Die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms droht durchzufallen. Premierministerin Radicova verbindet Abstimmung mit Vertrauensfrage.

Bratislava. Die Krise um den europäischen Rettungsschirm EFSF spitzt sich zu: Heute muss die Slowakei als letztes europäisches Land dem Schutzmechanismus zustimmen, der pleitegfährdete Länder wie Griechenland oder Portugal im Fall der Fälle mit frischem Geld unterstützt. Immer mehr zeichnet sich ab: Die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms droht bei der entscheidenden Abstimmung durchzufallen. Nachdem schon der Koalitionspartner SaS Premierministerin Iveta Radicova die Gefolgschaft verweigern will, kündigte auch die sozialdemokratische Opposition an, die EFSF-Ausweitung nicht zu unterstützen. Die entscheidende Parlamentssitzung wurde am Dienstag gleich nach Beginn wieder für Beratungen einzelner Ausschüsse unterbrochen.

+++ Treffen der Europäer wird um eine Woche verschoben +++

Fällt die EFSF-Erweiterung bei der Abstimmung durch, droht auch der slowakischen Regierung das Aus. Der Euro-Rettungsschirm könnte in einem zweiten Anlauf trotzdem vom Parlament beschlossen werden. Der sozialdemokratische Oppositionsführer und Ex-Premier Robert Fico hatte schon früher seine Zustimmung zur EFSF-Erweiterung mit einem Rücktritt der Regierung verknüpft. „Warten wir ab, was passiert“, sagte er.

Die Regierung in Bratislava ist zerstritten. In der Abstimmung gehe es „um die Zukunft der Slowakei in Europa“, sagt Radicova. Angesichts einer Krise, die „nicht nur Europa, sondern die ganze Welt bedroht“, müsse man „gemeinsam eine verantwortungsvolle Lösung suchen, um diese weltweite Krise zu mildern“. Eine so wichtige Frage dürfe nicht durch innenpolitische Streitigkeiten überdeckt werden, sagt Radicova. „Die Vertrauenswürdigkeit der Slowakei hat für mich erste Priorität.“ Die neoliberale zweitstärkste Regierungspartei SaS von Parlamentspräsident Richard Sulik habe ein letztes Kompromissangebot abgelehnt, zu einer gemeinsamen Mehrheit zu kommen, erklärte Radicova.

Die Ausweitung des Rettungsschirms muss von allen 17 Mitgliedern der Eurozone mitgetragen werden. Gestern teilte Radicova in Bratislava mit, ihre Vier-Parteien-Koalition habe in dreistündigen Gesprächen keinen Kompromiss gefunden, werde dies aber weiter bis zur Parlamentsabstimmung versuchen. Unterdessen stimmte das Parlament in Malta der Erweiterung des Euro-Fonds zu. Eine finanzielle Beteiligung an den europäischen Hilfen für verschuldete Staaten ist schon lange ein Streitpunkt in der Vier-Parteien-Koalition in Bratislava. Die Regierung, geführt von Ministerpräsidentin Radicova von den rechtsliberalen Christdemokraten SDKÚ-DS, hat nur eine knappe Mehrheit im Parlament. Besonders die Partei Freiheit und Solidarität (SaS) mit ihrem Vorsitzender Richard Sulik, der gleichzeitig Parlamentssprecher ist, fährt einen europaskeptischen Kurs.

Mitten in der zugespitzten Schuldenkrise schaut Europa am Dienstag voller Spannung auf die Slowakei. Das Parlament in Bratislava stimmt als letztes Euro-Land über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms ab. Es droht ein Nein und ein vorzeitiges Ende der Regierung. Ohne Zustimmung der Slowakei kann die Erweiterung des Rettungsschirms EFSF nicht umgesetzt werden. Allerdings könnte im slowakischen Parlament bei einem Nein auch ein zweites Mal über den Rettungsschirm abgestimmt werden. Die Schuldenkrise im Euroraum hatte sich in den vergangenen Tagen verschärft. Drei Jahre nach der Finanzmarktkrise müssen wieder Banken gerettet werden. Die belgisch-französische Großbank Dexia wird zerschlagen und teilweise verstaatlicht. In Griechenland wird eine kleine Bank von der Notenbank gerettet. Weil Berlin und Paris erst Ende Oktober ein Gesamtpaket zur Eindämmung der Krise vorlegen wollen, wird der für nächste Woche geplante EU-Gipfel auf den 23. Oktober verschoben. Diagramm mit Auslandsforderungen deutscher, britischer und französischer Banken insgesamt sowie aufgeschlüsselt nach den EU-Schuldenstaaten. Querformat: 135 x 90 mm; Grafik: D. Dytert, Redaktion: K Pepping
Mitten in der zugespitzten Schuldenkrise schaut Europa am Dienstag voller Spannung auf die Slowakei. Das Parlament in Bratislava stimmt als letztes Euro-Land über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms ab. Es droht ein Nein und ein vorzeitiges Ende der Regierung. Ohne Zustimmung der Slowakei kann die Erweiterung des Rettungsschirms EFSF nicht umgesetzt werden. Allerdings könnte im slowakischen Parlament bei einem Nein auch ein zweites Mal über den Rettungsschirm abgestimmt werden. Die Schuldenkrise im Euroraum hatte sich in den vergangenen Tagen verschärft. Drei Jahre nach der Finanzmarktkrise müssen wieder Banken gerettet werden. Die belgisch-französische Großbank Dexia wird zerschlagen und teilweise verstaatlicht. In Griechenland wird eine kleine Bank von der Notenbank gerettet. Weil Berlin und Paris erst Ende Oktober ein Gesamtpaket zur Eindämmung der Krise vorlegen wollen, wird der für nächste Woche geplante EU-Gipfel auf den 23. Oktober verschoben. Diagramm mit Auslandsforderungen deutscher, britischer und französischer Banken insgesamt sowie aufgeschlüsselt nach den EU-Schuldenstaaten. Querformat: 135 x 90 mm; Grafik: D. Dytert, Redaktion: K Pepping © dpa-infografik/DPA | dpa-infografik

Außerdem sind die konservativen Christdemokraten (KDH) und die Partei der ungarischen Minderheit, Most-Hid, an der Koalition beteiligt. Beide Parteien sind in Verhandlungen mit der SaS bemüht, die Euro-Skeptiker zu einer Zustimmung zu bewegen. Die größte Fraktion im Parlament stellen die proeuropäischen Sozialdemokraten (Smer). Oppositionsführer Robert Fico, der bis zum Sommer 2010 Ministerpräsident des Landes war, kündigte an, nicht für die EFSF-Erweiterung zu stimmen. Prinzipiell sei seine Partei zwar für die Reform, knüpfe eine Zustimmung aber an eine Regierungsumbildung oder vorgezogene Wahlen.

Die Slowakei zählt 5,4 Millionen Einwohner, Malta nur 418.000 Bewohner. Das ist ein Bruchteil der gesamten Bevölkerung der Eurozone mit 332 Millionen Menschen. Die zwei Länder würden zusammen lediglich für 8,4 Milliarden Euro des erweiterten Rettungsschirms von dann 440 Milliarden Euro garantieren.

(abendblatt.de/reuters/dapd)