Der finnische Handy-Primus Nokia verfehlte im vergangenen Quartal seine eigenen Gewinnziele. Jetzt soll noch schneller gespart werden.
Espoo. Die Rettung des in Not geratenen Handy-Weltmarktführers Nokia erweist sich schwieriger als gedacht. Das Kerngeschäft mit Mobiltelefonen steckt trotz der laufenden Smartphone-Offensive in roten Zahlen fest, der Umsatz sackte ab. Die Aktie brach am Mittwoch zeitweise um über 18 Prozent auf 3,14 Euro ein. Nokia will jetzt geplante Sparmaßnahmen noch schneller umsetzen und hält sich auch weitere radikale Schritte offen.
Nokia versucht gerade ein Comeback im Smartphone-Markt mit neuen Geräten auf Basis des Microsoft-Betriebssystems Windows Phone. In Testberichten erhielten die neuen Geräte der Finnen gute Noten, doch in den Geschäften sind sie keine Bestseller.
Im ersten Quartal wurde zwei Millionen Smartphones der Marke Lumia verkauft, teilte Nokia jetzt mit. Zum Vergleich: Apple setzte im Weihnachtsquartal 37 Millionen seiner iPhones ab. Zudem macht Nokia weniger Gewinn pro Telefon: Der durchschnittliche Preis eines Lumia-Smartphones lag bei 220 Euro – deutlich niedriger als bei aktuellen iPhone-Modellen.
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Nokia macht zu schaffen, dass vor allem in der westlichen Welt einfache Handys immer mehr von Smartphones verdrängt werden. Das Geschäft mit den Computer-Handys wird aber von Apples iPhone und dem Google-Betriebssystem Android dominiert. Nokias betagte Symbian-Plattform befindet sich hingegen auf dem absteigenden Ast. Um wieder Anschluss zu finden, brachte Nokia im vergangenen Herbst die ersten Modelle der Lumia-Reihe mit Windows Phone auf den Markt. das Microsoft-System muss sich allerdings erst von einem Marktanteil um rund zwei Prozent hocharbeiten. Bei den Lumia-Modellen könnten „Absatz und Erlöse immer noch nicht die von Symbian hinterlassene Lücke ausfüllen“, betonte Analystin Carolina Milanesi vom Marktforscher Gartner.
Zudem verpatzte Nokia den US-Start des neuen Modells Lumia 900 mit einem Software-Fehler und erstattet jetzt jedem Käufer den Preis von 99 Dollar. Auch bei günstigen einfachen Telefonen – bisher einer Nokia-Domäne vor allem in Entwicklungsländern – bekommen die Finnen aber immer mehr Konkurrenz.
Nokia gab am Mittwoch überraschend bekannt, dass im ersten Quartal die angepeilten Gewinnziele verfehlt wurden. Die operative Gewinnmarge – das Verhältnis von Umsatz und Ergebnis – lag bei minus drei Prozent lag statt der angepeilten Null-Linie. Im zweiten Vierteljahr werde sie bestenfalls gleich oder noch niedriger sein. Ein Grund für das schwache Abschneiden sei die „Wettbewerbsdynamik in der Branche“, die unter anderem den Absatz in Indien, China und Afrika gebremst habe.
Nokia-Chef Stephen Elop sprach selbst von enttäuschenden Zahlen und kündigte an, die Investitionen in die Lumia-Plattform weiter zu erhöhen, um sie erfolgreich zu machen.
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Insgesamt verkaufte Nokia im ersten Quartal 71 Millionen einfache Handys und 12 Millionen Smartphones, was die Sparte Geräte und Dienste auf einen Umsatz von 4,2 Milliarden Euro brachte. Vor einem Jahr hatte der Bereich noch Erlöse von knapp 7,1 Milliarden Euro ausgewiesen. Die Quartalszahlen im Detail wird Nokia am 19. April vorstellen. Für die Nokia-Aktionäre ist die aktuelle Entwicklung äußerst bitter: Die Aktie hatte Anfang 2008 noch bei 25 Euro notiert.
Wenige Stunden zuvor hatte Nokia noch optimistisch in die Zukunft geschaut und ein neues Lumia-Modell angekündigt, das mobilen Bezahldiensten einen Schub geben soll. Die Version des Einsteiger-Smartphones Lumia 610 bekommt einen NFC-Funkchip, über den kontaktlos bezahlt werden kann. Das System sei für entsprechende Dienste der beiden großen Kreditkarten-Anbieter MasterCard und Visa zertifiziert. Das Gerät soll zu Beginn des dritten Quartals auf den Markt kommen, zunächst beim Mobilfunk-Anbieter Orange. (dpa/abendblatt.de)