Bislang hatte Deutschland die Bestnote “Aaa“. Doch die Krisenkosten für Athen und Madrid gefährden die führende Volkswirtschaft Europas.

Berlin/London. Die Einschläge in der Euro-Schuldenkrise kommen immer näher: Der Stabilitätsanker Deutschland droht sein Spitzenrating zu verlieren. Auch die Top-Bonität der Niederlande und Luxemburgs sind gefährdet. Die Ratingagentur Moody’s senkte am späten Montagabend den Ausblick für Deutschland und die beiden Nachbarn von stabil auf negativ. Dies kann der erste Schritt auf dem Weg zu einer Abstufung der Kreditwürdigkeit sein.

Eine schlechtere Note kann zu steigenden Zinsen bei der Schuldenaufnahme führen. Denn Investoren müssen von einer höheren Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass sie ihr Geld nicht wiedersehen.

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+++ Moody’s senkt Ausblick für Deutschland auf "negativ" +++

Bislang besitzen alle drei Länder die Bestnote von „Aaa“. Das Bundeswirtschaftsministerium kritisierte die Entscheidung und verwies auf die stabilen Konjunkturaussichten. An der Börse ging es zunächst weiter bergab, allerdings weniger stark als in den vergangenen Tagen.

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Unterdessen trafen die Experten von Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission am Dienstag in Athen zu den entscheidenden Prüfungen der Sparfortschritte seit Ausbruch der Euro-Schuldenkrise ein. Griechenland ist akut von einer Pleite bedroht.

Als Grund für die Überprüfung der drei Ratings nannte Moody’s die steigende Unsicherheit über den Ausgang der Schuldenkrise. Es sei immer wahrscheinlicher, dass Griechenland die Eurozone verlassen müsse, schrieben die Experten. Selbst wenn dies nicht passiere, sei davon auszugehen, dass Länder wie Spanien und Italien weitere Hilfen bräuchten. Vermutlich müssten dann die Staaten mit einer sehr guten Bonität die neuen Hilfen schultern.

Deutschland und die anderen wirtschaftlich starken Länder der Eurozone haben den schwächeren Partnern bereits unter die Arme gegriffen. Die Hilfen könnten sich nun als Bumerang erweisen, weil sie die Haushalte zu belasten drohen und den finanziellen Spielraum für die Regierungen einschränken.

Im Falle Deutschland verwies Moody’s auch auf die „Verwundbarkeit des Bankensystems“. Die deutschen Kreditinstitute seien stark in den Problemstaaten engagiert und könnten Rückschläge angesichts ihrer mauen Gewinne nur schlecht abfedern. In der vergangenen Finanzkrise hatte der Staat die Hypo Real Estate auffangen müssen und war bei der Commerzbank eingestiegen.

„Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum in Deutschland sind solide“, betonte das Bundesfinanzministerium in einer ersten Reaktion. Deutschland erwarte ab 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die Kapitalisierung des Bankensektors habe sich deutlich verbessert.

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„Auch an den internationalen Finanzmärkten ist das Vertrauen in Deutschland hoch; dies spiegelt sich in den niedrigen Refinanzierungskosten deutscher Anleihen wider“, betonte das Ministerium.

Moody’s habe vor allem die kurzfristigen Risiken in den Vordergrund gestellt, „während längerfristige Stabilisierungsaussichten unerwähnt bleiben“, kritisierte das Ministerium noch in der Nacht. Die genannten Risiken in der Eurozone seien auch nicht neu.

Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker bekräftigte das Bekenntnis zur Stabilität der Eurozone „als Ganzes“. Juncker hob hervor, dass die Ratingagentur die erstklassige Benotung Deutschlands, der Niederlande und Luxemburgs bestätigt habe. Geändert wurde vorerst nur der Ausblick auf negativ.

Bei Deutschland und den anderen Ländern dürfte ein Verlust des Spitzenratings in erster Linie einen erheblichen Imageschaden bedeuten. Moody’s ist neben Standard & Poor’s und Fitch nur eine der großen Ratingagenturen. Investoren reagieren in der Regel erst, wenn zwei der drei großen Ratingagenturen ihre Bewertung zurückgenommen haben – und selbst dann müssen die Refinanzierungskosten nicht zwingend steigen.

Moody’s hatte bereits im Februar den Ausblick für Österreich und Frankreich auf negativ gesetzt. Noch haben beide Länder aber ihr „Aaa“. Das finnische Spitzenrating sieht Moody’s nach der Mitteilung vom Montag weiterhin ungefährdet.

Innerhalb Europas gilt Deutschland als sicherer Hafen und entsprechend niedrig sind die Kreditzinsen. Zuletzt hatten Investoren Deutschland das Geld nahezu hinterher geworfen. Auch die führende Ratingagentur Standard & Poor’s hatte Deutschlands Topbonität zwischenzeitlich auf den Prüfstand gestellt, die Note letztlich aber nicht angetastet.

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Dagegen haben die USA ihre Bestnote bei S&P bereits verloren – und können sich dennoch zu sehr niedrigen Zinsen frisches Geld leihen. Ein Grund dafür ist, dass viele Investoren angesichts der Schuldenkrise in Europa nicht wissen, wohin mit ihren Milliarden.

Steigende Sorgen um eine Verschlimmerung der Schuldenkrise hatten zu Wochenbeginn für Kursrutsche an den internationalen Finanzmärkten gesorgt. Die drohende Herabstufung von Deutschland, Niederlande und Luxemburg belastete die Märkte am Dienstag zunächst weiter. Die Anleger reagierten nervös. Der Euro hielt sich knapp über der Marke von 1,21 US-Dollar.