In der Eurozone hält sich die Inflationsrate im Oktober wie im September noch immer auf einem deutlich erhöhten Niveau von 3,0 Prozent.

Brüssel. Eine Inflationsrate deutlich über dem Sollwert und immer schlechtere Konjunkturprognosen für das Euroland: Die Europäische Zentralbank (EZB) steckt in der Bredouille. In der Eurozone hielt sich die Inflationsrate im Oktober wie im September auf ihrem deutlich erhöhten Niveau von 3,0 Prozent, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Montag in Luxemburg auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilte. Derweil traut die OECD der Eurozone wegen der grassierenden Schuldenkrise 2012 nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent zu, nach 2,0 Prozent noch im Mai.

Beim Preisauftrieb hatten Volkswirte mit einer leichten Abschwächung des Preisauftriebs auf 2,9 Prozent gerechnet. Dieser liegt seit Monaten deutlich über der Zielmarke der EZB, die mittelfristig nur dann keine Gefahr für die Preisstabilität sieht, wenn die Inflationsrate unter der Warnschwelle von zwei Prozent liegt. Eine Zinserhöhung als Mittel dagegen wird gleichwohl nicht erwartet – sondern wegen der prekären Konjunktur eher das Gegenteil. Für die Zinssitzung des EZB-Rates an diesem Donnerstag erwarten Ökonomen zwar noch keine Zinssenkung. Dennoch wird mit Spannung auf die Sitzung gewartet: Schließlich ist es die erste unter der Leitung des neuen EZB-Präsidenten Mario Draghi.

+++ Deutsche Inflation auf Dreijahreshoch +++
+++ Taumelnder Riese? Chinas Wirtschaft wächst langsamer +++

Der Italiener übernimmt den Posten von dem Franzosen Jean-Claude Trichet, dessen Amtszeit am Montag nach acht Jahren an der Spitze der Frankfurter Notenbank endete. Ökonomen debattieren bereits darüber, mit welchen Instrumenten die Euro-Hüter unter Draghis Führung künftig in der Schuldenkrise aufwarten werden. Im Zentrum steht die Frage, ob die EZB weiter wie unter Trichet in großem Stil Anleihen europäischer Schuldenstaaten ankauft.

Ökonomen, wie die Volkswirte der Commerzbank, weisen auf Stimmen aus dem EZB-Rat hin, denen zufolge das Augenmerk derzeit vor allem der Liquiditätssituation der Banken gilt. Derzeit nähern sich die eintägigen Einlagen der Geschäftsbanken bei EZB wieder ihrem Jahreshöchststand. Sie legten am Montag deutlich von 218,1 Milliarden Euro auf 248,1 Milliarden Euro zu, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Die Einlagen und Ausleihungen der Banken bei der EZB gelten als Indikator für das Misstrauen der Institute untereinander. Hintergrund der aktuellen Spannungen ist die europäische Schuldenkrise, in die die Institute wegen ihrer starken Engagements in Staatsanleihen verstrickt sind.

Derweil zeigen Schuldenkrise und der Sparkurs in vielen Euroländern immer stärkere Schleifspuren in der Wirtschaft. Eurostat schätzt die Zahl der Erwerbslosen im Euroraum auf derzeit rund 16,198 Millionen Menschen. Das sind 188 000 mehr als im Vormonat und 329 000 mehr als vor einem Jahr. Angeführt wird die Negativliste von Griechenland und Spanien.

Nach Einschätzung der Industriestaaten-Organisation OECD entwickelt sich die Wirtschaft des Eurolandes noch schwächer als bislang befürchtet. Hintergrund der düsteren Aussichten in Europa ist nach Angaben der OECD vor allem die Staatsschuldenkrise: „Ein Großteil der derzeitigen Schwächephase ist auf einen generellen Vertrauensverlust in die Fähigkeit der Politik zurückzuführen, angemessene Antworten zu platzieren“, kommentierte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris.