Grund: Die Probleme rund um die Bankenkrise. Euro-Chef Juncker hält Schuldenschnitt für Griechenland für denkbar. Malta sagt Ja zum EFSF.

Athen/Brüssel. Die EU-Staaten verschieben ihren Gipfel in der kommenden Woche, um Zeit für eine umfassende Strategie zur Lösung der Schuldenkrise zu bekommen. Das Treffen soll am 23. Oktober und damit sechs Tage später als ursprünglich geplant stattfinden, wie EU-Ratspräsident Herman van Rompuy am Montag mitteilte. Es müssten weitere Elemente erarbeitet werden, um die Probleme Griechenlands, die Bankenkapitalisierung und die Effizienz des Euro-Rettungsfonds EFSF anzusprechen. Am Sonntag hatten Deutschland und Frankreich ein Gesamtpaket zur Lösung der Euro-Krise angekündigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nannten dazu keine Details. Als Zieldatum wurde der G20-Gipfel Anfang November in Cannes unter französischer Präsidentschaft genannt.

Unterdessen schloss Griechenland die Gespräche über dringend benötigte Hilfen mit der Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission nach eigenen Angaben ab und drängte Banken, mehr für die Rettung des pleitebedrohten Landes zu zahlen. Unter dem Eindruck der scharfen Rezession, die Griechenlands Defizitziele kürzlich zunichte machte, verlangte Finanzminister Evangelos Venizelos bessere Bedingungen für das zweite Hilfspaket, das im Grundsatz bereits Juli beschlossen wurde, dessen Details aber noch ausgearbeitet werden müssen.

Es wird erwartet, dass die Inspektoren von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) am Dienstag eine gemeinsame Erklärung abgeben. Danach sollen die Berichte für die Finanzminister und das IWF-Führungsgremium geschrieben werden, die endgültig über die Freigabe der acht Milliarden Euro großen und letzten Tranche aus dem erste Hilfspaket entscheiden. Vertreter der Troika sagten, die Gespräche mit der Regierung in Athen stünden kurz vor dem Abschluss, allerdings gebe es noch offene Details. Ohne die nächste Tranche könnte Griechenland bereits Mitte November das Geld ausgehen.

Die drohende Pleite könnte andere hoch verschuldete Länder ebenfalls in deutlich schwierigeres Fahrwasser bringen. Das wiederum würde die Banken als Gläubiger dieser Staaten hart treffen – zur Abfederung potenzieller Verluste sollen sie daher ihre Kapitaldecke stärken. In der deutschen Bankenbranche gibt es aber Widerstand gegen eine staatlich aufgezwungene Rekapitalisierung. „Das käme einer Enteignung gleich“, sagte ein Spitzenbanker eines großen deutschen Geldhauses der Nachrichtenagentur Reuters.

Das künftige EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sprach sich für die gleichzeitige Rekapitalisierung aller wichtigen europäischen Banken aus. Ein institutsspezifisches Vorgehen sei nicht sinnvoll, sagte der deutsche Finanzstaatssekretär vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel. Zugleich müsse eine Lösung für die Banken Bestandteil eines Gesamtpakets sein. Isolierte Instrumente würden in der gegenwärtigen Situation nicht helfen. „Wir brauchen eine Paketlösung“, sagte Asmussen.

Venizelos' Forderung zielt auf einen stärkeren Beitrag der Banken an den Hilfen für Griechenland. Bisher sollen die Euro-Staaten und der IWF gemeinsam 109 Milliarden Euro bis 2014 aufbringen. Die Banken sollen davon über einen Forderungsverzicht bei Staatsanleihen 50 Milliarden Euro beisteuern. Zuletzt gab es Diskussionen, ob der dabei auf 21 Prozent kalkulierte Forderungsverzicht höher ausfallen muss. Die Rettung der strauchelnden griechischen Proton Bank mit EU/IWF-Geldern löste am Finanzmarkt Sorgen vor weiteren Verstaatlichungen aus. Die Aktien griechischer Banken verloren massiv. Ein Regierungssprecher erklärte jedoch, das Institut, gegen das wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt wird, sei ein Sonderfall.

