Am 15. September startet “Diaspora“, die Open-Source-Alternative zu Facebook. Jeder Nutzer soll die Kontrolle über seine Daten behalten.

New York. Vier New Yorker Informatik-Studenten entwickeln eine Open-Source-Alternative zum weltgrößten sozialen Netzwerk Facebook. Der wichtigste Unterschied: Jeder Nutzer soll die volle Kontrolle über seine veröffentlichten Daten haben. Am Wochenende kündigten sie auf ihrem Blog an, dass am 15. September das Projekt mit dem Namen "Diaspora" online gehen und der Quellcode veröffentlicht werden solle.

Ilya Zhitomirskiy (20), Daniel Grippi (21), Maxwell Salzberg (22) und Raphael Sofaer (19) wollen keine Kopie von Facebook oder Twitter bauen, also eine Plattform, die zwischen den einzelnen Nutzern steht und auf der alle Nutzerdaten zentral hinterlegt sind. "Uns geht es nicht darum, Facebook hinterherzulaufen. Wir wollen den Nutzern die Kontrolle über das zurückgeben, was sie teilen", sagte Maxwell Salzberg.

Statt einer Facebook-Kopie konstruieren sie eine offene Netzwerkarchitektur, wie sie auch in Filesharing-Portalen - zum Beispiel Bittorrent - eingesetzt wird. Das soziale Netzwerk Diaspora besteht aus Knotenpunkten (Seeds), die per Internet miteinander verbunden sind (Peer-to-Peer-Netzwerk).

Jeder Nutzer verwaltet in seinem Seed ein verschlüsseltes Paket mit seinen persönlichen Daten und entscheidet bei jedem Kontakt mit einem Freund selbst, wie viele dieser Daten er preisgibt. Die Kontrolle liegt demnach bei jedem Nutzer und nicht in einer zentralen Serverinstanz. Für jeden Freund lässt sich damit eine spezielle Privatsphäreeinstellung vornehmen.

Die vier Studenten haben sich beim Programmieren bislang auf diesen Mechanismus des Teilens konzentriert: "Das bedeutet, einen Weg zu finden, damit Nutzer intuitiv entscheiden, welchen Inhalt der Arbeitskollege erhält und welchen der Zechkumpan." Geplant ist ferner, eine Reihe von Add-on-Modulen und Updates bereitzustellen. Dritte sollen Plug-ins schreiben können. Twitter und Flickr sind bereits implementiert. Die Integration von Facebook ist geplant - des Weiteren Voice-over-IP, OpenID-Authentifizierung und Instant Messaging. Nutzer benötigen nur einen Browser. Das Netzwerk wird auf allen Betriebssystemen laufen.

Die Gründer planen eine intuitiv zu bedienende Seite. Frühe Screenshots geben davon einen ersten Eindruck. Links oben ist das Nutzerfoto zu sehen, darunter können Status-Updates, Bookmarks und Blogs des Nutzers aufgerufen werden. Links unten steht die Freundesliste. Rechts ist ein Feld, in das Status-Updates geschrieben werden. Darunter ist der Nachrichtenfeed zu sehen, der sich in Echtzeit aktualisiert.


Finanzierung durch Spenden

Diaspora wird bislang durch Spenden finanziert. Die Gründer hatten dazu im April auf dem Fundraising-Portal kickstarter.com aufgerufen. 10.000 Dollar bräuchten sie, um die drei Monate in den Semesterferien zu überbrücken, in denen sie den Code für die Seite schreiben wollten. Das Ziel hatten sie binnen zwölf Tagen erreicht. Gestern stand der Spendenpegel bei mehr als 200.000 Dollar. 6479 Spender unterstützten bis gestern das Projekt.

Sogar Facebook-Gründer Mark Zuckerberg spendete für Diaspora. Die Summe ist nicht bekannt. "Ich denke, es ist eine coole Idee", antwortete er dem Social-Media-Blog mashable.com . Er wolle diesen College Kids helfen, weil er sich ein wenig selbst in ihnen sehe.

Wie die Finanzierung nun weitergehen soll, ist offen. Ursprünglich planten die vier Studenten, das Open-Source-Projekt nur anzustoßen und die Weiterentwicklung dann der Nutzergemeinschaft zu überlassen. Von diesem Plan sind sie zumindest teilweise abgekommen. "Wir werden die Arbeit nach der Veröffentlichung nicht einstellen", schrieben sie in ihrem Blog. Ilya und Raphael wollen die Uni verlassen und die Entwicklung der Plattform vorantreiben.

"Die erste Veröffentlichung wird der Anfang einer großen Sache und nicht der Abschluss eines Sommerprojekts." Doch zunächst wollen sich die Erfinder ein wenig Ruhe gönnen und von der Programmier-Arbeit entspannen. Maxwell Salzberg wird nach Österreich reisen, um die neue Seite bei der Konferenz "Ars Electronica" in Linz vorzustellen.

Quelle: Welt Online