Der Commerzbank-Chef geht davon aus, dass Deutschlands zweitgrößte Bank die Anforderungen der EU-Bankenaufsicht EBA erfüllen kann.

Frankfurt/Berlin. Berechtigte Zuversicht oder einfach nur Trotz? Commerzbank-Chef Martin Blessing geht weiter davon aus, dass das Geldhaus die Kapitalanforderungen der EU-Bankenaufsicht EBA aus eigener Kraft schafffen kann. "Wir haben doch gesagt, wir werden das aus eigener Kraft schaffen. Im Moment gibt es keinen Grund, an irgendeiner meiner Äußerungen etwas zu ändern“, sagte Blessing am Dienstagabend.

Die neuen Kapitalanforderungen der EU drohen für Commerzbank zu einer Mammutaufgabe zu werden. Deutschlands zweitgrößter Bank fehlen wahrscheinlich rund fünf statt der bisher erwarteten 2,9 Milliarden Euro Eigenkapital, um bis Mitte nächsten Jahres auf die geforderte Quote von neun Prozent zu kommen, wie mehrere mit den Zahlen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters zuvor gesagt hatten.

Wegen der Sorge um die Kernkapitalquote waren die Aktien der Commerzbank am Dienstag drastisch gefallen : Zum Handelsschluss an der Frankfurter Börse waren die Papiere der Bank nur noch etwas mehr als einen Euro wert.

+++ Kapitalloch der Commerzbank wird immer größer +++

"Ich bin nicht bereit, mich auf Vorrat zu rasieren“, ergänzte Blessing. Man müsse abwarten, welche Kapitalanforderungen die EBA am Ende tatsächlich stellen werde. Die Chance für Vertrauen am Markt zu sorgen, habe die EBA hinter sich gelassen.

Um die Auflagen zu erfüllen, will Blessing früheren Angaben zufolge die Bilanzrisiken im kommenden halben Jahr drastisch herunterfahren - möglicherweise um bis zu 20 Prozent, wie Insider betonten. Ob das gelingt, bezweifeln Experten.

Commerzbank-Aktien nur noch etwas mehr als einen Euro wert

Am Dienstag fiel die Commerzbank-Aktie binnen weniger Stunden um 15 Prozent auf 1,15 Euro. Verlierer des Tages war damit der deutsche Staat, der über den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) weiter 25 Prozent und eine Aktie an der Commerzbank hält. Doch nicht nur das: Sollte sich bewahrheiten, was Marktgerüchte vermuten lassen, wird der Staat der Commerzbank ein zweites Mal auf die Füße helfen müssen.

Den Grund für den heftigen Absturz der Aktie sahen Analysten in Berichten zum Kapitalbedarf der Commerzbank, nachdem die EU-Regierungschefs sich vor einigen Wochen in Brüssel darauf verständigt hatten, von den Banken in Zukunft eine Kernkapitalquote von neun Prozent zu verlangen. Das schürte nun die Angst, dass die Commerzbank nicht nur rund drei Milliarden neues Kapital braucht, wie sie vor kurzem selbst angegeben hatte, sondern ganze fünf Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Wert aller Commerzbank-Aktien belief sich am Ende des Börsentages auf insgesamt gerade 6,93 Milliarden Euro.

"Es sind natürlich Gerüchte, die jetzt aufgekommen sind“, sagte Independent-Research-Analyst Stefan Bongart in Frankfurt. Die große Wirkung hätten sie nur entfaltet, weil schon vorher klar war, dass "die Commerzbank es schwer haben wird, aus eigener Kraft bis Mitte nächsten Jahres eine Kernkapitalquote von neun Prozent zu erreichen“.

Bank wird wohl weiter am Tropf hängen

Ein weiterer Frankfurter Analyst sagte: "Wenn sich das als richtig herausstellt, wird die Commerzbank weiter am Tropf des Soffin hängen.“ Er sieht vor allem die Tochter Eurohypo als Problem, die sich besonders stark in hoch verschuldeten Ländern wie Griechenland engagiert hatte. Vor einigen Wochen hatte die Commerzbank deshalb das Neugeschäft der Eurohypo eingefroren und prüft angeblich eine Auslagerung der kritischen Anlagen.

Ein Sprecher der Commerzbank wollte die Berichte auf Anfrage nicht kommentieren. Im dritten Quartal hatte die Commerzbank einen Betriebsverlust von 855 Millionen Euro eingefahren. Schuld daran waren vor allem Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen in Höhe von rund 800 Millionen Euro. Die Konzernleitung hatte daraufhin eine Verschlankung der Bank angekündigt.

Seit Juni 2009 ist der deutsche Staat über den Soffin mit 25 Prozent plus einer Aktie an der Commerzbank beteiligt. Das Institut war wegen der Übernahme der Dresdner Bank in der globalen Finanzkrise nach der Lehman-Pleite ins Trudeln geraten und konnte nur mit Hilfe des Bundes überleben.

Mit Material von rtr und dapd