Hewlett-Packard bleibt im Computer-Geschäft. Der angedachte Ausstieg wäre zu teuer, teilt die neue Konzernchefin Meg Whitman mit.

New York. Rolle rückwärts für den Computer-Hersteller Hewlett-Packard. Der weltgrößte Computerhersteller revidiert seine Pläne aus dem PC-Geschäft auszusteigen und besinnt sich wieder auf seine Kernkompetenz: Computer bauen. Erst vor zwei Monaten kündigte der US-Konzern den Ausstieg an. Die komplette PC-Sparte sollte abgespalten oder verkauft werden. Die neue Konzernchefin Meg Whitman begründet den neuerlichen Umschwung mit zu hohen Kosten. "Das wäre zu teuer geworden", sagte sie am Donnerstag. Whitman revidiert somit die Umbaupläne ihres erfolglosen Vorgängers, Léo Apotheker. Dessen Mitteilung hatte den Aktienkurs in die Tiefe gerissen und den personellen Umbau der Konzernspitze befördert. Apothekers Plan: Er wollte den Konzern mehr auf Sotwareentwicklung trimmen. Allerdings: Seine Entscheidung, die Tablets und Smartphones mit dem Betriebssystem webOS einzustampfen, bleibt bestehen.

+++ Leo Apotheker: Der Rausschmiss +++
+++ HP prüft Verkauf der Computersparte +++

„HP steht zur Personal Systems Group“, betonte Whitman am Firmensitz im kalifornischen Palo Alto – dieser Geschäftsbereich PSG umfasst Produktion und Vertrieb von PCs. „Zusammen sind wir stärker.“ Die Prüfung sei klar zugunsten der Beibehaltung des Geschäfts ausgefallen, sagte die einstige Ebay-Chefin. Als sie zuvor noch im Verwaltungsrat saß, stimmte sie allerdings Apothekers Plänen vollends zu. Nach aktueller Überzeugung des Managements ist das PC-Geschäft aber zu eng mit allen anderen Sparten verzahnt, als dass eine Trennung sinnvoll wäre. „Es hat sich am Ende auch gezeigt, dass die Kosten für den Aufbau eines eigenständigen Unternehmens jegliche Vorteile einer Abspaltung zunichte gemacht hätten“, argumentierte Whitman. Tatsächlich, die Herauslösung der PC-Sparte häte dem Konzern wohl einmalige Kosten von 1,5 Milliarden Dollar verursacht. Weitere Kosten: HP müsste jedes Jahr eine Milliarde mehr für Bauteile zahlen, weil die Preisvorteile eines Großeinkäufers wegfallen.

Die Computer-Sparte ist mit etwa einem Drittel des Konzernumsatzes die größte bei HP. Sie arbeitet zwar profitabel, allerdings sind die Margen verhältnismäßig klein und neue Geräte wie Tablet-Computer oder Smartphones machen den klassischen Rechnern zunehmend Konkurrenz. Dennoch ist HP nach wie vor mit Abstand PC-Marktführer: Für das dritte Quartal schätzt der Marktforscher Gartner den weltweiten Absatz auf 16,2 Millionen Rechner und damit einen Marktanteil von 17,7 Prozent. Die Nummer zwei der Branche, der chinesische Hersteller Lenovo, kam demnach auf 12,4 Millionen Auslieferungen und damit 13,5 Prozent des Marktes. Jedoch: Die Rendite fällt deutlich niedriger aus, als in anderen Sparten. Deswegen wollte Apotheker das Unternehmen stärker auf lukrativere Geschäftsbereiche wie Software und Dienstleistungen ausrichten. Den von Apotheker dafür eingefädelten Kauf des britischen Software-Spezialisten Autonomy für mehr als zehn Milliarden Dollar zog HP bereits durch.

Whitmans Rolle rückwärts stieß auf Zustimmung. HP hätte die Ausgliederung der PC-Sparte überhaupt nie erwägen sollen, sagte etwa der Analyst Frank Gillett von Forrester Research. Den Bereich nun zu behalten, erscheine als „die richtige Entscheidung für das Geschäft unter den herrschenden Marktgegebenheiten“. Auch die Börse reagierte wohlwollend. Im frühen New Yorker Handel legte die HP-Aktie um 1,2 Prozent auf 27,32 Dollar zu. Bereits am Donnerstag hatte das Papier mit einem Plus von 5,2 Prozent geschlossen.

Whitman war Mitte September als HP-Chefin angetreten und hatte von Beginn an angedeutet, dass sie das Geschäft behalten könnte. Vor allem Firmenkunden wollen sicher sein, dass sie beim Computerkauf auch noch in mehreren Jahren mit einer zuverlässigen Wartung rechnen könnten. PSG-Chef Todd Bradley versprach, HP werde investieren, um auch die Nummer eins zu bleiben. Was aus der Software-Plattform webOS wird, werde in den kommenden Monaten entschieden, sagte Whitman. Zunächst einmal werde sich HP bei den Tablets auf Microsofts nächstes Betriebssystem Windows 8 stützen. „Wir müssen im Tablet-Geschäft präsent sein“, betonte die Konzernchefin. Zugleich deutete sie an, dass sie Hewlett-Packard eine Schrumpfkur verordnen könnte: „HP versucht, eine Menge Sachen zu machen. Und ich glaube fest an die Idee, wenige Dinge richtig, richtig gut zu machen.“

(abendblatt.de/dpa)