Über eine gemeinsame europäische Staatsanleihe, sogenannte Euro-Bonds, wird einen Tag nach dem Gipfelchen genauso heftig weiter diskutiert.

Berlin/Madrid/Rom. Viel geplant, wenig beschlossen: Der deutsch-französische Vorstoß zur Euro-Rettung hat Märkte und Politiker enttäuscht. Zwar hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy im Vorfeld redlich darum bemüht, die Erwartungshaltung an ihr Treffen am (gestrigen) Dienstag zu senken. Doch vergeblich: Der erhoffte Paukenschlag blieb aus – und mit ihm auch die positive Reaktion. Über eine gemeinsame europäische Staatsanleihe wird einen Tag nach dem Gipfelchen in Paris genauso heftig weiter diskutiert.

Euro-Bonds stünden nicht auf der Tagesordnung, hieß es am Montag in Berlin und Paris. Angesichts der Finanzmarktturbulenzen waren beide Regierungen offensichtlich daran interessiert, Merkels Besuch in Paris als bereits beim Euro-Sondergipfel im Juli verabredetes Arbeitstreffen herunterzuspielen. Zu groß war die Gefahr, dass an den nervösen Märkten Hoffnungen entstehen, die sich bei Enttäuschung in massiven Kurseinbrüchen entladen.

Dennoch war die Spannung groß, als Merkel und Sarkozy um kurz nach sechs aus dem Garten in den Élysée-Palast traten. Wenige Minuten später war klar: Hier wird ein dickes Brett gebohrt und nicht auf die Pauke gehauen. Eine schnelle Lösung zur Euro-Rettung wird es von Berlin und Paris nicht geben. Zwar stellten Merkel und Sarkozy ihre Vorschläge, darunter das Schaffen einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung, die Verankerung einer Schuldenbremse in den Verfassungen der Mitgliedsländer und eine Finanztransaktionssteuer, als sehr ambitioniert vor.

Den europäischen Märkten waren die angestrebten Reförmchen indes nicht ehrgeizig genug, sie dümpelten am Mittwoch im Minus. Von Ehrgeiz war auch in den internationalen Medien nichts zu lesen: Die französische Zeitung „Libération“ bezeichnete das Treffen als einen „Mini-Gipfel“, wohl auch mit Mini-Beschlüssen, die „International Herald Tribune“ schrieb über „moderate“ Änderungsvorschläge.

EU-Kommission schließt Euro-Bonds langfristig nicht aus

Die EU-Kommission verwies am Mittwoch darauf, dass bereits seit längerem über eine Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung in der Eurozone beraten werde. Auch die Einführung einer Schuldenobergrenze werde bereits seit Monaten diskutiert, sagte ein Sprecher in Brüssel. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Währungskommissar Olli Rehn würdigten die deutsch-französische Initiative am Dienstagabend nach einem Arbeitstreffen als „einen wichtigen politischen Beitrag“ der beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone „zu dieser andauernden Debatte“.

Der Kommissionssprecher sagte, Euro-Bonds seien ein sehr interessantes und vielversprechendes Mittel hin zu wirtschaftlicher Integration. Doch sie seien nicht die Lösung für die derzeitigen Probleme, und es gebe derzeit auch keinen politischen Konsens für eine gemeinsame europäische Staatsanleihe. Er fügte jedoch hinzu, dass EU-Währungskommissar Olli Rehn wie angekündigt einen technischen Bericht zur Einführung von gemeinsamen Euro-Staatsanleihen vorlegen wird. Rehn, Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker und der italienische Finanz- und Wirtschaftsminister Giulio Tremonti gehören zu den Befürwortern einer gemeinsamen europäischen Staatsanleihe.

Alle Optionen offenhalten

Die Aufstockung des Euro-Rettungsfonds EFSF schloss der Sprecher ebenfalls nicht aus. Zum jetzigen Zeitpunkt sei das beim Euro-Sondergipfel am 21. Juli beschlossene Volumen ausreichend, doch die Tür sei offen für weitere Erwägungen. Abschließend erklärte er, dass einige wichtige Entscheidungen beim Juli-Gipfel beschlossen worden seien, dennoch gelte es, sich alle Optionen offenzuhalten.

Merkel sagte am Dienstag im Élysée-Palast, die derzeitigen Probleme könne man nicht mit einem Paukenschlag lösen. Man müsse aufpassen, dass man nicht eine Tendenz habe, die eigentlichen Hausaufgaben, sozusagen das Bohren des dicken Bretts - Schuldenabbau, ausgeglichene Haushalte – immer nach hinten zu schieben. Das Vertrauen müsse Stück für Stück zurückgewonnen werden: „Ich glaube nicht, dass Euro-Bonds uns dabei helfen“, sagte sie.

Sarkozy erklärte, Euro-Bonds könnten vielleicht am Ende eines Integrationsprozesses stehen, keinesfalls am Anfang. Der Euro-Rettungsfonds sei ausreichend ausgestattet. „Manche sagen, dass man ihn einfach nur verdoppeln sollte. Ich frage mich, warum man nicht einfach verdreifachen sagt. Eine Verdreifachung würde heißen, dass bei der nächsten Pressekonferenz gefragt wird, warum wir nicht eine Vervierfachung vorgenommen haben.“