Ein Tag mit dem Chef der Hamburg Port Authority. Morgens beim Mitarbeiterfrühstück, mittags auf der Baustelle, abends im Gespräch.
Hamburg. Seine Reise durch den Hafen beginnt frühmorgens und endet spätabends. Der Hafen ist für Jens Meier, 45, immer präsent. Für 7.30 Uhr hat der Chef der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) zum Frühstück geladen. Acht Mitarbeiter aus seinen Stabsabteilungen sitzen mit ihm in einem Konferenzraum der HPA im Neuen Wandrahm am Rande der Speicherstadt. Kürzlich hat er solche Treffen eingeführt, schon um des persönlichen Kontakts willen. "In einer Organisation mit 1900 Mitarbeiten kann man leider nicht jeden kennen", sagt er.
Bei Kaffee und Tee, Brötchen und Aufschnitt bespricht er mit seinen Leuten Arbeitsabläufe, vor allem aber Themen aus dem Hafen. Zwei Stunden sind an diesem Morgen angesetzt, es können auch fünf oder sechs sein, der Gesprächsstoff würde nicht ausgehen.
Bevor das Frühstück endet, kommen noch die Barkassen zur Sprache. Bis Ende 2012 müssen die älteren der legendären Hamburger Hafentaxis mit allerlei Sicherheitstechnik nachgerüstet werden. Eine Richtlinie der Europäischen Union schreibt das zwingend vor. Manche der 85 Barkassen im Hafen aber seien noch nicht auf dem neuesten Stand, berichtet einer der Mitarbeiter.
+++ Seemannsgarn für zwölf Euro die Nacht +++
+++ Ein Logenplatz in 54 Meter Höhe +++
+++ Tunnel und Seilbahn - Eine Hafenvision +++
Mitunter gäben die Betreiber Engpässe bei den Werften vor, sagt er. Aber die Experten der HPA wissen, dass viele der Hafenunternehmer die nötigen Investitionen von einigen Zehntausend Euro scheuen, die es kostet, ihre Wasserfahrzeuge zu modernisieren. "Kann man die Fristen verlängern?", fragt Meier. Das könne man wohl nicht, sagt der Mitarbeiter. Der Zeitdruck für die Nachrüstung der Barkassen steige.
Der Hafen, Hamburgs Zentrum und wirtschaftlicher Motor, steckt voller solcher Konflikte, sei es beim Denkmalschutz, bei Streits zwischen Unternehmen oder der Gestaltung von Gebühren durch die HPA. "Im Hafen prallen viele unterschiedliche Interessen aufeinander, zwischen Unternehmen, aber auch zwischen Stadt und Hafen als Konkurrenten um Flächen. Wir müssen diese Interessenkonflikte moderieren, aber auch Entscheidungen treffen, die niemanden benachteiligen", sagt Meier.
Im Jahr 2008 kam der gebürtige Hamburger zur Port Authority. Zuvor hatte er lange als Manager in Unternehmen der Informationstechnologie und der Logistik gearbeitet. Der frühere Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) trug Meier die Führung der 2005 neu gegründeten Organisation an. Hervorgegangen war die Anstalt öffentlichen Rechts aus dem Amt für Strom- und Hafenbau. Der Senat wollte jedoch nicht nur eine neue Hülle für die Hafenverwaltung, sondern auch zeitgemäße Führungs- und Verwaltungsmethoden. Dafür erschien Meier genau richtig.
Nach dem Frühstück steigt er zu seinem Fahrer in einen VW-Bus mit vier Sitzen im Fond. "Mein rollendes Büro", sagt Meier und klappt seinen Laptop auf, um die Zeit bis zum nächsten Termin zu nutzen, Dokumente zu lesen und E-Mails zu beantworten.
In der Zentrale der Hafenbahn am Veddeler Damm trifft er deren Chef Harald Kreft. Mehr als 300 Kilometer Schienenwege und 870 Weichen liegen in der Verantwortung der HPA, weitere 160 Kilometer Schienen und noch einmal rund 800 Weichen schließen im Einzugsgebiet des Hafens daran an. Als während der Wirtschaftskrise die Güterumschläge sanken, nutzte die HPA den Spielraum und trieb die Sanierung von Gleisanlagen voran. Ohne die Hafenbahn, auf der täglich mehr als 200 Züge unterwegs sind, könnte Hamburg den wachsenden Güterumschlag des Hafens nicht bewältigen.
