Als “Herr der Zahlen“ beim Handelskonzern Metro genießt Olaf Koch in der Finanzgemeinde einen guten Ruf. Jetzt ist er der Boss des Konzerns.

Düsseldorf. Nach langen Ränkespielen und erbittertem Streit im Aufsichtsrat hat der Handelsriese Metro einen neuen Vorstandschef gefunden. Der 41-jährige Finanzchef Olaf Koch solle zum 1. Januar 2012 an die Konzernspitze wechseln, teilte Metro am Freitag mit. Koch, gegen den vor allem aus Kreisen des Arbeitnehmerlagers im Aufsichtsrat Vorbehalte geäußert worden waren, tritt sein Amt aber mit einer Hypothek an: Aus dem Umfeld des Aufsichtsrats und des Unternehmens erfuhr Reuters, dass Koch nur mit einer denkbar knappen Mehrheit in sein Amt gewählt wurde: Der neue Aufsichtsratschef Franz Markus Haniel habe sein doppeltes Stimmrecht einsetzen müssen, um Koch durchzudrücken. Ein Haniel-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.

Der Poker um den Chefposten hatte bis kurz vor Beginn der entscheidenden Aufsichtsratssitzung angedauert – denn im Lager der Arbeitnehmer stieß Koch auf Skepsis. Dort waren Stimmen für Joel Saveuse laut geworden, der im Metro-Vorstand unter anderem für die Supermarktkette Real zuständig ist. Saveuse habe aber auf eine Kandidatur verzichtet, bestätigte Metro Reuters-Informationen. Die Aufseher setzten sich auf ihrer Sitzung auch mit milliardenschweren Verkaufsplänen auseinander: Der Stand der Verkaufsgespräch für die Warenhaustochter Kaufhof wurde erörtert.

„Wir freuen uns, mit Olaf Koch einen Vorstandsvorsitzenden gefunden zu haben, der für einen rechtzeitigen Generationswechsel und damit für Nachhaltigkeit in der Führung steht“, sagte der neue Aufsichtsratschef Haniel. Der Aufsichtsrat habe durch die Entscheidung die Voraussetzung geschaffen, dass die Metro ihren „Wachstumskurs fortsetzen kann“. Haniel danke zugleich Saveuse für seinen Verzicht - dieser habe „das Wohl des Gesamtunternehmens in den Mittelpunkt gestellt“ und damit eine Lösung ermöglicht.

„Der Druck, dass im Sinne des Unternehmens endlich eine Entscheidung fällt, ist immens“, hatte ein Eingeweihter vor der Sitzung gesagt. Koch wurde den Kreisen zufolge dann auch tatsächlich in einer Kampfabstimmung berufen. Zunächst hatte es bei der Metro über Monate eine auch in der Presse ausgetragene, für einen Dax-Konzern ungewöhnlich offene Schlammschlacht gegeben um eine Verlängerung des im kommenden Jahr auslaufenden Vertrags von Metro-Chef Eckhard Cordes. Die Konsequenz: Cordes will die Metro verlassen, wie er im Oktober ankündigte. Auch Metro-Aufsichtsratschef Jürgen Kluge blieb auf der Strecke. Franz Markus Haniel ist nun sein Nachfolger an der Spitze des Metro-Aufsichtsrats.

Im Aufsichtsrat hinterließ der Machtkampf zwischen den Großaktionären und auch mit Arbeitnehmervertretern tiefe Gräben. Es gab ein Patt zwischen den Anhängern Kochs und des Franzosen Saveuse. Der erst 41-jährige Betriebswirt Koch hatte wie Cordes beim Autokonzern Daimler gearbeitet und war dann im September 2009 vom Finanzinvestor Permira nach Düsseldorf gewechselt. Dort hatte er zusammen mit Cordes das Sparprogramm Shape durchgeboxt - das im Lager der Arbeitnehmer auf teils erbitterten Widerstand stieß.

Auf der Kapitalseite konnte Koch indes Anhänger sammeln - sie versprechen sich von ihm nicht zuletzt einen raschen Verkauf der Warenhauskette Kaufhof. Saveuse wiederum verfügte über Anhänger im Lager der Arbeitnehmer. Er war vom Konkurrenten Carrefour zunächst als Chef zur Metro-Tochter Real gewechselt, seit April 2008 sitzt er im Metro-Vorstand. Saveuse hatte unter anderem ohne größeren Theaterdonner das einstige Sorgenkind Real wieder in die Spur gebracht – das Cordes ebenfalls zur Disposition gestellt hat. Koch muss nun auch das Arbeitnehmerlager befrieden: Die Gewerkschaft Verdi hatte sich offen dafür ausgesprochen, dass ein neuer Metro-Chef ein Manager sein solle, der den Handel und nicht nur Zahlen kenne. Nun werde hoffentlich wieder Ruhe bei Metro einkehren, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi am Abend.

Erörtert wurde bei dem Treffen auch der Verkauf der Warenhaustochter Kaufhof. Der österreichische Investor Rene Benko mit seiner Signa-Holding habe im Verkaufsprozess um den Kaufhof die Nase klar vorn, hatte es geheißen. Es gebe im Aufsichtsrat auch Stimmen, die sich für einen „breiteren Blick„ auf das Bewerberfeld bei Kaufhof aussprächen, hieß es weiter. Unter anderem bietet auch Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen für Kaufhof. Cordes selbst sagte bei einem Besuch in Berlin lediglich, der Vorstand spreche mit mehreren Parteien. Details wolle er nicht nennen. Benko selbst setzt auf einen schnellen Abschluss: „Sollten wir Metro überzeugen können, dann könnte die Entscheidung bei der Metro-Aufsichtsratssitzung am 16. Dezember erfolgen“, sagte er der österreichischen Zeitung „Kurier„ (Samstagsausgabe).