Trotz des Schuldendeals Konsequenzen? Fitch und Moodys stuften noch nicht herab, mit Spannung wird aber die Entscheidung von S&P erwartet.
New York/Washington. Die USA haben den Schuldendeal erfolgreich unter Dach und Fach gebracht, nachdem gestern der Senat zugestimmt hatte und Präsident Barack Obama unterzeichnet hatte. Dennoch könnte es jetzt Konsequenzen geben. Nun droht nämlich eine Herabstufung der bisherigen Top-Bonität. Moody’s bestätigte zwar nach dem Deal die Bonitäts-Spitzennote „AAA“, versah sie jedoch mit einem negativen Ausblick. Damit könnte das Rating in den nächsten zwölf bis 18 Monaten gesenkt werden. Auch Fitch hielt zunächst an der „AAA“-Einstufung fest, mahnte allerdings auf mittlere Sicht eine stärkere Schuldenreduzierung angesichts der schwachen Konjunkturentwicklung an.
Gespannt wird nun auf eine Äußerung von Standard & Poor’s gewartet. Viele Finanzmarktteilnehmer hielten eine schlechtere Bewertung durch S&P für eine realistische Möglichkeit, sagte Analyst Gennadiy Goldberg von 4Cast Ltd. Die Agentur hatte Mitte Juli erklärt, die Chancen einer Herabstufung in den kommenden drei Monaten stünden bei 50 zu 50, je nachdem wie der Schuldenstreit in Washington ausgehe. Das Defizit müsse um vier Billionen Dollar gedrückt werden. Der am Dienstag nach wochenlangem Ringen in trockene Tücher gebrachte Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern sieht Einsparungen von etwas mehr als zwei Billionen Dollar vor.
Moody’s bezeichnete den erzielten Kompromiss als ersten Schritt hin zum Erreichen einer langfristigen Haushaltskonsolidierung. Es bestehe aber das Risiko einer Herabstufung, falls die Haushaltsdisziplin im kommenden Jahr nachlassen sollte oder 2013 weitere Konsolidierungsmaßnahmen ausblieben. Auch eine deutliche Verschlechterung der Konjunkturerwartungen oder ein Anstieg der Finanzierungskosten könnten demnach zu einer schlechteren Bewertung der Bonität führen.
Fitch bewertete die Einigung ebenfalls als Schritt in die richtige Richtung. Das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit der USA sei damit „extrem niedrig“. Mittelfristig müssten die öffentlichen Schulden jedoch auf ein niedrigeres Niveau gesenkt werden. Denn die Konjunkturperspektiven der USA seien enttäuschend. Nach Einschätzung von Fitch-Experte David Riley wurden die Wachstumszahlen zuletzt überraschend deutlich nach unten korrigiert, was ein Grund zur Sorge sei. Er schloss nicht aus, dass Fitch deswegen eine Herabstufung der USA prüfen wird. „Es könnte einen Ratingschritt geben, der eine Korrektur des Ausblicks beinhalten könnte“, sagte Riley in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
An den Finanzmärkten ist die Einigung in Washington auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze sowie auf Ausgabenkürzungen mit Skepsis aufgenommen worden. Unter anderem wird befürchtet, dass der Sparkurs der Regierung die ohnehin schleppende US-Wirtschaft zusätzlich bremsen könnte.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) dagegen begrüßte den Kompromiss. Dieser verringere die Unsicherheit an den Märkten und erhöhe die Glaubwürdigkeit der USA, erklärte die neue IWF-Chefin Christine Lagarde. Die geplanten Einsparungen seien wohldosiert und dürften das Wachstum nicht abwürgen.
US-Finanzminister Timothy Geithner schrieb in einem Beitrag für die „Washington Post“, der Schulden-Deal dürfte dem Kongress genug Spielraum für kurzfristige Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur in diesem Herbst geben, etwa die Finanzierung von Infrastrukturprojekten.
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Die Konjunkturschwäche und der Schuldenkompromiss in den USA liegen den Anlegern an der Wall Street weiter schwer im Magen. Auch nach der Einigung über eine Anhebung der Schuldenobergrenze blieb die Stimmung gedrückt. Der US-Aktienmarkt gab am Dienstag den siebten Handelstag in Folge nach.
Zwar haben die Vereinigten Staaten am Dienstag mit der Zustimmung des Kongresses zu dem Schuldenkompromiss die drohende Staatspleite in letzter Minute abgewendet. Viele Börsianer fürchten aber, dass der Deal nicht weitreichend genug ist und die Ratingagenturen den USA die Bonitäts-Spitzennote nehmen könnten. Dies könnte die Renditen der US-Staatsanleihen hochtreiben und damit das Geldleihen insgesamt teurer machen.. Die Ratingagentur Fitch teilte allerdings unmittelbar nach der Abstimmung im Senat mit, dass der Kompromiss im Einklang mit der AAA-Bewertung der USA stehe.
„Es gibt keine klare Richtung, wie diese Probleme letztlich gelöst werden“, sagte Kenneth Buckfire, Chef von Miller Buckfire in New York. „Das ist für den Markt ein weiterer Grund zur Sorge.“ Außerdem seien die Wachstumsaussichten für die USA begrenzt. Dies zeigten neue Konjunkturdaten, die die US-Börsen belasteten. So gaben die Verbraucherausgaben im Juni überraschend nach. Es war der erste Rückgang seit fast zwei Jahren. Die Anleger richteten ihre Aufmerksamkeit nun wieder auf die ökonomischen Realitäten, sagte Marktstratege Fred Dickson von The Davidson Cos. Analysten gehen davon aus, dass der Sparkurs der Regierung die ohnehin schleppende US-Wirtschaft zusätzlich bremsen könnte.
Auch die europäische Schuldenkrise bereitet den Investoren anhaltend Bauchschmerzen. Wieder in den Vordergrund gerückt wurde das Thema durch die französische Großbank BNP Paribas, die im zweiten Quartal 534 Millionen Euro auf einen Teil ihrer griechischen Staatsanleihen abschrieb.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ging in New York 2,2 Prozent tiefer aus dem Handel bei 11.867 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 büßte 2,6 Prozent auf 1254 Zähler ein. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 2,8 Prozent auf 2669 Stellen. In Frankfurt schloss der Dax mit einem Minus von knapp 2,3 Prozent auf 6796 Stellen.
Bei den Einzelwerten standen Pfizer im Mittelpunkt. Die Aktie gab 4,6 Prozent nach. Anleger machten sich Sorgen um die Zukunftsstrategie des weltgrößten Pharmakonzerns. Die Generika-Konkurrenz und der Auslauf des Patentschutzes des wichtigen Medikaments Lipitor bereiten dem Unternehmen Probleme. Im abgelaufenen Quartal konnte Pfizer allerdings die Erwartungen der Analysten geringfügig übertreffen.
Zu den größten Verlierern gehörten die Anteilsscheine des Agrarkonzerns Archer Daniels Midland, die Prozent 6,2 verloren. Die Quartalszahlen des Getreideverarbeiters fielen wegen der hohen Einkaufspreise deutlich schlechter aus als von Analysten prognostiziert.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,25 Milliarden Aktien den Besitzer. 645 Werte legten zu, 2368 gaben nach und 63 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,36 Milliarden Aktien 424 im Plus, 2161 im Minus und 76 unverändert. (rtr)