Hierzulande rollen erst 4000 E-Modelle – bis 2020 soll die Zahl aber bei einer Million liegen. Eine Kaufprämie lehnt die Regierung aber ab.

Berlin. In diesem Jahr fällt der Auftritt ein Nummer kleiner aus – Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist erst gar nicht mit von der Partie. Im vergangenen Jahr noch fuhren Minister und Automanager öffentlichkeitswirksam im Elektroauto vor dem Bundeskanzleramt vor. Nun wurde der dritte Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) am Mittwoch ohne großes Brimborium an Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) übergeben – aber die Elektroautos durften natürlich auch beim Termin in der Bundespressekonferenz nicht fehlen.

Die hochtrabenden Ziele von einer Million mit Strom betriebenen Autos bis 2020 scheinen unrealistischer zu werden, das gibt der neue Bericht unumwunden zu. An mehreren Stellen schimmert durch, dass die Autobranche, die sich 2009 bereits über eine fünf Milliarden Euro schwere Abwrackprämie freuen konnte, mehr Staatsgeld wünscht. Schließlich würden in den USA und Japan E-Autos mit mehreren tausend Euro je Fahrzeug unterstützt. Während in Deutschland in den letzten beiden Jahren nur rund 3000 E-Fahrzeuge angemeldet wurden, seien es in den USA rund 18 600 und in Japan fast 15 000 gewesen, heißt es.

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Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt eine Kaufprämie ab. Es sei auch nicht Aufgabe der Bundesregierung, E-Autos und Stromtankstellen zu bauen. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) warnt vor Schwarzmalerei, sagt aber auch: „Natürlich sind die Bäume nicht in den Himmel gewachsen.“ Es ist eine kleine Ironie, dass abseits der E-Auto-Inszenierungen die Millionenschwelle in einem anderen Bereich fast erreicht ist: Bei Fahrrädern mit Elektroantrieb.

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Bei E-Bikes allerdings ist auch keine gewaltige Infrastruktur notwendig. Dazu verschlingt die Entwicklung der Elektroautos Milliarden. Die Gesamtinvestition liege bei 17 Milliarden Euro, sagt Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie. Er sieht die deutsche Autobranche trotzt Kritik in der Spur und verweist darauf, dass es 249 Patentmeldungen im Bereich der Elektromobilität gebe – davon 109 aus Deutschland. Zudem seien 21 Forschungskonsortien nur für den Batteriebereich geschaffen worden.

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer glaubt dennoch nicht, dass Deutschland zum Leitmarkt wird, wie es Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgedrückt hat. Bisher sind erst 4500 Elektro-Autos in Deutschland zugelassen. Die Energiebranche betont, an ihr solle der E-Auto-Traum nicht scheitern. Bisher gibt es bereits mehr als 2200 öffentliche Ladepunkte. Das Problem: Sie sind oft verwaist, ein wirtschaftlicher Betrieb der Ladesäulen ist auf absehbare Zeit nicht möglich.

„Die bisherigen Pläne der Bundesregierung sind kleinkariert, mit Armutsbudgets ausgestattet und überwiegend ohne Wirkung“, kritisiert Dudenhöffer. Die Autoindustrie spricht von einem Marathonlauf, zudem sei der „Markthochlauf“ erst ab 2014 geplant, ab 2017 sollen die Zulassungen massiv steigen. Doch bisher sind die Autos viel zu teuer. So soll der neue Elektro-Smart von Daimler mit 23 680 Euro rund doppelt so viel kosten wie der Benzin-Smart.

Der NPE-Vorsitzende Hennig Kagermann sagt, steigende Strompreise seien seiner Meinung nach kein Problem. Man müsse vielmehr die steigenden Ölkosten berücksichtigen, zudem würden mittelfristig die Stückkosten für E-Autos stark sinken. Letztlich wird der Bürger trotz hohen Benzinpreisen nur mitmachen, wenn Reichweite und Preis stimmen, sonst bleiben Alternativen wie spritsparendere Modelle spannender.

Bund und Industrie wollen parallel zu E-Auto-Entwicklung auch ein Netz von Wasserstoff-Tankstellen hochziehen, um den Absatz von Autos mit alternativen Antrieben anzukurbeln. Als erster Schritt sind 50 Tankstellen bis 2015 geplant. Dies soll dafür sorgen, dass bis zu 50.000 Autos unterwegs sein können – Wasserstoff hat eine Reichweite von rund 400 Kilometern und man braucht nur vier Minuten Tankzeit.

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Beim Elektroauto setzt man nun die Hoffnung vor allem auf die vier ausgewählten „Schaufensterregionen“ Baden-Württemberg, Niedersachsen, Berlin/Brandenburg und Bayern/Sachsen. Bis 2014 will man durch den Einsatz tausender Elektroautos erfahren, wie viele Stromtankstellen man braucht, wann und wo die Autofahrer an die Steckdose fahren und wie die Batterien verbessert werden können. Dudenhöffer sieht das Projekt kritisch. „Das Schaufenster Bayern und Sachsen zeichnet sich dadurch aus, dass man Ladestationen auf Autobahntankstellen baut. Das sind schon nach Inbetriebnahme Industriedenkmäler.“

Kommt das Projekt nicht in Fahrt, dürfte die Debatte um Kaufprämien neue Dynamik erhalten. Gerade in Städten wird der Stromer aber als Zukunftsmodell gesehen, Experten plädieren für den boomenden Carsharing-Bereich für Anreize, um den E-Autoabsatz anzukurbeln. Auch kostenlose Parkplätze und Sonderfahrspuren werden diskutiert.

Angela Merkel ist auch mit Blick auf ihre Energiewende auf ein rasches Erreichen der Schallmauer von einer Million Stück angewiesen, da E-Autos als Stromspeicher dienen sollen. Doch kann das Ganze so organisiert werden, dass überschüssiger Wind- oder Solarstrom per Batterie gespeichert wird und bei Bedarf wieder an das Stromnetz abgegeben wird? Denn der Autofahrer will frei entscheiden, wann er sein Auto nutzt – und wann er Strom zur Verfügung stellen möchte. (dpa/abendblatt.de)