Achsen bekommen Risse, Oberleitungen vereisen, Klimaanlagen fallen aus. Und immer sind die anderen schuld. Entweder schiebt die Deutsche Bahn den Schwarzen Peter ihren Lieferanten zu, oder das Unternehmen beschwert sich - bei wem auch immer - über die Wetterextreme, mit denen man zum Zeitpunkt des Kaufs der hochmodernen ICE-Züge nicht habe rechnen können. Fahrgäste kippen in Waggons um, die sich auf mehr als 50 Grad aufheizen - und die Bahn entschuldigt dies mit dem Klimawandel. Für eine schweißtreibende Fahrt im ICE gibt es dann nur Gutscheine. Unfassbar, aber wenig überraschend. In puncto Kundenfreundlichkeit hat sich der Konzern auch in der Vergangenheit selten Bestnoten verdient.
Dabei hätte nach dem Abgang von Hartmut Mehdorn als Vorstandschef vieles anders, besser laufen können. Denn damals wurde auch der geplante Börsengang begraben. Die Bahnführung ist seitdem nicht mehr gezwungen, den Staatskonzern kapitalmarktfähig zu machen - also ausschließlich auf Rendite zu trimmen. Die Kunden und ihre Bedürfnisse könnten wieder in den Vordergrund rücken.
Doch mit höheren Preisen, Verspätungen und Zugausfällen konnte der Konzern in den vergangenen Monaten nicht begeistern. Niemand sollte voreilig den Stab über Konzernchef Rüdiger Grube brechen, der erst seit gut einem Jahr im Amt ist. Aber als besonders sensibel im Umgang mit gefrusteten Kunden hat sich Grube bisher nicht erwiesen. Bargeld statt Gutscheine für schweißgebadete Fahrgäste - diese Geste könnte für einen Neuanfang stehen. Der Verzicht auf eine Preiserhöhung zum Jahresende wäre der nächste logische Schritt.