Nach elf Tagen scheint der DAX seine Talfahrt zu beenden. Der Dow Jones schließt dank guter Daten vom Einzelhandel in den USA im Plus.
Frankfurt/Main. Die Anleger haben am Freitag wieder Mut gefasst und dem deutschen Aktienmarkt zum Befreiungsschlag verholfen. Nach dem dramatischen, elf Tage andauernden Kursrutsch knüpfte der Dax mit kräftigen Gewinnen an seine am Vortag begonnene Erholung an. Dabei zeigte er aber wieder eine größere Schwankungsbreite. Nach einem kurzzeitigen Fall bis auf 5678 Punkte und einem späteren Angriff auf die Marke von 6000 Punkten schloss er knapp darunter bei 5997,74 Punkten - einem Plus von 3,45 Prozent.
Auf Wochensicht reduzierte er sein Minus damit auf 3,8 Prozent. Seit dem 26. Juli hat er aber immer noch mehr als 18 Prozent an Wert eingebüßt. Der MDax stieg um 3,18 Prozent auf 9197,47 Punkte. Der TecDax legte 3,75 Prozent auf 746,39 Punkte zu. Damit hat er seit seinem Dienstag-Tief schon wieder mehr als 16 Prozent aufgeholt.
"Das Verbot von Leerverkäufen in einigen Ländern treibt den Dax an“, sagte Aktienhändler Markus Huber von ETX Capital. Im Zuge der steigenden Kurse kauften auch jene Investoren eifrig, die zuvor auf weiter fallende Kurse gesetzt hätten. Die europäische Börsenaufsichtsbehörde ESMA hatte am Donnerstagabend mitgeteilt, dass vier Euro-Länder mit dem Verbot von sogenannten Leerverkäufen gezielt gegen spekulative Börsenwetten vorgehen werden. Zuvor hatten Börsianer schon auf die sehr gute Kursentwicklung der Wall Street vom Vorabend verwiesen, die Anlegern wieder Mut mache. Der jüngst auf Rekordhöhen gestiegenen Goldpreis fiel den zweiten Tag in Folge.
Und auch die US-Börsen sind zum Wochenschluss dank guter Daten vom Einzelhandel auf Erholungskurs geblieben. In den USA waren die Branchenumsätze im Juli so stark gestiegen wie seit vier Monaten nicht mehr. Dies hatte Börsianern zufolge Befürchtungen bezüglich einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums gemildert. Allerdings hatte sich in den Vereinigten Staaten auch das Konsumklima im August überraschend stark eingetrübt, so dass die Kursgewinne am Ende nur moderat ausfielen. Wegen der deutlichen Zuggewinne am Vortag verbuchten die US-Börsen unter dem Strich dennoch die größte Zweitagesrally seit März 2009.
Der US-Leitindex Dow Jones Industrial kletterte am Freitag um 1,13 Prozent auf 11269,02 Punkte. Am Donnerstag hatte der US-Leitindex nach positiven Arbeitsmarktdaten bereits knapp 4 Prozent gewonnen. Dennoch steht seit vergangenem Freitag insgesamt noch ein Minus von 1,53 Prozent zu Buche. Seit dem Hoch vor gut drei Wochen hat der weltweit bekannteste Index sogar fast 12 Prozent an Wert eingebüßt.
Der breiter gefasste S&P 500 stieg am Freitag um 0,53 Prozent auf 1178,81 Punkte. An der Technologiebörse Nasdaq rückte der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,69 Prozent auf 2182,05 Punkte vor, während der breitere Composite-Index 0,61 Prozent auf 2507,98 Punkte zulegte.
Die Nervosität an der Wall Street nahm etwas ab. Dies verdeutlicht der Kursverlauf des Volatilitätsindexes Vix, der ein Maß für die Schwankungen am US-Aktienmarkt liefert. So verbuchte dieser Index am Freitag einen Abschlag von fast 3 auf gut 36 Punkte. Dies ist zwar weiterhin ein hohes Niveau, da er vor gut drei Wochen bei rund 18 Punkten notiert hatte. Am vergangenen Montag jedoch, als der Dow nach der Abstufung der US-Kreditwürdigkeit über 600 Punkte verloren hatte, war der Vix auf 48 Punkte nach oben geschnellt.
Die zuletzt starken Schwankungen ausgesetzten Finanzwerte gaben zum Wochenschluss wieder überwiegend nach. So fielen die Papiere der Bank of America um 0,83 Prozent auf 7,19 US-Dollar, die JPMorgan-Anteilsscheine sogar um 2,13 Prozent auf 35,91 Dollar.
Spitzenreiter im Dow hingegen waren die Titel des Flugzeugbauers Boeing, die sich um 4,93 Prozent auf 61,75 Dollar verteuerten. Dahinter folgten die Papiere des Computerherstellers Hewlett-Packard (HP), die mit plus 4,09 Prozent von einer frischen Kaufempfehlung der Investmentbank Jefferies profitierten.
