Versicherer Ergo ist neuen Betrugsvorwürfen ausgesetzt. Vertreter sollen Kunden mit Lebensversicherungen geprellt haben.

München. Deutschlands zweitgrößte Versicherung Ergo kommt einfach nicht aus den Negativ-Schlagzeilen. Jetzt hat das Tochterunternehmen der Münchener Rück weitere Probleme eingeräumt. Ergo-Vertreter haben Kunden mit beitragsfrei gestellten Lebensversicherungen 2009 geraten, die Verträge zu kündigen. Die ausgezahlten Summen sollten sie dann in spezielle Unfallversicherungen investieren. Dabei verschwiegen die Vertreter jedoch die Nachteile dieser Police, nämlich den Verlust steuerlicher Privilegien oder Zinsgarantien. Durch den Wechsel kassierten die Vertreter hohe Provisionen.

Ergo räumt zwar die Praxis bei der Lebensversicherungssparte Victoria ein, wehrt sich aber gegen den Eindruck einer systematischen Aktion. Im Gegenteil, habe man nach ersten Informationen umgehend gehandelt sagt das Unternehmen: „Nach ersten Hinweisen auf Umdeckungen von beitragsfrei gestellten Lebensversicherungen untersagte das für den Victoria-Vertrieb zuständige Vorstandsmitglied Olaf Bläser in einem Schreiben an die Vertriebsstellen Mitte August 2009 diese Praktiken umgehend“, so Ergo. Ergo beteuert den Fall weiterhin zu untersuchen und weitere Konsequenzen zu ziehen.

Auch der kürzlich aufgeklärte Fall um fehlerhafte Riester-Verträge bringt Ergo neuen Ärger ein. Ein Sprecher des Bundes der Versicherten nannte es erschütternd, dass die Fehler der Antragsabteilung bereits vor Jahren bekannt wurde. Der Ex-Staatsanwalt und Strafrechtsexperte Volker Hoffmann (Mainz) sieht eine andere Dimension: „Es ist eine Sache, einen Rechenfehler zu übersehen. Es ist eine ganz andere Sache, einen Fehler zu bemerken, aber nichts zu tun, um das Problem aufzuklären und damit weiter von dem Fehler zu profitieren. Strafrechtlich betrachtet bewegt sich die Ergo hier im Bereich des vorsätzlichen fortgesetzten Betrugs“.

Ergo hatte am Freitag angekündigt, dass etwa 14.000 Kunden wegen Fehlern in Riester-Formularen zusätzliche Leistungen erhalten werden. In einem Formular, das im zweiten Halbjahr 2005 von der Vertriebsorganisation HMI verwendet wurde, sei irrtümlich ein zu niedriger Kostensatz genannt worden. Für die etwa 14.000 betroffenen Kunden werde Ergo den jeweiligen Vertrag mit dem niedrigeren Kostensatz neu berechnen. Der Konzern will selber auf die Kunden zugehen und unaufgefordert die Neuberechnung vornehmen. Der Fehler kostet Ergo den Angaben zufolge einen einstelligen Millionenbetrag.