau verlangen als von der Regierung in Athen selbst beschlossen. Dies signalisierte Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia in einem Reuters-Interview am Montag in Brüssel. Die EU werde aber eine beispiellos engmaschige Überwachung des griechischen Sparplans einführen und zusätzliche Anstrengungen fordern, sobald die Regierung vom Konsolidierungspfad abweichen sollte. „Wir sagen den griechischen Verantwortlichen: Euer Stabilitätsprogramm hat ehrgeizige Ziele, und wir stimmen diesen ehrgeizigen Zielen zu“, sagte Almunia. Die Ziele seien erreichbar, gleichwohl bestehe die Gefahr von Rückschlägen.
Die Kommission werde Griechenland am Mittwoch auffordern, alle vorgeschlagenen Maßnahmen zur Kürzung der Ausgaben, Erhöhung der Staatseinnahmen und zu strukturellen Reformen in die Tat umzusetzen, erläuterte Almunia. Den von der Regierung vorgeschlagenen Termin, das Defizit von 12,7 Prozent im vergangenen Jahr bis 2012 unter die Grenze des Stabilitätspakts von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, nannte er „absolut notwendig“. Beim Kampf gegen die hohe Verschuldung werde die EU kein Nachlassen dulden. „Jedesmal, wenn wir ein Abweichen erkennen, werden wir zusätzliche Maßnahmen zum Ausgleich fordern.“
Almunias Sprecherin sagte, der Kommissar habe mit seinen Äußerungen das Vorgehen der Kommission klarstellen wollen. Am Wochenende hatte eine griechische Zeitung berichtet, die Kommission werde bei ihrer für Mittwoch erwarteten Empfehlung an Griechenland härtere Einschnitte fordern als die Regierung bisher plane. Die Regierung will bisher im öffentlichen Dienst Zuschläge kürzen, was nach Berechnungen der Gewerkschaften die Gehälter um bis zu vier Prozent senken würde. Die griechische Zeitung „Ta Nea“ hatte berichtet, die Kommission verlange einen stärkeren Rückgang der Nominallöhne im Staatssektor. Die Gewerkschaft hat aus Protest gegen die Einsparungen für Freitag zum Streik aufgerufen. Das ebenfalls hoch verschuldete Irland mutet seinen Staatsdienern Einbußen bis zu 15 Prozent zu.
Griechenland muss wegen der massiv gestiegenen Staatsverschuldung für seine Staatsanleihen inzwischen hohe Aufschläge bezahlen, um die Investoren für das Risiko eines Ausfalls zu entschädigen. Dies erschwert den Defizitabbau zusätzlich. Zudem wächst die Sorge, dass weitere Euro-Länder mit hohen Schulden wie Portugal, Spanien, Irland oder Italien an den Finanzmärkten unter Druck geraten und das den Bestand der Euro-Zone gefährden könnte. Am Montag beruhigte sich der Anleihemarkt etwas. Zehnjährige griechische Staatsanleihen mussten nur noch 3,36 Prozentpunkte mehr Rendite als deutsche Papiere bieten, nachdem der Aufschlag vergangene Woche einen Höchststand von 4,05 Prozentpunkten erreicht hatte.
Die EU-Kommission habe niemals zuvor bei einem Land einen derart strengen und engmaschigen Überwachungsprozess eingeführt, betonte Almunia. Die Empfehlung der Kommission sollen die EU-Finanzminister bei ihrem nächsten Treffen am 15./16. Februar in Brüssel verabschieden. Griechenland muss dann Mitte März erstmals einen Bericht über die Umsetzung vorlegen, Mitte Mai den nächsten und ab dann alle drei Monate die EU über seine Fortschritte bei der Konsolidierung informieren.
Das Sanktionsverfahren nach dem Stabilitätspakt wird im Fall Griechenlands verschärft, weil die konservative Vorgängerregierung sich nicht an Sparzusagen hielt. Der scheidende deutsche EU-Industriekommissar Günter Verheugen sagte, in der Kommission sei unter Führung des portugiesischen Christdemokraten Jose Manuel Barroso das wiederholte Versagen Griechenlands lange Zeit nicht diskutiert worden. „Es fällt mir schwer, zu glauben, dass die übergroße Rücksicht nichts damit zu tun hat, dass Griechenland in den letzten acht Jahren eine konservative Regierung hatte“, sagte Verheugen der Wirtschaftswoche.