58 Prozent gegen weitere Hilfe an Griechen. Schäuble: Euro in Gefahr. Jetzt Krisengipfel
Hamburg/Washington. Griechenland taumelt, Italien wankt: Die Schuldenkrise in Europa macht den Deutschen immer größere Angst. 86 Prozent fürchten um die Stabilität des Euro, ergab eine Umfrage des ZDF-Politbarometers. Auch Politiker sprechen inzwischen von einer Existenzfrage für die europäische Währung. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte am Freitag: "Diese von Griechenland ausgelöste Vertrauenskrise gefährdet den Euro als Ganzes." Für den kommenden Donnerstag wurde ein EU-Krisengipfel in Brüssel vereinbart.
Immer besorgniserregender wird auch die Finanzlage der USA. Angesichts der drohenden Staatspleite stellte Präsident Barack Obama der republikanischen Opposition ein 36-Stunden-Ultimatum, mit seinen Demokraten einen "ernst zu nehmenden Plan" zur Reduzierung der Schulden zu vereinbaren.
Viele Deutsche glauben nicht mehr, dass die europäischen Regierungen die neue Finanzkrise schnell bewältigen werden. 53 Prozent stellen der Politik im Politbarometer ein schlechtes Zeugnis aus. Nur 35 Prozent sagten, dass die EU mit der Krise eher gut umgehe. Von weiteren Hilfen für Griechenland hält eine deutliche Mehrheit nichts: 58 Prozent der Bundesbürger sagen Nein, nur 37 Prozent Ja. 47 Prozent fordern den Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone. Als große oder sogar sehr große Gefahr für den Euro sehen 68 Prozent der Bürger auch die Finanzprobleme Italiens. Für rund ein Drittel der Deutschen ist die Euro-Krise derzeit das wichtigste politische Thema - weit vor der Arbeitslosigkeit (22 Prozent) und der Atomkraft (zehn Prozent).
Schäuble sagte der Essener "WAZ", die Euro-Gruppe arbeite an "zügigen Lösungen" für Griechenland. Es müsse sichergestellt werden, dass Athen seine Schulden tragen und finanzieren könne. Geprüft wird auch eine möglichst kontrollierte Umschuldung, um das Land von seinem Schuldenberg herunterzubekommen. Dieser hat eine Höhe von 160 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung - doppelt so viel wie in Deutschland. Schäubles Sprecher sagte, es würden alle Modelle, die im derzeitigen gesetzlichen Rahmen umsetzbar wären, ohne Tabus geprüft.
Die Ängste, dass Italien in den Strudel gerissen wird, versuchte Schäuble zu zerstreuen. Das Land sei in ordentlicher Verfassung und nicht vergleichbar mit Griechenland. Am Abend billigte nach dem Senat auch die Abgeordnetenkammer in Rom ein verschärftes Sparpaket von bis zu 79 Milliarden Euro. Thomas Straubhaar, Chef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), sagte dem Abendblatt: "Es kann in Europa keine gemeinsame Währung ohne eine Transferunion geben." Die stärkeren müssten die schwächeren Mitgliedstaaten der EU auf absehbare Zeit stützen.
Im Streit um die Schuldenobergrenze in den USA sagte Obama, bis zum heutigen Sonnabend müsse sich der Kongress auf eine Lösung einigen, um eine Insolvenz zu verhindern. Dann sei auch er zu einem Kompromiss bereit. Die Zeit laufe davon. "Lasst uns wenigstens den Weltuntergang verhindern", sagte der Präsident ironisch.
Obama verlangt, das Schuldenlimit von derzeit 14,3 Billionen Dollar anzuheben. Sonst sind die USA am 2. August zahlungsunfähig. Die Republikaner wollen nur zustimmen, wenn Obamas Demokraten den Weg für erhebliche Einsparungen im Staatsetat frei machen. Der Präsident seinerseits drohte der Opposition mit Steuererhöhungen.
Nach der Rating-Agentur Moody's warnte auch das Institut Standard & Poors die Obama-Regierung, in den kommenden Monaten drohe den Vereinigten Staaten eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit. Seit 70 Jahren führen die USA die Bestnote AAA.