Am Dienstag will die Regierung einen neuen Kurs erläutern. Bis zum Jahr 2013 fehlen 33 Milliarden Euro, um das EU-Defizitziel zu erreichen.
Paris. Der französische Rechnungshof warnt Frankreich. Wegen wegbrechender Steuereinnahmen droht das Land seine Ziele im Kampf gegen die hohe Staatsverschuldung zu verfehlen. Die Behörde teilte am Montag mit, dass der neue sozialistische Präsident Francois Hollande wegen eines schwächeren Wirtschaftswachstums allein in diesem Jahr im Haushalt zwischen sechs und zehn Milliarden Euro zusätzlich einsparen müsse, um die Schuldenlatte von 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung 2012 nicht zu reißen. Im nächsten Jahr müssten dann sogar 33 Milliarden Euro an Staatsausgaben gekürzt werden, um das geltende EU-Defizitziel von 3,0 Prozent zu erreichen. Der Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst ist dem Rechnungshof zufolge unumgänglich, wenn die Regierung in der Lohnpolitik etwas Spielraum haben will. Hollande hatte im Wahlkampf Tausende neuer Lehrerstellen versprochen.
„2013 ist ein entscheidendes Jahr. Die finanzielle Situation wird sehr schwierig sein, schwieriger als erwartet“, sagte Didier Migaud, Chef des Rechnungshofes. „Es werden noch nie da gewesene Einschnitte bei den Ausgaben nötig sein sowie Steuererhöhungen.“ Die Lücken sind den Angaben nach vor allem dem geringeren Wachstum geschuldet: In diesem Jahr erwartet der Rechnungshof nun nur noch 0,4 Prozent statt 0,7 Prozent. Für
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2013 schraubten die Experten ihre Erwartungen auf 1,0 Prozent von zuvor 1,75 Prozent zurück. Finanzminister Pierre Moscovici sagte in einem Zeitungsinterview, die Regierung werde ihre Wachstumsprognose am Mittwoch ebenfalls zurücknehmen und zwar auf mindestens 0,4 Prozent von 0,7 Prozent. Auch für 2013 muss die Regierung ihre Prognose anpassen. „Jeder weiß, dass wir 2013 die 1,7 Prozent nicht erreichen werden“, sagte Moscovici dem „Figaro“. Ein bis 1,3 Prozent seien weitaus realistischer, sagte er.
Hollande hatte den Kassensturz beim Rechnungshof direkt nach seiner Amtsübernahme angeordnet. Dieser stellte klar, es seien keine „Leichen im Keller“ von Hollandes Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy gefunden worden. Die schwierige Lage ist vor allem der lahmenden Konjunktur geschuldet. Nichtsdestotrotz steht Hollande damit nur sieben Wochen nach seinem Wahlsieg vor der schweren Aufgabe, seine Wahlkampfversprechen zu mehr Wachstum und Beschäftigung mit den Sparverpflichtungen zu vereinbaren. Bereits die Erhöhung des Mindestlohnes zum 1. Juli fiel zur Enttäuschung vieler moderater aus als erhofft.
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Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault will den Kurs der neuen Regierung am Dienstag in einer Rede erläutern. Ayrault hatte seinem Kabinett bereits vergangene Woche eröffnet, ab nächstem Jahr sollen die Ausgaben erst einmal eingefroren werden, mit wenigen Ausnahmen.
Die gesenkte Konjunkturprognose sowie die Änderungen am Haushalt sollen dem Kabinett am Mittwoch vorgelegt werden. Dann sollen auch erste Maßnahmen zur Sanierung der Staatsfinanzen im Volumen von 7,5 Milliarden Euro beschlossen werden. Dazu zählen nach Angaben aus Regierungskreisen eine Anhebung der Vermögenssteuer, neue Abgaben für Banken sowie die Abschaffung steuerlicher Ausnahmefälle. Die Gesetzesmaßnahmen zur Haushaltssanierung sollen noch im Juli vom Parlament verabschiedet werden. (Reuters)