Der Euro-Retter gerät jetzt unter Beschuss der Ratingagenturen. Das könnte Verunsicherung steigern. Ist das Urteil aber gerechtfertigt?
Frankfurt/Main. Deutschlands starke Schultern sind gefragt. Doch die Krise droht zur Belastung für Europas größte Volkswirtschaft zu werden. Der Ratingriese Moody’s droht dem Bund mit dem Entzug der Bestnote „Aaa“. Am Montagabend senkte die Agentur den Ausblick von „stabil“ auf „negativ“. Ein erster Warnschuss – mit welchen Folgen?
Inwiefern liegt Moody’s mit seinem Urteil richtig?
Klar ist: Je mehr Patienten am Tropf der Euroretter hängen, umso größer werden die Lasten für Deutschland. Europas größte Volkswirtschaft bürgt überproportional für die Hilfen. Jeweils gut ein Viertel des Risikos liegt bei Deutschland – sei es bei den Rettungsschirmen EFSF und ESM oder möglichen Ausfällen von Anleihen kriselnder Eurostaaten, welche die Notenbanken seit Mai 2010 kauften.
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Die Finanzierung der Südländer läuft seit Monaten zu einem großen Teil über Zentralbankgeld. Die Deutschen Bundesbank stellte in ihrem Jahresabschluss 2011 vorsorglich Milliarden für mögliche Zahlungsausfälle zurück. Zu den Hilfen für die Europartner kommen aktuell noch rund 31 Milliarden Euro, mit denen der Bund über den Bankenrettungsfonds Soffins Banken im eigenen Land stützt.
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Was muss Deutschland für die Euro-Rettung tatsächlich zahlen?
Seriös kann das niemand beziffern. Von den Geldern des Euro-Rettungsschirms EFSF sind bislang folgende verplant: Irland 17,7 Milliarden Euro (geflossen 12,0 Mrd Euro), Portugal 26,0 Milliarden Euro (geflossen 17,4 Mrd Euro) und Griechenland 179,6 Milliarden Euro (geflossen 108,9 Mrd Euro). Den deutschen Beitrag am EFSF beziffert die Bundesregierung aktuell auf 29,07 Prozent; beim Nachfolger ESM sollen es 27,15 Prozent sein.
Was bedeutet das konkret für Anleger und Steuerzahler?
Direkte Auswirkungen haben die Bemühungen der Eurostaaten zur Rettung ihrer gemeinsamen Währung nicht. Teuer wird das Ganze für den Steuerzahler erst, wenn ein Land pleitegeht und Kredite nicht mehr zurückzahlen kann. Dann wären große Geberländer wie Deutschland mehr als andere betroffen.
Bislang verdient der Bund mit den Stützungsmaßnahmen sogar Geld, zum Beispiel mit den Garantien, die der Rettungsfonds Soffin an Banken ausgegeben hat. Scheitert der Euro, könnten die Kosten noch höher sein: Eine Kosten-Nutzen-Analyse der Bank of America etwa kommt zu dem Schluss, dass Deutschland am stärksten unter einem Ende der Gemeinschaftswährung leiden würde.
Wo übertreiben die Bonitätsprüfer?
Während aktuell viele andere große Volkswirtschaften der Eurozone wie Italien und Spanien in einer schweren Krise stecken und die Wirtschaft im Währungsraum insgesamt immer mehr auf eine Rezession zusteuert, wächst die exportorientierte deutsche Wirtschaft munter weiter.
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Die Bundesbank geht davon aus, dass die heimische Konjunktur „im Frühjahr mit moderatem Tempo gewachsen“ ist . Für das Gesamtjahr erwartet die Notenbank unverändert ein Plus von 1,0 Prozent beim realen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte der „Rheinischen Post“ (Mittwoch): „Die deutsche Wirtschaft ist weiterhin strukturell in sehr guter Verfassung.“
Gibt es für die deutsche Stärke weitere Belege?
Bei Investoren ist Deutschland als sicherer Hafen weiterhin gefragt. Zuletzt warfen sie dem Bund das Geld quasi hinterher und akzeptierten sogar negative Zinsen für deutsche Staatspapiere. In der vergangenen Woche verdiente der Bund erstmals bei der mittelfristigen Schuldenaufnahme Geld. Eine Aufstockung einer zweijährigen Schatzanweisung ergab einen Effektivzins von minus 0,06 Prozent.
Welche Folgen hat das aktuelle Ratingurteil?
Die Kreditkosten für den Bund könnten steigen, die grundsätzliche Kreditwürdigkeit Deutschlands sehen Experten jedoch nicht gefährdet. „Die Finanzmärkte werden hierdurch von ihrer Einschätzung von Wertpapieren des Bundes als sicherem Hafen nicht abweichen“, kommentierte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Allerdings sei der Schritt von Moody’s „ein Signal dafür, dass auch die Schuldentragfähigkeit von Deutschland begrenzt“ sei.
„So wird Deutschland bei der Bewältigung der Staatsschuldenkrise nicht immer weiter Haftungsgarantien aussprechen können, ohne letztendlich seine eigene Bonität zu gefährden.“ Berenberg-Volkswirt Christian Schulz erwartet, dass es für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch schwerer werden wird, Mehrheiten für neue Sondermaßnahmen gegen die Krise zu bekommen: „Die bis jetzt sehr kleine Gruppe von Rebellen in der Koalition dürfte größer werden.“