Im Sommer startet die Frauenfußball-WM. Doch Wirtschaftsforscher rechnen diesmal mit keinem zusätzlichem Kick für die deutsche Wirtschaft.

Berlin. Deutschlands Konjunktur ist im Aufschwung und jetzt steht dem Land noch ein großer Fussballsommer bevor. Wird die Frauenfußball-WM zum Sommermärchen für die Wirtschaft? In diesem Fall sind sich Forscher ausnahmsweise mal einig: Das groß beworbene Sportevent bringt dem Aufschwung keinen zusätzlichen Kick.

Gerade im Vergleich zur WM der Männer vor fünf Jahren gibt es keine Anzeichen für einen sportlichen Konjunktur-Anstoß. Bei der letzten WM wurde vor der Veranstaltung allein schon wegen der zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze ein Wirtschaftswachstum prognostiziert. Dieses Mal stehen die Vorzeichen aber schlecht: Schon die Vorbereitungen sprechen gegen einen starken Aufschwung. „Erstens und entscheidend sind im Vorfeld keine wachstumsfördernden Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt worden“, sagte Oliver Koppel, Wirtschaftsforscher am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Man hat, ganz konkret, im Gegensatz zur Männer-WM weder Stadien neu gebaut noch Stadien ausgebaut. Auch bei der Verkehrsinfrastruktur habe es nur wenig Investitionen gegeben.

Bei der Männer WM rechnete auch die Tourismus-Branche mit klingenden Kassen und vollen Betten. Die Zahl der Fans, die extra aus dem Ausland anreisen, wird bei den Spielen der Damen aber deutlich geringer ausfallen. „Die Ticketnachfrage speist sich aus heimischen Quellen, sodass keine mit der WM 2006 vergleichbaren Impulse für Hotels und Gastgewerbe durch ausländische Touristen zu erwarten sind“, sagte Koppel. Vor fünf Jahren haben die euphorisierten Fußballtouristen hingegen gleich einen Urlaub in Deutschland rund um die WM-Spiele angeschlossen. So seien für die Weltmeisterschaft der Männer 1,4 Millionen Touristen aus dem Ausland angereist und hätten einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro eingebracht. Insgesamt seien damals 60.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden, sagte ein Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin.

Nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wird ein möglicher Wirtschaftsaufschwung durch eine Fußballweltmeisterschaft, egal ob männlich oder weiblich, schlicht überbewertet. „Die konjunkturellen Effekte von Sport-Großereignissen werden in der Öffentlichkeit weit überschätzt. Viele wissenschaftliche Untersuchungen weltweit zeigen, dass die von Veranstaltern regelmäßig versprochenen Wachstumseffekte nicht eintreten“, sagte Gert Wagner, Vorstandsvorsitzender des DIW Berlin.

(abendblatt.de/dapd)