Auftakt für die Service-Aktion mit der Vereins- und Westbank: Sechs Experten und ihre Visionen vom Wohnen in Hamburg.

Hamburg. Der Hamburger Senat hat die Parole der wachsenden Stadt ausgegeben. Von derzeit rund 1,7 Millionen Einwohnern soll die Hansestadt in den kommenden Jahren auf mindestens zwei Millionen wachsen. Bis zu 25 000 Wohnungen könnten dafür in den nächsten zwölf Jahren allein im Stadtgebiet auf ausgewiesenen Wohnbauflächen neu entstehen. Wie wird angesichts dieser Herausforderung die Zukunft des Wohnens in Hamburg aussehen? Sechs Hamburger Experten diskutierten diese Frage bei der Auftaktveranstaltung zur großen Aktion "Wohnen in Hamburg - Schritt für Schritt zum Eigentum" von Vereins- und Westbank und Hamburger Abendblatt. "Wachstum darf für Hamburg nicht nur eine steigende Bevölkerungszahl bedeuten", sagte Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter. "Die Lebensqualität muss ebenfalls stimmen." Um diese zu verbessern, setzt er darauf, dass künftig vielfältiger gebaut wird: "Die Stadt muss mehr unterschiedliche Wohntypen anbieten, statt nur den gewöhnlichen Geschosswohnungsbau und Reihenhäuser", forderte er vor mehr als 200 Gästen aus der Hamburger Immobilienwirtschaft. "Um unsere Stadt attraktiver zu machen, müssen die Stadtplaner und Architekten noch stärker auf die veränderten Wohnvorstellungen der Menschen eingehen", forderte auch Architekt Alexander Guth von der Hamburgischen Architektenkammer. "Die Wohnformen sind heute viel komplexer geworden. Die Menschen wollen zum Beispiel Arbeiten und Wohnen verbinden oder sich in privaten Baugemeinschaften zusammenschließen", sagte er. Die Stadt fange bereits an, diese Form des gemeinschaftlichen Bauens und Wohnens zu fördern. Die wichtigsten Flächenreserven fürs Wohnen in der Zukunft liegen für Oberbaudirektor Jörn Walter in der HafenCity und südlich der Elbe: "Der Sprung über die Elbe ist sehr wichtig für die Flächenplanung", betonte er. "Wir dürfen über den Neubau aber nicht vergessen, dass wir auch den Wohnungsbestand der Stadt zukunftsfähig machen müssen", forderte Michael Sachs, Chef der städtischen Wohnungsgesellschaften GWG und SAGA mit zusammen 135 000 Wohnungen in Hamburg. "Wir investieren jedes Jahr 250 bis 300 Millionen Euro in die Modernisierung von 5000 bis 6000 unserer Wohnungen", sagte er. Ein Verzicht darauf wäre fatal, so Sachs: "Denn 95 Prozent der Wohnungen, die wir im Jahr 2015 nutzen werden, steht heute schon." Um die Modernisierungen zu finanzieren, sollen in den kommenden Jahren bis zu 10 000 Mietwohnungen den Mietern zum Kauf angeboten werden. "Wir legen immer öfter kleinere Wohnungen zu einer großen Wohnung zusammen, um sie zukunftsfähig zu machen", berichtete Andreas Ibel vom Bauverein zu Hamburg, Vermieter von mehr als 4000 Wohnungen. "Der Wohnflächenbedarf der Menschen ist in der Vergangenheit erheblich gestiegen." Ein durchschnittlicher Hamburger Haushalt lebt heute auf rund 78 Quadratmetern Wohnfläche. Dennoch gibt es neben ausreichend und attraktivem Platz zum Wohnen eine entscheidende Voraussetzung, um neue Bewohner nach Hamburg zu holen: Arbeit. "Das Bekenntnis des Senats zur wachsenden Stadt ist richtig. Doch wie Hamburg wachsen soll, ist in einigen Punkten noch nicht ausreichend geklärt. Einer davon ist, was die neuen Bewohner arbeiten sollen", sagte Stephan Schüller, Vorstandschef der Vereins- und Westbank. Um die sehr geringe Eigentumsquote in Hamburg von kaum mehr als 20 Prozent (vorletzter Platz unter allen Bundesländern vor Berlin) zu verbessern, forderte er zudem neue Formen des Immobilienerwerbs. "Der Kauf von Wohneigentum muss flexibler zu handhaben sein", so Schüller. Man müsse damit der wachsenden Mobilität der jungen Menschen entgegenkommen. "Ich könnte mir ein Fondsmodell vorstellen", sagte der Bankchef. Flexiblere Eigentumsmodelle könnten der Stadt, so die Stadtplanerin und -soziologin Ingrid Breckner von der TU Hamburg-Harburg, einen Bevölkerungszuwachs bescheren: "Schon heute würden viele Familien aus dem Hamburger Umland am liebsten wieder in die Stadt zurückziehen, doch sie werden ihr Eigenheim nicht los oder können sich in der Stadt einfach keines leisten."