Nach dem Gerichtsentscheid in Vänersborg droht dem Autobauer Saab die Insolvenz. Schwerer Schlag für die 3700 Beschäftigten.

Stockholm. Der angeschlagene schwedische Autohersteller Saab ist mit dem Antrag auf Gläubigerschutz gescheitert. Saab ist somit Pleite, der letzte Versuch die Insolvenz zu umschiffen ist gescheitert. Nach riesigen Verlusten im ersten Halbjahr hatte der schwedische Autobauer Saab gestern noch Gläubigerschutz beantragt. Mit einem Zwangsverwalter sollte die Pleite noch in letzter Sekunde abgewendet werden. Vergeblich. Für die 3700 Beschäftigten im Stammwerk Trollhättan endet somit die letzte Hoffnung, dass sich das Unternehmen noch erholen könnte. Die kurzfristigen Schulden des Unternehmens liegen bei 769 Millionen Euro. Chinesische Partner haben Saab angeblich Finanzhilfen in Aussicht gestellt.

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Auch die Medien in Schweden attestieren der Kult-Automarke schon im Vorfeld kaum noch Überlebenschancen. Die Zeitung „Dagens Nyheter“ schrieb: „Saab hat weder Geld, eine laufende Produktion noch neue Modelle oder einen Geschäftsplan“. Der vor Gericht vorgelegte Plan mit schwarzen Zahlen 2013 bei etwa 100 000 verkauften Autos sei „völlig unrealistisch“. Auch der „Göteborgs-Posten“ schrieb: „Alles andere als eine Ablehnung des Antrags auf Gläubigerschutz wäre unlogisch und eine große Überraschung.“ Saab-Chef Victor Muller habe „keine Finanziers zur Hand“. Muller hatte den Antrag am Mittwoch mit der Hoffnung begründet, dass von zwei chinesischen Unternehmen zugesagte 245 Millionen Euro den Weg für eine Sanierung öffnen würden.

Auch die Wirtschafts-Tageszeitung „Dagens Industri“ war pessimistisch: „Wir erleben höchstwahrscheinlich den Todeskampf von Saab, auch wenn Muller noch eine zusätzliche Gnadenfrist bekommen sollte.“ Alle bisherigen Geschäftspläne und Visionen des Niederländers seien „meistens Luft“ gewesen sowie eine „Mischung aus Überschätzung der Anziehungskraft von Saab als kleinem Markennamen und Unterschätzung der Kosten“.

Saab rutschte seit Monaten von einer Zahlungskrise in die nächste. Die Produktion liegt seit April im Großen und Ganzen auf Eis, weil die Zulieferer auf offenen Rechnungen sitzen und keine Teile mehr schicken. Zuletzt hatte die Saab-Mutter erklärt, es würden „alle möglichen Optionen geprüft.“ Es sei nicht sicher, ob die erforderlichen Mittel kurzfristig aufgebracht werden könnten oder ob bereits ausgehandelte Gelder für die Zukunft rechtzeitig zur Verfügung stünden, sagte Muller. Zuletzt hatte es geheißen, das Unternehmen könne die Löhne für August nicht bezahlen. „Der Fokus des Saab-Managements liegt zum jetzigen Zeitpunkt darauf, so hart wie möglich zu arbeiten, um die Firma wieder in ruhigeres Fahrwasser zurückzubringen“, erklärte Muller.

Vor allem in Deutschland hatte die Marke einen guten Klang. Lange galt das Unternehmen als Hersteller qualitativ hochwertiger Autos, die unter hervorragenden sozialen Standards produziert wurden. Vorwiegend gebildete und kreative Menschen, die sich gegenüber Prestigemarken wie Mercedes oder BMW absetzen wollten, bevorzugten die schwedischen Fahrzeuge mit dem oft ungewöhnlichen Design. Saab verkörperte ein Lebensgefühl.

Doch das ist Vergangenheit. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Car-Institut der Universität Duisburg-Essen räumte dem Hersteller schon vor zwei Monaten kaum noch Überlebenschancen ein. "Selbst wenn frisches Geld fließen würde, könnte Saab nicht langfristig durchhalten", sagte Dudenhöffer damals dem Abendblatt. "Mit der kleinen Stückzahl pro Jahr kann die Marke nicht mit Herstellern wie Audi, BMW oder Daimler mithalten. Auch langfristig wird deshalb das Geld für neue Modelle und für das Vertriebssystem fehlen." Allein die Entwicklung neuer Modelle kostet hohe dreistellige Millionenbeträge. Saab sitzt laut Dudenhöffer zwischen allen Stühlen. "Für einen Massenhersteller reicht es genauso wenig wie für einen Nischenanbieter. Denn in diesem Bereich müsste Saab gegen Marken wie Ferrari oder Porsche antreten. Und das dürfte den Schweden nicht gelingen."

Die ehemals unter Spyker bekannte Saab-Mutter wies für den Traditionshersteller im ersten Halbjahr einen Verlust aus, der das Neunfache der Vorjahressumme erreichte. Das operative Minus betrug 201,5 Millionen Euro nach 21,9 Millionen Euro im vergangenen ersten Halbjahr. Die Nettoverschuldung schwoll nach Firmenangaben bis Ende Juni auf 284 Millionen Euro an nach 209 Millionen Euro per Ende März. Eigentlich wollte Saab bis 2012 wieder in den schwarzen Zahlen zurück sein. Danach sieht es derzeit nicht aus.

Mit einer Marktkapitalisierung von nur noch etwas mehr als 18 Millionen Euro ist Swedish Automobile nunmehr eine Anlage für Risikoliebhaber wie Hedgefonds. Seit Jahresbeginn haben die Titel mehr als Dreiviertel ihres Wertes eingebüßt. Saab war Anfang 2010 von Swedish Automobile vom damaligen Eigentümer General Motors gekauft und damit zunächst gerettet worden. Die Opel-Mutter wollte Saab eigentlich abwickeln. Im ersten Halbjahr verkaufte das Unternehmen trotz der Produktionsausfälle mehr Fahrzeuge als im Vorjahr. Im Großhandel fand der Konzern Abnehmer für 12.871 Fahrzeuge, an Endkunden brachte Swedish Automobile 15.194 Autos, ein Anstieg um 26 sowie 44 Prozent. Früheren Angaben zufolge kann Saab bei mehr als 100.000 verkauften Autos die Gewinnschwelle erreichen. (abendblatt.de/Reuters)