42 Prozent der Unternehmen beklagen die Vergabepraxis, zeigt eine Umfrage von Bundesbank und Ifo-Institut. Auch Baufinanzierungen werden durch Aufschläge teurer.
Hamburg. Die Bundesbank schlägt Alarm: Firmen und Verbraucher kommen immer schwieriger an Kredite. Das geht aus einer Umfrage der Bundesbank hervor. "Die befragten Banken haben ihre Vergabekonditionen erneut in allen Geschäftsbereichen verschärft", sagt Madleen Petschmann von der Bundesbank. So seien die Standards für Unternehmenskredite über alle Unternehmenstypen und Fristen verschärft und die Margen kräftig ausgeweitet worden. Auch für das zweite Quartal erwarten die Umfrageteilnehmer eine weitere Verschärfung ihrer Richtlinien im Unternehmens- und Konsumentenkreditgeschäft.
Gestützt wird die Analyse der Bundesbank von Umfragen weiterer Institutionen. Viele Firmen in Deutschland kommen nach einer Umfrage des Ifo- Instituts trotz der Banken-Rettungspakete und massiver Liquiditätsversorgung durch die Europäische Zentralbank (EZB) immer noch schlecht an Kredite. 41,6 Prozent der Unternehmen klagten im April über die zurückhaltende Kreditpolitik der Banken. Damit hat sich der Wert gegenüber dem Vormonat zwar um 0,4 Prozentpunkte verringert. "Das ist aber noch keine Erholung", sagt Klaus Abberger vom Ifo-Institut dem Abendblatt. Was den Unternehmen noch bevorsteht, zeigt ein Vergleich mit der Vergangenheit: Im Jahr 2003, zum Tiefpunkt der letzten Krise, klagten nach dem Ifo-Barometer über 60 Prozent der Unternehmen über restriktive Kreditvergabe.
"Die Banken verlangen bei der Kreditvergabe mehr Sicherheiten und prüfen genauer", sagt Abberger. "Außerdem geben die Banken die Zinssenkungen nicht voll weiter, weil sie ihre Margen ausgeweitet haben." Nach seiner Einschätzung sind von einer zögerlichen Kreditvergabe große Unternehmen stärker betroffen als kleinere und mittlere. Da die Großunternehmen hohe Summen nachfragen, seien meist mehrere Banken an einem Kredit beteiligt. "Durch die Vertrauenskrise der Banken funktioniert dieses Zusammenspiel nicht richtig", sagt Abberger.
Die Handelskammer Hamburg beklagt, dass den Firmen aufgrund sinkender Umsätze die Kontokorrentkredite, eine Art Dispo für Unternehmen, gekürzt werden. "Doch die Kosten sinken nicht im gleichem Maß wie die Umsätze", sagt Gerhard Guter von der Handelskammer. Besonders betroffen sei das Transportgewerbe. Der AGA Unternehmensverband für Großhandel, Außenhandel und Dienstleistung beklagt neben Kürzungen der Kreditlinien "kreative Preisgestaltungselemente". "Immer häufiger versuchen die Kreditinstitute, durch Prämien für nicht in Anspruch genommene Teile der eingeräumten Kreditlinien ihre gestiegenen Liquiditäts- und Kapitalkosten auf ihre Firmenkunden abzuwälzen", sagt AGA-Präsident Hans Fabian Kruse.
Die Hamburger Sparkasse (Haspa) widerspricht einer restriktiven Kreditvergabe. "An unserer Vergabepraxis hat sich durch die Finanzkrise nichts geändert", sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. "Die Firmenkredite haben sogar leicht zugenommen." Besonders hoch sei die Nachfrage nach Baufinanzierungen. Auch die HypoVereinsbank vergibt in der Region Nord mehr Kredite. "Im ersten Quartal konnten wir das Kreditvolumen um weitere 100 Millionen Euro auf 4,7 Milliarden Euro ausweiten", sagt Carsten Dieck, Leiter des Firmenkundengeschäfts. Allerdings räumt er ein "markt- und risikoadäquates Pricing" ein, also höhere Konditionen für die Kreditnehmer.
Auch Privatkunden müssen mit schlechteren Kreditkonditionen rechnen. "Bei den Baudarlehen haben die Banken die Aufschläge kräftig erhöht, wenn über die Beleihungsgrenze hinaus finanziert werden muss", sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Die Beleihungsgrenze liegt meist zwischen 50 und 70 Prozent des Kaufpreises einer Immobilie. Da viele einen Eigenkapitalanteil von 30 oder gar 50 Prozent nicht aufbringen können, sind Aufschläge bei der Baufinanzierungskonditionen die Folge. Beim Dispositionskredit müssen Verbraucher trotz niedriger EZB-Leitzinsen hohe Zinsen von durchschnittlich 11,88 Prozent zahlen.