Zudem standen die Aktien von Wal-Mart im Blick. Sie notierten mit einem minimalen Plus von 0,04 Prozent auf 49,75 Dollar kaum verändert. Der Einzelhändler ist angeblich am Brasilien-Geschäft des französischen Konkurrenten Carrefour interessiert. Dessen Titel kletterten in Paris als einer der besten Werte im europäischen Leitindex EuroStoxx 50 um 6,33 Prozent auf 19,07 Euro. Seine Zahlen präsentierte derweil der Warenhauskonzern J.C. Penney. Nach dem Ausstieg aus dem Katalog-Geschäft hatten sich die Umsätze nicht verbessert. Für die Papiere ging es um 1,04 Prozent auf 26,55 Dollar nach unten.
Die Aktien von Nvidia fielen nach anfänglichen Gewinnen um 3,95 Prozent auf 12,88 Dollar. Der Hersteller von Grafikchips blieb beim Wachstum seines Mobilfunkgeschäftes hinter den Markterwartungen zurück. Dies wog Börsianern zufolge letztlich schwerer als die Anhebung der Umsatzziele und die Meldung, dass Nvidia vom Konkurrenten Advanced Micro Devices (AMD) Marktanteile gewonnen habe. Die AMD-Titel gewannen ihrerseits 0,65 Prozent auf 6,21 Dollar.
Der Kurs des Euro legte dank der freundlichen Aktienmärkte etwas zu und notierte zuletzt bei 1,4245 US-Dollar. Richtungsweisende zehnjährige Anleihen legten um 28/32 Punkte auf 98 28/32 Punkte zu und rentierten mit 2,248 Prozent. Die Anleger interpretierten Börsianern zufolge das langfristige Festhalten der US-Notenbank an ihrer Niedrigzinspolitik als ein Zeichen dafür, dass sich die US-Wirtschaft nur langsam erhole. Insofern seien die Staatsanleihen als vermeintlich "sicherer Hafen“ gefragt gewesen.
In Deutschland ragten die Zahlen von ThyssenKrupp zum Auslauf der Berichtssaison aus dem Reigen neuer Zahlen hervor. Nach einem Kurssprung von 8,07 Prozent am Vortag gaben die Papiere des Stahlkonzerns zunächst deutlich nach, drehten dann aber am Nachmittag ins Plus und konnten sich am Ende mit einem Plus von 6,39 Prozent auf 24,71 Euro sogar unter die größten Dax-Gewinner mischen. Börsianer sprachen von "insgesamt soliden Zahlen“ und der bestätigte Ausblick lasse sie im Endeffekt nicht schlecht aussehen.
Kräftig nach oben ging es auch für Finanzwerte. Die Aktien der Allianz stiegen um 5,31 Prozent auf 76,51 Euro, gefolgt von den Commerzbank-Titeln mit einem Aufschlag von 5,40 Prozent auf 2,206 Euro. Der Bankensektor bleibe wegen der Unsicherheit um die Schuldenkrisen im Fokus, sagten Händler. Er habe aber nach den jüngsten Verlusten besonders viel Erholungspotenzial. Der europaweite Branchenindex Stoxx Europe 600 Banken verbesserte sich auf Augenhöhe mit dem Gesamtmarkt.
Im MDax schnellten Praktiker-Aktien um rund 18 Prozent auf 2,561 Euro hoch. Einem Bericht der"„Lebensmittelzeitung“ zufolge soll der "Sanierungsexperte“ Thomas Fox gute Karten für die Nachfolge des bisherigen Vorstandschefs der Baumarktkette, Wolfgang Werner, haben. Stada-Titel gewannen nach einer Hochstufung der WestLB 5,69 Prozent auf 24,32 Euro. Die Papiere des Hamburger Hafenbetreibers HHLA legten nach Zahlen und einem angehobenen Ausblick um 2,80 Prozent zu.
Aktien von IVG Immobilien gaben dagegen am MDax-Ende nach Zahlen um 4,51 Prozent auf 3,533 Euro nach. Das Vorzeigeprojekt "The Squaire“ am Frankfurter Flughafen hatte das zweite Quartal belastet. Im TecDax sorgte die Bilanz von SMA Solar für Furore: Die Titel sprangen um 18,30 Prozent auf 73,10 Euro in die Höhe. Laut Händlern hatte das erste Halbjahr des Solartechnik-Herstellers klar über den Schätzungen gelegen.
Auch an den europäischen Börsen setzte sich die Erholung fort. Der EuroStoxx 50 schloss kräftige 4,15 Prozent höher bei 2307,33 Punkten und auch in Paris und London legten die Leitindizes um 4,0 und 3,0 Prozent zu. In den USA lag der Dow Jones zum europäischen Handelsschluss mit rund 1,7 Prozent im Plus.
Am deutschen Rentenmarkt stieg die durchschnittliche Rendite börsennotierter Bundeswertpapiere auf 2,07 (Vortag: 1,99) Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,15 Prozent auf 128,27 Punkte. Der Bund Future verlor 0,35 Prozent auf 132,84 Punkte. Der Euro stieg. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,4250 (1,4143) US-Dollar fest. Der Dollar kostete 0,7018 (0,7071) Euro. (dpa)