In Deutschland ist der Verkauf einer insolventen Werft kein Selbstgänger. Dennoch gelang es dem Insolvenzverwalter der Sietas-Gruppe.

Hamburg. Die Hamburger Sietas-Gruppe, Deutschlands älteste Werft, wird zerschlagen. Die drei Einzelbetriebe werden jedoch von Investoren aus der Schiffbaubranche übernommen. Die Einzelangebote für die drei Unternehmen der Sietas-Gruppe seien in der Summe höher als das eine abgegebene Gesamtangebot, berichtete Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann am Donnerstag in Hamburg. „Der Insolvenzverwalter muss immer nach dem höchsten Preis entscheiden“, ergänzte er. Brinkmann zeigte sich dennoch sehr zufrieden, dass die Betriebe mit industriellen Partnern weiterarbeiten können.

Die Neubauwerft: Die Sietas-Werft soll an die niederländische Veka-Gruppe gehen. Ihr Verkauf sei der schwierigste gewesen, berichtete der Insolvenzverwalter. Von den 400 Arbeitsplätzen könnten angesichts der Auftragslage rund 300 erhalten bleiben und die 30 Auszubildenden übernommen werden. An 40 Mitarbeitern ist die Bremer Lürssen-Werft interessiert. Die Arbeitnehmervertreter hoffen, dass Veka auch die übrigen 60 doch noch übernimmt. Diese 1988 gegründete Gruppe baut Gas- und Chemie-Tanker, Luxusjachten und Schwimmpontons. Mehr als 200 Schiffe hat das Unternehmen seit 1995 zu Wasser gebracht. Nach Angaben des Insolvenzverwalters schreibt es bei Umsätzen zwischen 300 und 500 Millionen Euro jährlich Gewinn.

+++ Sietas-Unternehmensteile werden einzeln verkauft +++

Die Reparaturwerft: Die Bremer Lürssen-Gruppe (1400 Mitarbeiter, spezialisiert im Jachtbau, wird die Norderwerft mit 94 Mitarbeitern übernehmen – und gegebenenfalls 40 weitere von der Neubau-Werft.

Die Neuenfelder Maschinenfabrik (NMF): Zwei Bieter aus Korea sowie Europa seien noch in einem Kopf-an-Kopf-Rennen um die Neuenfelder Maschinenfabrik (NMF) mit 134 Mitarbeitern. Wer hier den endgültigen Zuschlag erhält, solle sich in den nächsten vier Wochen entscheiden, berichtete der Insolvenzverwalter.

+++ Mehrere Bewerber für Sietas-Werft +++

+++ "Holzstoffel" - Der letzte Tischler aus der Sietas-Werft +++

Aus den Verkäufen der Norderwerft und der NMF sollen jeweils zweistellige Millionenbeträge die Kasse des Insolvenzverwalters füllen. Diese Mittel fließen an die Gläubiger, die beispielsweise Hypotheken auf Grundstücke bereitgestellt hatten. Außerdem soll daraus auch Geld zur weiteren Modernisierung der Sietas-Werft fließen.

Bei der 1635 gegründeten Werft hatte Familieneigner Hinrich Sietas zu lange am Containerschiffbau festgehalten. 2009 gab er das Ruder an Geschäftsführer Rüdiger Fuchs ab, der die in den roten Zahlen steckende Werft auf moderne Produktionsverfahren und den Spezialschiffbau umstellte. „Dieses Ziel haben wir erreicht“, sagte Fuchs. Der frühere Airbus-Manager wird das Unternehmen verlassen.

Aktuell wird in Neuenfelde das erste in Deutschland entwickelte Errichterschiff für Offshore-Windenergieanlagen gebaut. Der niederländische Auftraggeber Van Oord versicherte am Donnerstag in Hamburg, ein zweites Schiff zu bestellen, wenn die Verträge mit dem neuen Eigner abgeschlossen seien und das aktuelle Preisniveau gehalten werde.

Das Insolvenzverfahren über die Sietas-Werft war Anfang Februar 2012 eröffnet worden. Im November 2011 hatte das Traditionsunternehmen Insolvenz angemeldet. Seit damals sind 350 Arbeitsplätze gestrichen worden. 2008, als die Werft in den Strudel der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise mit ihren negativen Folgen für die internationale Schifffahrt geriet, waren auf den Docks noch fast 1000 Mitarbeiter beschäftigt. (dpa)