Doch auch nach der Sanierung bleibt viel zu tun. "Wir müssen mittelfristig von 200 auf 400 Züge täglich kommen, und das bei gleicher Infrastrukturlänge. Das bedeutet optimales Management", sagt Kreft. Vor einem Luftbild, auf dem die Schienen der Hafenbahn gelb markiert sind, erklärt der Bahnchef, wie unfreiwillige Engpässe zustande kommen können: "Manche Bahnbetreiber lassen ihre Waggons Wochen und Monate auf unseren Schienen stehen. Da blockieren mitunter wenige Waggons mehrere Hundert Meter Gleis, wichtigen Platz zur Zusammenstellung von Zügen", sagt Kreft. "Wir können die Eigner der Waggons nicht zwingen, sie wegzufahren. Unsere Gleise sind öffentliche, von der Bundesnetzagentur regulierte Verkehrswege." Und Meier ergänzt: "Wir wollen bei der Hafenbahn nicht am Parken von Waggons verdienen, sondern am Durchsatz. Fragt sich also, wie wir unser System am besten justieren", sagt er. "Oder ob wir zu preiswert sind", entgegnet Kreft.
Die HPA plant, baut und saniert unentwegt, um den Hafen in Schwung zu halten. Doch das erscheint wie die Arbeit des Sisyphos angesichts der immer weiter wachsenden Güterströme und der ständig zunehmenden Zahl von Fahrzeugbewegungen im Hafen. Auf der Rückfahrt von der Hafenbahn hält Meier auf der Köhlbrandbrücke. Dort werden gerade der Mittelstreifen und der äußere Baukörper saniert.
Seit April arbeiten auf den zwei Fahrspuren je Richtung automatische Waagen, die Hafenverwaltung hat sie installiert. Sie messen nicht nur die Zahl der Fahrzeuge, sondern auch deren Gewicht und liefern der HPA damit erstmals präzise Werte über die Gewichtsbelastung der Brücke. "Wir wollen das Instandhaltungsmanagement der HPA verbessern. Auch deshalb haben wir elektronische Waagen in die Köhlbrandbrücke eingebaut", sagt Meier. "Nach unseren ersten Erkenntnissen fährt mehr Schwerlastverkehr über die Brücke als wir erwartet hatten."
Ein alarmierendes Signal. Das Wahrzeichen ist ein Nadelöhr, eine unverzichtbare Verbindung zwischen dem Ost- und dem Westteil des Hafens. Je stärker die Brücke belastet ist, desto mehr und eher wird die Stadt investieren müssen, um sie instand zu halten. Und umso schneller muss die Politik ein Konzept für einen Ersatz der Köhlbrandbrücke entwickeln. 1974 eingeweiht, ist ihre Nutzung derzeit bis etwa zum Jahr 2030 geplant.
Später trifft Meier den Hafenkapitän Jörg Pollmann, am Nachmittag eine Reihe weiterer Mitarbeiter und Gesprächspartner der HPA. Am Abend schließlich steht das Jahrestreffen von Hamburg Hafen Marketing im Restaurant Au Quai an der Großen Elbstraße in seinem Terminkalender. Hier trifft sich die Hafenwirtschaft mit Vertretern der Schifffahrt und der Politik. Hier sind die Fachleute versammelt - ein unverzichtbarer Termin für den HPA-Chef, um Themen in Gang zu bringen, Kontakte zu knüpfen, Wogen zu glätten.
Manchem in der konservativ geprägten Hamburger Hafenwirtschaft ist der agile Meier noch immer nicht geheuer, weil er die Hafenverwaltung zügig zu modernisieren versucht und dabei zwangsläufig anstößt. Doch die HPA ist ein Scharnier zwischen Politik, Wirtschaft und Verwaltung. So ist Meier immer mitten im Geschehen und im Hafen unterwegs, sei es vor Ort oder im Gespräch. "Das Thema Hafen ist hoch komplex", sagt er und gönnt sich zwischen vielen Gesprächen ein Bier. "Ich versuche, es ganzheitlich zu sehen."
Morgen: Wo in Hamburg Panzer verschifft werden
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