Die ehemalige Ebay-Chefin Meg Whitman beerbt Léo Apotheker auf dem Chefsessel. Doch kann sie den schwächelnden Computer-Riesen retten?

Palo Alto. Die Entscheidung in der Führungskrise ist gefallen: Hewlett-Packard bekommt eine neue Chefin. Nachdem der weltgrößte Computer-Hersteller öffentlich mit seinem deutschen Konzernchef Léo Apotheker haderte, wurde er gestern offiziell vor die Tür gesetzt. Seine Nachfolgerin wird, wie Experten es erwartet hatten: Meg Whitman, ehemalige Ebay-Chefin. Auf ihr lasten große Erwartungen. Apotheker wollte den US-Traditionskonzern radikal umkrempeln. Er nahm eine Trennung von der PC-Sparte in Angriff und investierte Milliarden in das Softwaregeschäft – indem er etwa den britischen Software-Spezialisten Autonomy kaufte. Die Anleger reagierten prompt: Und schickten die Aktienkurse auf wochenlange Talfahrt. Denn immerhin: Die Computer-Sparte von Hewlett-Packard ist die größte der Welt und arbeitet trotz relativ niedriger Rendite mit Gewinn. Jetzt soll es Whitman richten.

+++ HP prüft Verkauf der Computersparte +++

Doch wer ist die neue Frau am Steuer des Computer-Riesen? Die Managerin hatte das Online-Auktionshaus Ebay groß gemacht. Die zweifache Mutter und Ehefrau eines Neurochirurgen verfügt laut dem US-Magazin „Forbes“ über ein Reinvermögen von 1,3 Milliarden Dollar (967 Millionen Euro). Whitman ist vielseitig engagiert. Im letzten Jahr bewarb sie sich für das Amt der Gouverneurin im Kalifornien. Als Kandidatin der republikanischen Partei als Nachfolgerin von Ex-„Terminator“ Arnold Schwarzenegger. Für ihre politischen Ambitionen gab sie mindestens 174 Millionen Dollar aus - das meiste Geld davon aus der eigenen Tasche. Whitman gab damit für ihren Wahlkampf mehr Geld aus als irgendein anderer Bewerber um ein Amt eines US-Staats in der Geschichte der USA.

Ihre Kandidatur wurde von Enthüllungen überschattet. Sie habe eine eBay-Mitarbeiterin während einer Auseinandersetzung geschubst - und musste eine sechsstellige Abfindung zahlen. Zudem kam ans Licht, dass ihre langjährige frühere Haushaltshilfe sich illegal in den USA aufhielt. Für weitere Komplikationen sorgte die Tatsache, dass Whitman im Aufsichtsrat von Goldman Sachs saß, als die Investmentbank unter dem Verdacht stand, der inzwischen illegalen Praxis des sogenannten „Spinning“ nachzugehen. Der Ausdruck bezeichnet ein Vorgehen, bei dem vermögende Kunden und Vorstandsvorsitzende, deren Unternehmen Geschäftspartner von Goldman Sachs waren, frühen Zugang zu Aktien bekamen. Diese konnten sie dann schnell zu großen Gewinnen losschlagen.

Kann Whitman auch Hardware?

Doch trotz aller Erfahrung - Gegen HP sieht Ebay noch immer winzig aus. Kritiker zweifelten schon daran, dass es Whitman gelingen wird, einen solch komplexen Computerkonzern zu managen, zumal der gerade in einer Krise steckt. „Ich fühle mich geehrt und bin begeistert, HP zu führen“, sagte Whitman selbst. Welche Strategie die neue Konzernchefin fahren wird ist noch völlig offen, ebenso ob sie die jüngsten Entscheidungen überhaupt noch zurückdrehen kann oder will. Die rund 10 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Autonomy dürfte sich zumindest nicht so einfach abblasen lassen. Immerhin hat sich HP bei der Trennung von der PC-Sparte ein Hintertürchen offengehalten und versichert, dass noch nichts endgültig entschieden sei.

Verwaltungsratschef Lane dankte Apotheker trotz aller Querelen ausdrücklich für seine Arbeit: „Der Verwaltungsrat ist aber der Ansicht, dass der Posten des HP-Chefs nun weitere Eigenschaften verlangt, um die Firmenstrategie erfolgreich umzusetzen. Meg hat die gesuchten operativen und kommunikativen Fähigkeiten.“ Hintergrund: Apotheker war im Betrieb nicht sonderlich beliebt, Mitarbeiter sagten ihm einen schroffen Führungsstil nach, während Whitman als gute Kommunikatorin gilt. Obwohl auch ihr Arroganz gegenüber Mitarbeitern nachgesagt wird. Vor ihrer Rückkehr in die Wirtschaft, versuchte sie sich in der Politik. Sie stellte sich als Gouverneurin von Kalifornien zur Wahl, scheiterte allerdings. Danach arbeitete die 55-Jährige als Beraterin.

Vor allem für ihr Wirken bei eBay wurde Whitman häufig gelobt. Sie machte aus einem 15-Mann-Betrieb ein global agierendes Auktionshaus. Analysten sind sich allerdings unsicher, ob Whitman die richtige Wahl für den HP-Chefposten darstellt. Ihre letzten Jahre bei eBay waren geprägt von stotterndem Wachstum und eher wenig befriedigenden Zukäufen wie dem Online-Telefonieservice Skype. Ihr größtes Manko: Sie kommt eben nicht aus dem Hardware-Geschäft. Entsprechend reagierten auch die Anleger: Das HP-Papier schloss an der Wall Street mit Verlusten von 4,8 Prozent.

(abendblatt.de/dpa/Reuters)