Tourismus lahmt. Die Insel sucht neue Jobmotoren. Baubeginn für Hafen, von dem aus Windkraftanlagen in der Nordsee versorgt werden sollen.
Hamburg. Die deutsche Nordseeinsel Helgoland gehört schon jetzt zu den Profiteuren der Energiewende. Nachdem große Stromerzeuger wie RWE, E.on und der Windanlagenbetreiber WindMW die Insel als Servicestützpunkt für drei bis zum Jahr 2015 in der Nordsee zu bauende Windparks mit zusammen mehr als 200 Anlagen auserkoren haben, kann diese auf einen neuen Aufschwung hoffen. Das ist auch bitter nötig. Die Zeiten, in denen pro Jahr 500.000 bis 800.000 Besucher kamen, oftmals auch wegen des auf Helgoland möglichen Duty-free-Einkaufs von preiswerten Zigaretten und Alkohol, sind längst vorbei. Inzwischen finden nur noch rund 300.000 Gäste pro Jahr mit dem Schiff oder dem Flugzeug auf Deutschlands einzige Hochseeinsel, deren Einwohnerzahl auf 1300 geschrumpft ist. Denn mangels verfügbarer Arbeitsplätze haben bereits viele Insulaner ihre Heimat verlassen und sind aufs Festland gezogen.
Dieser Abwärtstrend soll nun gestoppt werden. Am Freitag drückte der Helgoländer Bürgermeister Peter Singer den symbolischen Knopf zum Bau eines Offshore-Hafens für die Windindustrie. Rund 28 Millionen Euro werden investiert, mehr als 30.000 Quadratmeter Fläche saniert. Auf rund 10.000 Quadratmetern sind drei Gebäude mit Werk- und Lagerhallen für die Branche geplant. An der Kaikante des Südhafens werden zudem zehn Bootsanlegeplätze geschaffen.
+++ Erster Spatenstich für Offshore-Servicehafen auf Helgoland +++
"Das ist ein wichtiger Meilenstein für Helgoland", sagte Singer im Beisein von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsstaatssekretär Frank Nägele und Oliver Stolz, dem Landrat des Kreises Pinneberg, zu dem Helgoland gehört. Rund 150 Arbeitsplätze werden geschaffen, für Techniker, die die 25 bis 35 Kilometer von Helgoland entfernten Parks warten. Mit dem Strom, den alle 200 Windmühlen insgesamt produzieren werden, kann künftig ein mittelgroßes Kernkraftwerk ersetzt werden.
Helgoland wird die erste Offshore-Insel der Welt. Schon jetzt sind die positiven wirtschaftlichen Folgen zu spüren. Für die 150 Techniker, die meist nur zeitweise auf der Insel wohnen, benötigen die Energiefirmen Unterkünfte. So lässt der Stromkonzern RWE derzeit zwei Häuser bauen, die Platz für 30 Monteure bieten. WindMW hat ab Januar 2013 das Design-Hotel Atoll mit seinen 50 Zimmern und Suiten komplett und auf die Dauer von zehn Jahren gepachtet. E.on mietet zwei Aparthotels für die Beschäftigten.
Helgoland hofft, dass weitere Energiekonzerne die Insel als Basis für Windprojekte entdecken. Zudem wird damit gerechnet, dass sich Zulieferfirmen der Windbranche mit Filialen ansiedeln werden. Singer plant sogar, nach Inbetriebnahme der Anlagen Touristen per Schiff zu den Parks auf hoher See zu bringen. Zu sehen sein wird einiges, schließlich handelt es sich um gigantische Masten mit einem Durchmesser der Rotoren von bis zu 126 Metern.
Auch in der eigenen Energieversorgung setzt die Insel auf regenerative Quellen. Gemeinsam mit dem Versorger E.on Hanse wollen sich die Versorgungsbetriebe Helgoland ab dem Jahr 2015 unabhängig vom Mineralöl machen. Dann soll der Strom von zwei Windkraftanlagen auf der Insel zur Wärmeerzeugung in Elektrokesseln genutzt werden. So können mehr als zwei Millionen Liter Heizöl pro Jahr und damit erhebliche Mengen an Kohlendioxid eingespart werden. Der bislang genutzte Öltank wird zum Wärmespeicher umgebaut und dient zur Zwischenspeicherung der durch Wind erzeugten Wärme. Rund zehn Millionen Euro werden in das Projekt WindWärme investiert. "Das ist der nächste Schritt zu einer hundertprozentig grünen Urlaubs-Energie-Insel", so Singer.