Schlecker muss mindestens 2000 Filialen schließen, davon auch 28 in der Hansestadt Hamburg. 100 Angestellten droht nun die Kündigung.
Hamburg. Die Faxgeräte in den Hamburger Schlecker-Filialen spuckten bis gestern Vormittag die Nachrichten aus der Zentrale in Ehingen aus. Adressiert waren sie an die jeweiligen Leiterinnen der Verkaufsstellen, und sie bedeuteten nichts Gutes: 28 der 65 Filialen in der Hansestadt sollen geschlossen werden. Darunter sind auch Läden in bester Innenstadtlage. Damit ist Hamburg nach Berlin die Großstadt, die von den meisten Schließungen betroffen ist, auch wenn die Zahlen zunächst noch vorläufig sind.
"Was soll ich noch sagen? Vielleicht muss ich bald Hartz IV beantragen", war die erste Reaktion einer Beschäftigten aus einer Filiale in der Hamburger City, die nicht genannt werden wollte. Eine ihrer Kolleginnen aus dem Betriebsrat hatte dagegen gestern noch Hoffnung: "Immerhin konnten wir die Filiale Sülldorfer Landstraße retten. Sie steht nicht mehr auf der Liste."
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+++ Die Liste für Hamburg +++
+++ Schließungsliste im Internet: schlecker-blog +++
Die Gewerkschaft Ver.di rechnet derzeit damit, dass 100 bis 110 der 240 Stellen in Hamburg wegfallen. Heute und morgen wird es bei der Gewerkschaft am Besenbinderhof Informationsveranstaltungen für die Mitglieder geben, so der Ver.di-Fachbereichsleiter Arno Peukes. Teilnehmen werden auch Mitarbeiter der Arbeitsagentur. "Wir wollen nicht nur über die Chancen am Arbeitsmarkt informieren, sondern auch Qualifizierungen anbieten", sagte Agentursprecher Knut Böhrnsen. Hamburgs Arbeitssenator Detlef Scheele (SPD) hatte zuvor die Drogerieketten Budnikowsky, Rossmann und DM angeschrieben und sie gebeten, über die Übernahme von Schlecker-Mitarbeitern nachzudenken. "Die Bemühungen laufen weiter, wir werden je nach der Qualifikation der Mitarbeiter weitere Arbeitgeber ansprechen", sagte Scheeles Sprecherin Nicole Serocka.
Unterdessen geht die Diskussion um eine Transfergesellschaft für die insgesamt 11.750 vom Stellenabbau betroffenen Beschäftigten weiter. Die Politik müsse den Weg für die Gesellschaft freimachen und die Finanzierung sicherstellen, sagte Ver.di-Chef Frank Bsirske. Allerdings lehnt der Bund Hilfe über die staatseigene KfW-Bank bislang ab. Berlin verweist darauf, dass in einem solchen Fall Baden-Württemberg zuständig sei, in dem Schlecker seinen Sitz habe. Der Stuttgarter Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) verlangte dagegen eine Zwischenfinanzierung von der Bundesregierung. "12.000 Frauen werden sonst auf der Straße stehen, und diese Verantwortung nehme ich nicht auf mich." Ver.di will heute bei Kundgebungen für die "Schleckerfrauen" demonstrieren. Gewerkschaftschef Bsirske spricht in Berlin.
Die Filialschließungen allein werden für die Rettung der insolventen Drogeriekette allerdings nicht ausreichen. Davon ist Mirko Warschun, Handelsexperte der Unternehmensberatung A.T. Kearney, überzeugt. Denn das Kernproblem bleibe auch nach der geplanten Schließung von 2000 Filialen zum 24. März: "Schlecker hat weniger Eigenmarken als die Konkurrenz, und sie sind weniger gut positioniert. Zudem sind die Filialen kleiner und meist in schlechteren Lagen." Dennoch gibt es bereits "eine zweistellige Zahl von Interessenten" für die Kette, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, der "Welt". Unter ihnen seien "bekannte Namen".