Mit der belgisch-französischen Dexia treibt die Schuldenkrise die erste Großbank in die Arme des Staates. Um eine Pleite zu verhindern, wird die stark in Griechenland engagierte Bank aufgespalten und weitgehend verstaatlicht. Nach einer Marathon-Sitzung stimmte der Dexia-Verwaltungsrat den Plänen Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs zu. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hält einen Schuldenschnitt Griechenlands für denkbar. „Ich schließe einen Schuldenschnitt nicht aus. Aber man sollte nicht denken, dass es einfach reicht, einen brutalen Schuldenschnitt in Griechenland vorzunehmen. Man muss dafür Sorge tragen, dass dies nicht zu Ansteckungsgefahren in der Eurozone führt,“ sagte Juncker am Montagabend dem österreichischen Fernsehsender ORF. Über den Umfang eines Schuldenschnitts wollte der luxemburgische Ministerpräsident nicht spekulieren. Die europäischen Staats- und Regierungschefs würden die Situation in dem krisengeschüttelten Euro-Mitgliedsland weiterhin diskutieren.

EZB-Ratsmitglied Marko Kranjec rechnet mit einer Schuldenrestrukturierung Griechenlands, aber nicht mit einer Staatspleite. „Ich bin mir sicher, dass Griechenland nicht bankrott gehen wird, zumindest nicht in dem Sinne, dass es andere Länder mit in den Abgrund zieht. Eine Umstrukturierung ist jedoch höchstwahrscheinlich und wird bereits diskutiert“, sagte Kranjec am Montag in einem Interview im slowenischen Fernsehen. „Der Euro wird überleben“, ergänzte Sloweniens Notenbankchef.

Malte stimmt Rettungsschirm zu - was macht die Slowakei?

Malta hat als vorletztes Land der Eurozone dem erweiterten Euro-Rettungsschirm (EFSF) zugestimmt. Das Parlament des kleinen Inselstaates sprach sich am späten Montagabend in Valletta einstimmig. „Dies stellt Maltas Verpflichtung zur europäischen finanziellen Stabilität unter Beweis“, sagte Finanzminister Tonio Fenech der Nachrichtenagentur dpa nach der Abstimmung.

Nach der Ratifizierung durch Malta steht an diesem Dienstag nur noch das umkämpfte Votum der Slowakei aus. In Bratislava herrschte bis zuletzt Unstimmigkeit innerhalb der Regierungskoalition, am Montag drohte Regierungschefin Iveta Radicova sogar mit Rücktritt, sollte das Parlament die Zustimmung zum Rettungsschirm verweigern.

Alle übrigen Euroländer haben bereits ihr Ja-Wort gegeben. Für Malta bedeutet die EFSF-Aufstockung die Haftungsübernahme von 704 Millionen Euro.

Das Votum in Valletta war um eine knappe Woche verschoben worden, nachdem die linke Opposition bei nächtlichen Beratungen unerwartet noch rechtliche Bedenken angemeldet hatte. Die endgültige Fassung des Entwurfs sei ihr nicht rechtzeitig vorgelegt worden, argumentierte sie. Finanzminister Fenech wies den Vorwurf zurück, sah jedoch kein Problem, die Fortsetzung der Parlamentsdebatte zu verschieben.

Die maltesische Mitte-Rechts-Regierung hatte sich für eine Zustimmung des Parlaments ausgesprochen. Es galt als sicher, dass auch die linke Labour-Partei mitziehen würde. „Wir gehen von einem völlig problemlosen Votum aus“, so hatte ein Parlamentssprecher der Konservativen vor Beginn der Beratungen erklärt. Malta müsse seine Pflicht tun, „um die Stabilität des Euro zu sichern.“ Das Land müsse auch dazu beitragen, dass die Mittelmeerländern stark bleiben, sagte er mit Blick auf das von einem Staatsbankrott bedrohte Griechenland. (abendblatt.de/dpa/rtr)