Firmenchefs erwarten laut Umfrage von Ernst & Young einen Wachstumsschub und neue Chancen. Das Vertrauen in den Euro schwindet.
Hamburg. Eine große Mehrheit der Hamburger Manager befürwortet den von der Bundesregierung initiierten vorzeitigen Atomausstieg zum Jahr 2020. Nach einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, die dem Abendblatt exklusiv vorliegt, begrüßen 77 Prozent der Firmenchefs das frühere Aus für die Kernkraft in Deutschland. Gut jeder zweite Entscheider (53 Prozent) ist zudem davon überzeugt, dass der Ausstieg positiven Einfluss auf die Konjunktur haben und zu mehr Wachstum führen wird. Rund jeder vierte Befragte (27 Prozent) erwartet sogar einen deutlich positiven Einfluss auf die Wirtschaft durch den Beschluss.
"Dieses Ergebnis überrascht mich in seiner Deutlichkeit", sagt der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Allerdings habe auch er seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima einen grundsätzlichen Stimmungswandel beim Thema Atomkraft in der Hamburger Wirtschaft festgestellt. Aus Sicht der Kammer bietet der Ausstieg durchaus Chancen - auch für die Konjunktur. "Dafür muss aber die Versorgungssicherheit gewährleistet sein. Und der Industrie müssen wettbewerbsfähige Energiepreise garantiert werden", so Schmidt-Trenz. Er fordert deshalb massive Investitionen in den Ausbau der Netze, in die Forschung der Stromspeicherung und in regenerative Energien.
Während sich die Manager in der Umfrage positiv zum Atomausstieg äußerten, sehen sie den Euro immer skeptischer. Nur noch 77 Prozent der Chefs in den 101 befragten Hamburger Unternehmen haben mittleres, großes oder sehr großes Vertrauen in die Gemeinschaftswährung. Im März waren es noch 91 Prozent. Zudem befürchtet mehr als jeder zweite Entscheider (55 Prozent), dass die Euro-Krise den Aufschwung gefährdet. Fast jeder siebte (13 Prozent) ist davon sogar fest überzeugt. Für Michael Bräuninger ist dieses Ergebnis alarmierend. "Je mehr Menschen am Erfolg des Euro zweifeln, desto schlechter ist dies für den Fortbestand der Währung", sagt der Konjunkturchef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI).
Noch nimmt Bräuninger zwar nicht an, dass die Euro-Zone auseinanderbricht. "Aber ausschließen kann ich dieses Szenario auch nicht mehr. Vor einem Jahr habe ich diesbezüglich anders gedacht", räumt der renommierte Volkswirt ein. Er fordert von den Regierungschefs möglichst zügig ein "geschlossenes Konzept", wie die Euro-Krise überwunden werden kann. "Zudem muss der Konsolidierungskurs in den überschuldeten Staaten unverzüglich eingeleitet werden."
Auf die Hamburger Wirtschaft hat die Euro-Krise derweil noch keine tief greifenden Auswirkungen, doch trübt sich die gute Stimmung in den Chefetagen ein. Mehr als sechs von zehn Unternehmen (63 Prozent) beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage positiv, fast jedes sechste (15 Prozent) sogar sehr positiv. Der Anteil der Firmen, die ihre Lage bereits heute negativ bewerten, ist jedoch gestiegen - von vier auf elf Prozent.